Renaissance der Kunststadt Paris

Von Kathrin Hondl |
„Umwerfend“ – jubelte die französische Kunstzeitschrift „Beaux-Arts-Magazine“ über die heute eröffnete Pariser Kunstmesse Foire international d'art (FIAC), und schwärmte vom besten FIAC-Jahrgang in der 37-jährigen Geschichte der Messe. Und auch vor Ort, im prunkvollen Grand Palais, ist Begeisterung über die neue alte Kunststadt Paris zu spüren.
Unter dem imposanten riesigen Glasdach des Grand Palais ist die Welt in Ordnung. Von Frankreichs Sorgen – trockengelegten Tankstellen, Tränengaseinsätzen gegen streikende Schüler oder den Großdemonstrationen gegen die Rentenreform ist auf der FIAC nichts zu spüren.

Bei der Pariser Galerie Chantal Crousel, gleich gegenüber des Haupteingangs, pinselt eine Assistentin kurz vor der Vernissage noch rasch etwas Blattgold auf die Werke des Mexikaners Gabriel Orozco, die die Messebesucher im Grand Palais begrüßen: „Euroman“ heißen die matt glänzenden Bilder. Zu sehen sind italienische 1-Euro-Münzen mit Leonardo da Vincis berühmtem vitruvianischem Mann in der Mitte, ein Symbol für die Ästhetik der Renaissance und ein hübsch ironischer erster Blickfang auf der FIAC.

Im Grand Palais zeigt sich Paris von seiner großartigen, glamourösen, eleganten Seite – und die knapp 200 Galeristen, die dieses Jahr aus 24 Ländern angereist sind, wirken schon vor der Vernissage glücklich. Wie Hans Mayer aus Düsseldorf.

„Es hängt einfach an der Stadt. Die Stadt ist so wunderbar und die Atmosphäre, wenn man rausgeht aus dem Grand Palais. Man fühlt sich sofort wohl und das ist ein großer Genuss. Vielleicht wird es diese Woche etwas schwieriger mit Streiks und Demonstrationen, aber generell ist es eigentlich das höchste Glück hier in Paris zu sein für die Ausländer und Auswärtigen.“

Für Kunsthändler und -sammler war das nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren schienen Paris und die FIAC nur noch ein Nebenschauplatz des internationalen Kunstmarkts zu sein, viele große Galerien kamen gar nicht mehr. Doch die düsteren Zeiten sind vorbei, meint auch die Frankfurter Galeristin Barbara Grässlin, die dieses Jahr zum ersten Mal auf der FIAC vertreten ist.

„Ich war die letzten Jahre immer als Besucher hier und hab‘ beobachtet, wie sich die FIAC entwickelt hat – sehr positiv. Sie wurde stetig internationaler auch. Und das war der Grund, warum ich das hier jetzt mal versuche.“

Barbara Grässlin empfängt die Besucher ihres Messestands im Grand Palais mit einem wunderbaren Gemälde von Martin Kippenberger, auf dem drei Rollmöpse UFO-ähnlich angeschwebt kommen. „Noch sind Matjes nicht zu teuer“ heißt das Bild – zu haben ist es für schlappe 550.000 Euro. Die Chancen, dass sich ein Käufer findet, stehen nicht schlecht. Denn auf dem Pariser Kunstmarkt waren die Folgen der weltweiten Finanzkrise deutlich weniger zu spüren als in New York oder London, weiß FIAC-Chefin Jennifer Flay:

„Die Basis der Kunstkäufer in Frankreich ist sehr breit gefächert. Das sind nicht in erster Linie Leute, die von den Finanzmärkten abhängig sind. Da gibt es Anwälte, Ärzte, Familien, die schon seit Generationen Kunst sammeln oder junge Leute, die gerade damit anfangen. Dank dieser vielfältigen Kundschaft kam die FIAC besser mit der Krise klar als andere Messen.“

Weit über 600 Galerien aus aller Welt hatten sich dieses Jahr für die FIAC beworben – Jennifer Flay konnte die besten auswählen – allen voran die renommierte New Yorker Gagosian Gallery, die erstmals nicht nur einen mit Picasso und Giacometti-Werken bestückten Stand auf der Messe präsentiert, sondern sogar gleich eine Dependance in Paris aufgemacht hat. In der rue de Ponthieu im noblen 8. Arrondissement präsentiert Gagosian neue Arbeiten von Cy Twombly und eine fast schon museumsreife Ausstellung mit Werken des französischen Architekten und Designers Jean Prouvé. Paris lohnt sich, sagt Mark Francis, Chef der Pariser Gagosian Gallery:

„Wir hatten schon viele Projekte in Paris, unsere Künstler wollen in Paris ausstellen, wir arbeiten mit dem Louvre und anderen Museen zusammen, es gibt wichtige Kunstsammler – natürlich müssen wir hier präsent sein.“

Die Anwesenheit des Kunstgiganten Gagosian in Paris ist für viele der schlagendste Beweis dafür, dass die FIAC wieder ganz oben mitspielt in der internationalen Kunstliga. Die Messe überzeugt dieses Jahr aber vor allem durch insgesamt sehr hohe Qualität – auch bei den jüngeren Galerien, die nicht im Grand Palais, sondern in einem Zelt im Innenhof des Louvre ausstellen. Wie zum Beispiel die Berliner Galerie PSM, die mit den sehr subtilen, melancholischen Arbeiten der deutsch-rumänischen Künstlerin Anca Munteanu Rimnic zum ersten Mal nach Paris gekommen ist – die Kunststadt des Augenblicks, meint Galeristin Sabine Schmidt:

„Ich glaube, dass Paris in den letzten Jahren einfach einen unheimlichen Aufschwung in Sachen Kunst erlebt hat. Also es gibt viele sehr starke Künstler, die neu nachwachsen aus Frankreich. Es gibt viele junge aufstrebende Galerien, also man sieht es tut sich wieder was in Paris. Lange Zeit war hier die junge Kunst nicht ganz so stark. Ich meine einfach, dass Paris so ‚the place to go‘ in Europa ist.“

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Homepage der Messe