Reparieren statt wegwerfen

Herr Mscichowski und die Waschmaschinen

05:39 Minuten
Bild von Wasserleitungen mit verschiedensten Verbrauchern.
"Ein gutes Gerät darf nicht jünger sein als 14 Jahre", sagt Tomasz Mschichowski. © imago / Panthermedia / Nomad Soul
Von Katja Bigalke · 17.07.2021
Audio herunterladen
Was selbst der Kundendienst nicht hinbekommt, schafft Tomasz Mscichowski. Er repariert Waschmaschinen, Spülmaschinen, Kühlschränke. Sein einziges Problem: Jüngere Geräte sind oft so hergestellt, dass man sie praktisch nicht mehr reparieren kann.
Tomasz Mscichowski, 54, hilft heute bei einem Freund aus. Die Spülmaschine ist kaputt, sie zieht kein Wasser mehr. Mscichowskis erste Vermutung:
"Kann es sein, dass das an der Pumpe liegt, dass altes Wasser nicht abpumpt und dann ist das ist zu viel?"
Routiniert überprüft der gebürtige Pole das Standardprogramm der Maschine. Es passiert: nichts. Die Maschine brummt, spült aber nicht. Die Pumpe scheint nicht das Problem zu sein..
Er dreht den Haupthahn zu, würde jetzt gern die Maschine nach vorne ziehen, um die hinteren Anschlüsse zu überprüfen, das geht aber nicht.
"Was ist das? Bosch, aber irgendwie komisch. Das ist so eingebaut – ja aber normalerweise hat man ne Wartungsklappe."
Stattdessen muss Mscichowski, ein großer, stattlicher Mann, nun unter die Spüle kriechen.

Detektivisch auf der Suche nach dem Fehler

Ich hab ihn so schon einige Male in meiner Küche, in meinem Badezimmer erlebt. Mscichowski auf dem Fußboden, wie er halb verschwindet hinter meinen kaputten Maschinen. In den letzten Jahren hat er bei mir zwei Spülmaschinen wieder instand gesetzt, einen Trockner und eine Waschmaschine repariert. Immer freundlich, sich für nichts zu bequem. Detektivisch besessen von der Suche nach dem Fehler.
Am meisten beeindruckt hat mich Tomasz Mscichowski mal, als er allein anhand des Wassergeräuschs im Spülmaschinenschlauch feststellte, dass die Fließgeschwindigkeit für diese spezielle Maschine gedrosselt werden musste. Jede Maschine hat nämlich ihre eigene Wasserzulaufgeschwindigkeit. Wenn die nicht stimmt, streikt die Maschine. Und Tomasz Mscichowski hört so etwas!
Er kramt jetzt einen 16-Zoll-Maulringschlüssel aus seiner Werkzeugkiste, hantiert an dem Wasserzulauf herum, schraubt das Einlaufventil heraus.
"Das ist die Ursache! Passiert in Berlin sehr oft. Die Leute zahlen manchmal mehrere hundert Euro für die Reparatur, die normalerweise gar nicht stattgefunden hat. Da ist eine Membran, die sich durch den Wasserdruck bewegen muss. Irgendwie hat die sich festgesetzt. Und dann kommt kein Wasser aus dem Wasserhahn", sagt Mscichowski. "Da ist eine ganz kleine Feder drin. Und das muss sich leicht bewegen. Es ist leider Berliner Wasser."

Er repariert einfach alles...

Was ich an Mscichowski liebe: Er repariert alles, auch das Ventil jetzt. Er holt eine kleine Feile hervor, schmirgelt den Kalk von der kleinen Feder, so lange, bis sie sich in dem Ventil wieder leicht auf und ab bewegen lässt.
Zum Schluss schmiert er noch ein wenig Fett drauf: "Okay – und wieder rein. So, zack, fertig. Die muss jetzt Wasser ziehen."
Der Haupthahn wird wieder angestellt. Mscichowski schaltet die Maschine an. Der Moment der Wahrheit...
"Wasser kommt."

... auch die hoffnungslosen Fälle

Die Maschine läuft wieder. Für Mscichowski ist das der Moment, den er an seiner Arbeit am meisten mag:
"Vorige Woche zum Beispiel habe ich eine Miele-Spülmaschine bekommen, bei der Kundin war der Service von Miele gewesen, und die haben festgestellt, die Maschine ist auf keinen Fall reparabel. Die ist Schrott. Da ist so viel Feuchtigkeit darüber gewesen, dass die Maschine einfach Schrott ist. Und ich habe die Maschine in die Werkstatt bekommen", erzählt er.
"In ungefähr einer Dreiviertelstunde war sie wieder ganz. Auf der Platine war eine Leiterplatte praktisch abgebrannt. Da musste ich also dann eine neue Strecke einbauen, habe alles angeschlossen und es funktionierte! Solche Fälle, wo jemand sagt, das ist nicht mehr reparabel, und ich kriege das hin, machen mir am meisten Spaß."

"Ein gutes Gerät darf nicht jünger sein als 14 Jahre"

Trotzdem glaubt Mscichowski, dass er den Job wahrscheinlich nicht mehr lange ausüben wird. Seine 31-jährige Expertise kann er dann nicht mehr einbringen:
"Der Job ist bald zu Ende, weil die neuen Geräte sehr oft praktisch nicht mehr reparabel sind. Bei neuen Waschmaschinen zum Beispiel sind die Behälter aus Plastik und sehr oft verschweißt. Wenn die Maschine einen Schaden hat, muss man den kompletten Behälter austauschen. Aber so etwas kostet Pi-mal-Daumen circa 250 Euro netto, da kommt dann noch die Steuer dazu, Paketversand und dazu noch die Arbeit. Dann sind wir, sagen wir so, bei circa 400 - 450 Euro."
Deswegen plädiert Mscichowski vehement für den Kauf von alten Geräten, auch fürs eigene Überleben:
"Eine gute Maschine darf heute nicht jünger sein als ungefähr 14 Jahre. Dann habe ich ein gutes robustes Gerät."
Mehr zum Thema