Rentenbonus zeigt Prinzipienlosigkeit der Großen Koalition

Von Martin Steinhage |
Die vom Bundeskabinett beschlossene außerplanmäßige Rentenerhöhung verstößt auf einen Streich gegen so viele vorgebliche Prinzipien der Großen Koalition, dass man den Verdacht haben muss, hier sei die Prinzipienlosigkeit zum alleinigen Maßstab der Regierung Merkel geworden.
Die Manipulation der Rentenformel unterminiert das ohnehin schwindende Vertrauen in das System der umlagefinanzierten Rente. Die Höhe der Altersgelder nach Kassenlage und mit Blick auf Wahltermine festzusetzen, stellt die gesetzliche Rentenversicherung auf lange Sicht zur Disposition.

Das hohe Lied von der Generationengerechtigkeit entpuppt sich als hohles Geschwätz. Das für die Gegenfinanzierung des Rentencoups unabdingbare Schröpfen der Beitrags- wie der Steuerzahler macht deutlich, was davon zu halten ist, wenn die Koalitionäre von solch hehren Zielen wie ausgeglichenen Haushalten und sinkenden Lohnnebenkosten schwadronieren, wenn sie den Begriff der Nachhaltigkeit im Munde führen: Alles nur leeres Gerede, wenn in der Altenrepublik Deutschland 20 Millionen Stimmen von Rentenempfängern zu vergeben sind. Wer bei dieser Klientel punktet, der hat am Wahltag schon die "halbe Miete" eingefahren – so lautet in der Rentenpolitik das einzige Prinzip, dem die Große Koalition zu folgen bereit ist.

Zu glauben, die Politik werde sich an die heute ebenfalls getroffene Verabredung halten, die jetzt ausgesetzte Dämpfung der Rentenbezüge 2012 und 2013 nachzuholen, ist reichlich naiv. Denn wer immer dann regieren mag, wird erneut Bundestagswahlen vor Augen haben und sich nicht den Tort antun wollen, mit besonders niedrigen Rentensteigerungen die Senioren zu vergrätzen. Ist doch der Opportunismus das größte überparteiliche Kontinuum, das die Rentenpolitik hierzulande seit langem kennt.

Selbstverständlich verkennt niemand, dass die Bezüge der Ruheständler inflationsbereinigt seit Jahren sinken, dass die Rentner großen Belastungen ausgesetzt sind; man denke nur an den Beitrag zur Pflegeversicherung, den die Alten allein aufbringen müssen. Auch ist unstrittig, dass mit den beiden nun geplanten Rentenanhebungen von einem bzw. zwei Prozent wahrlich keine großen Sprünge möglich sind.

Nur, zum einen fallen auch die realen Einkommenszuwächse der heute Berufstätigen seit über einem Jahrzehnt mehr als bescheiden aus. Zum anderen ging es noch keiner Rentnergeneration so gut wie dieser. Das aber wird sich bald schon ändern: Das Rentenniveau sinkt kontinuierlich, Altersarmut wird in Deutschland ein Massenphänomen werden, auch wenn dies die Politik wider besseres Wissen stets bestreitet.

Vor diesem Hintergrund ist es gleichermaßen falsch wie ungerecht, dass diejenigen, die länger werden arbeiten müssen – Stichwort "Rente mit 67" -, und sich auf erheblich geringere Altersbezüge einzustellen haben, nun auch noch bei ihren Beitragsgeldern und Steuerabgaben stärker zur Kasse gebeten werden.