Revolution im Western-Stil
Der amerikanische Journalist John Reed wurde vor allem durch seine Berichte von der russischen Oktoberrevolution bekannt. Zuvor begleitete er 1914 den mexikanischen Revolutionsführer Pancho Villa. Nachzulesen sind Reeds Schilderungen im Band "Eine Revolutionsballade", der sich stellenweise wie ein Western liest und Reeds literarische Qualitäten offenbart.
Der amerikanische Journalist John Reed wurde vor allem durch seine Berichte von der russischen Oktoberrevolution bekannt. Zuvor begleitete er 1914 den mexikanischen Revolutionsführer Pancho Villa. Nachzulesen sind Reeds Schilderungen im Band "Eine Revolutionsballade", der sich stellenweise wie ein Western liest und Reeds literarische Qualitäten offenbart.
Zeitungsreportagen sind zumeist für den Tag geschrieben – heute aktuell, morgen Packpapier für die Ökotonne. Nicht minder kurzlebig ist für gewöhnlich auch der Ruf des Reporters, der sie geschrieben hat; die Ausnahmen, die es gibt, lassen sich an einer Hand abzählen.
Einer der wenigen Journalisten, denen ein langer Nachruhm beschieden war, ist der Amerikaner John Reed, 1887 in Portland, Oregon, geboren, 1920 in Moskau gestorben, wo seine Asche an der Kremlmauer beigesetzt wurde. Die außergewöhnliche Ehre wie auch seinen nachhaltigen Ruf verdankte er einem einzigen Buch, Zehn Tage, die die Welt erschütterten, eine ebenso begeisternde wie engagierte Schilderung der russischen Oktoberrevolution aus der Sicht eines amerikanischen Sozialisten und Kämpfers für Gewerkschafts- und Arbeiterrechte.
Warren Beatty, gerade in Arthur Penns Bonnie and Clyde wieder im Kino zu sehen, bereitete diesen Text 1981 für seine pralle, im Stile New Hollywoods verfilmte Biographie des brillanten Journalisten, Essayisten, Kurzgeschichtenautors und Gelegenheitsdramatikers Reed auf.
Der wunderbaren Anderen Bibliothek des Eichborn Verlags ist es zu verdanken, dass nun auch ein anderer, neben dem Hauptwerk nahezu in Vergessenheit geratener Text Reeds wieder zugänglich ist.
Eine Revolutionsballade, 1972 erstmals auf Deutsch in einer unvollständigen Ausgabe im Berliner Dietz Verlag erschienen, bündelt die Reportagen über den kurz zuvor ausgebrochenen mexikanischen Bürgerkrieg, die Reed im Frühjahr 1914 für die New Yorker Zeitschrift Metropolitan verfasste - zusammen mit den grausig faszinierenden Zinkätzungen des mexikanischen Nationalkünstler José Guadalupe Posada sowie einem hochinformativen Vor- und Nachwort von Hans Christoph Buch zu einem bibliophilen Gesamtkunstwerk.
Drei Monate lang ritt Reed, seinerzeit sechsundzwanzig Jahre alt, mit den Truppen des mexikanischen Bauernbanditen und Revolutionsführers Pancho Villa durch den ausgebrannten Norden der wieder einmal von Unruhen geschüttelten Republik Mexiko. Lakonisch beobachtend, wie zwölf Jahre später Isaak Babel in seinem großartigen Erzählungsband Budjonnys Reiterarmee, berichtete er von den Kampfhandlungen, schilderte Daseinsbedingungen und Schicksal der verelendeten Landbevölkerung, interviewte die Protagonisten der verfeindeten Parteien und lieferte nebenbei atemberaubende Beschreibungen von Land und Leuten.
Insurgent Mexico, wie das Buch im Original heißt, ist wahrhaft eine Ballade, die sich über weite Strecken liest wie ein farbensatter Western. Und vor allem im letzten Teil, Mexikanische Nächte genannt, einer ausgelassenen Schilderung von Fiestas, Hahnenkämpfen und Tanzabenden, Pokerrunden, Besäufnissen und höchst skurrilen Theaterabenden erweist sich Reed als Vorläufer eines Ernest Hemingway, als großer journalistischer Schriftsteller, der wie kaum ein anderer Gringo Herz und Seele Mexikos erfasst hat.
