Restauratorin Christina Verbeek

"Das Hauptgefühl ist Ehrfurcht"

31:42 Minuten
Christina Verbeek restauriert eine steinerne Statue.
Die Diplom-Restauratorin Christina Verbeeck arbeitet unter anderem mit Wandmalereien, Mosaiken oder Natur- und Kunststein. © Frank Villwock
Moderation: Tim Wiese · 08.01.2021
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Ob 3000 Jahre alte ägyptische Grabkammern oder deutsche Gotteshäuser: Christina Verbeek lässt Zeugnisse längst vergangener Zeiten neu erstrahlen. Dafür hat die Restauratorin eigens einen Laser mitentwickelt.
Als Christina Verbeek als junge Sozialpädagogik-Studentin in einer römischen Katakombe eine Restauratorin bei der Arbeit sieht, ist sie vollkommen fasziniert: "Ich glaube, ich habe der eine Stunde lang zugeguckt und habe gedacht, das ist so eine Auserwählte. Das war für mich etwas Unerreichbares, bis ich verstanden habe, dass das ein ganz normaler Beruf ist, den man einfach erlernen kann." Ihr wird klar, dass dies ihr Weg ist. Dann geht alles ganz schnell: Das bisherige Studium wird abgebrochen und das der Wandmalerei-Restauratorin begonnen.

Fettiger Ruß verbrannter Mumien

Ihre Diplomarbeit verfasst Verbeek in Uruguay. Noch bevor das Studium komplett abgeschlossen ist, erhält sie dort einen Anruf einer argentinischen Ägyptologin, die fragt, ob sie nicht in Ägypten die Konservierung einer Grabkammer übernehmen möchte. Eine große Herausforderung, denn obwohl sie nach einer stark praxisorientierten Ausbildung gute Grundlagen hat, muss sie nun ein eigenes Team zusammenstellen und sieht sich einer Aufgabe gegenüber, deren Dimensionen enorm erscheinen.
Ihr Arbeitsplatz ist die Grabstätte des Neferhotep, des obersten Schreibers des Tempels von Amun, der 1320 v. Chr. gelebt hat. Der erste Eindruck vor Ort ist heftig: "Das war schon erst mal ein ziemlicher Schreck. Plötzlich stand ich in dieser Grabkammer und merkte, dass es weit mehr als ein kleines Fragment ist, sondern eine komplette Grabkammer und die auch noch in einem extrem schlechten Zustand." Viele Teile fehlen, Unrat liegt herum, es zeigt sich, dass Teile zwischenzeitlich von Menschen mit ihren Tieren bewohnt worden waren und die Wände voller fettigem Ruß verbrannter Mumien waren.

Arbeit mit Spezial-Laser

Um die Malereien unter dem Ruß freizulegen, setzt Verbeek einen speziellen Laser ein, den sie selbst mitentwickelt hat. "Bei dem Laser handelt es sich um Reinigen mit Licht. Man muss mit dem Laser so eine Wellenlänge finden, dass nur die oberste, dunkle Schicht die Energie absorbiert und sich dadurch expandiert und verdampft. Die darunter liegende Schicht reflektiert das Laserlicht und bleibt gänzlich unberührt." So einfach wie sich das anhöre, sei es aber nicht. Vorsicht ist stets geboten, wie auch sonst bei ihrer Arbeit. "Das Hauptgefühl ist eigentlich Ehrfurcht. Im Hinterkopf hat man immer, dass es eine besonders wertvolle Kunst ist, die man nicht nur betrachtet, sondern die man auch anfassen muss. Angst, etwas falsch zu machen schwingt auch mit."

Restaurierung auch in Kirchen

Seit über 20 Jahren arbeitet Verbeek inzwischen an diesem Projekt. Jedes Jahr verbringt sie dafür viel Zeit in Ägypten, wo sie sich sehr wohl fühlt, Freunde gefunden hat und ihre Leidenschaft ausleben kann. Wenn sie in Deutschland einen bestimmten muffigen Geruch in die Nase bekommt, fühlt sie sich an ihre Arbeit dort erinnert: "Dieser Geruch ist genau das, was mich auch mit geschlossenen Augen immer sofort in diese Zeit zurückführt, in der man in der Grabkammer arbeitet. Es ist so ein ganz spezieller Geruch, so leicht süßlich, man kann nicht sagen, dass er besonders angenehm ist, aber ich verbinde damit immer eine der schönsten Zeiten im Jahr."
Wenn Christina Verbeek nicht gerade ägyptische Wandmalereien freilegt, kann man sie auch in deutschen Kirchen antreffen. Mit ihrer Kollegin Susanne Brinkmann betreibt sie in Köln ein Atelier für Konservierung und Restaurierung. "Aktuell sind wir zum Beispiel gerade im Bonner Münster, dort restaurieren wir die Mosaike und Wandmalereien und lasern Alabaster-Altäre." Jetzt hofft Verbeek, trotz Corona bald wieder nach Ägypten zurückkehren zu dürfen: "Es ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Lebens geworden."
(mah)
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