John Reed: Eine Revolutionsballade – Mexico 1914
aus dem Amerikanischen von Ernst Adler und Matthias Fienbork
Eichborn Verlag, Die andere Bibliothek,
350 S. € 32,00
Zeitungsreportagen sind zumeist für den Tag geschrieben – heute aktuell, morgen Packpapier für die Ökotonne. Nicht minder kurzlebig ist für gewöhnlich auch der Ruf des Reporters, der sie geschrieben hat; die Ausnahmen, die es gibt, lassen sich an einer Hand abzählen.
Einer der wenigen Journalisten, denen ein langer Nachruhm beschieden war, ist der Amerikaner John Reed, 1887 in Portland, Oregon, geboren, 1920 in Moskau gestorben, wo seine Asche an der Kremlmauer beigesetzt wurde. Die außergewöhnliche Ehre wie auch seinen nachhaltigen Ruf verdankte er einem einzigen Buch, Zehn Tage, die die Welt erschütterten, eine ebenso begeisternde wie engagierte Schilderung der russischen Oktoberrevolution aus der Sicht eines amerikanischen Sozialisten und Kämpfers für Gewerkschafts- und Arbeiterrechte.
Warren Beatty, gerade in Arthur Penns Bonnie and Clyde wieder im Kino zu sehen, bereitete diesen Text 1981 für seine pralle, im Stile New Hollywoods verfilmte Biographie des brillanten Journalisten, Essayisten, Kurzgeschichtenautors und Gelegenheitsdramatikers Reed auf.
Der wunderbaren Anderen Bibliothek des Eichborn Verlags ist es zu verdanken, dass nun auch ein anderer, neben dem Hauptwerk nahezu in Vergessenheit geratener Text Reeds wieder zugänglich ist.
Eine Revolutionsballade, 1972 erstmals auf Deutsch in einer unvollständigen Ausgabe im Berliner Dietz Verlag erschienen, bündelt die Reportagen über den kurz zuvor ausgebrochenen mexikanischen Bürgerkrieg, die Reed im Frühjahr 1914 für die New Yorker Zeitschrift Metropolitan verfasste - zusammen mit den grausig faszinierenden Zinkätzungen des mexikanischen Nationalkünstler José Guadalupe Posada sowie einem hochinformativen Vor- und Nachwort von Hans Christoph Buch zu einem bibliophilen Gesamtkunstwerk.
Drei Monate lang ritt Reed, seinerzeit sechsundzwanzig Jahre alt, mit den Truppen des mexikanischen Bauernbanditen und Revolutionsführers Pancho Villa durch den ausgebrannten Norden der wieder einmal von Unruhen geschüttelten Republik Mexiko. Lakonisch beobachtend, wie zwölf Jahre später Isaak Babel in seinem großartigen Erzählungsband Budjonnys Reiterarmee, berichtete er von den Kampfhandlungen, schilderte Daseinsbedingungen und Schicksal der verelendeten Landbevölkerung, interviewte die Protagonisten der verfeindeten Parteien und lieferte nebenbei atemberaubende Beschreibungen von Land und Leuten.
Insurgent Mexico, wie das Buch im Original heißt, ist wahrhaft eine Ballade, die sich über weite Strecken liest wie ein farbensatter Western. Und vor allem im letzten Teil, Mexikanische Nächte genannt, einer ausgelassenen Schilderung von Fiestas, Hahnenkämpfen und Tanzabenden, Pokerrunden, Besäufnissen und höchst skurrilen Theaterabenden erweist sich Reed als Vorläufer eines Ernest Hemingway, als großer journalistischer Schriftsteller, der wie kaum ein anderer Gringo Herz und Seele Mexikos erfasst hat.
John Reed: Eine Revolutionsballade – Mexico 1914
aus dem Amerikanischen von Ernst Adler und Matthias Fienbork
Eichborn Verlag, Die andere Bibliothek,
350 S. € 32,00