Relativ genial

Uli Blumenthal und Ralf Krauter |
Albert Einstein war der erste Popstar der Wissenschaft: der erste Forscher, der weltweit Kultstatus erlangt hat und dessen Konterfei heute T-Shirts, Tassen und Teller ziert. Vor genau 100 Jahren – in seinem Wunderjahr 1905 – brachte der damalige Patentprüfer im Handstreich die Grundfesten der Physik ins Wanken. Seine bahnbrechenden Theorien über Raum, Zeit und Materie haben unser Weltbild revolutioniert und bilden die Basis der modernen Naturwissenschaft.
Der Mythos Albert Einstein lässt sich aber nur teils auf die wissenschaftlichen Leistungen des genialen Physikers zurückführen. Der Begründer der Relativitätstheorie war stets ein unangepasster Querdenker, der auch dann noch öffentlich für seine Ideale eintrat, als dies längst nicht mehr ungefährlich war. Sein unermüdlicher Einsatz für Frieden, Freiheit und Menschenrechte führte dazu, dass Albert Einstein schon zu Lebzeiten eine Legende war. Als politisch und sozial engagierter Zeitgenosse hat er auf exemplarische Weise alle Irrungen und Wirrungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts miterlebt. Wegen der ihm daraus erwachsenen herausragenden Bedeutung hat ihn das US-Time-Magazin zum „Menschen des 20. Jahrhunderts“ gekürt.

Das weltweit ausgerufene Einstein-Jahr 2005 bietet Anlass, die facettenreiche Persönlichkeit des Jahrhundertgenies und Weltweisen zu beleuchten – zumal Historiker das in der öffentlichen Wahrnehmung vorherrschende Bild vom zerstreuten und weltfremden Professor zunehmend in Frage stellen.

Studiogäste:

Prof. Dr. Brigitte Falkenburg
Universität Dortmund, Fachbereich Philosophie.
Grenzen der physikalischen Erklärung:
Universität Dortmund: Institut für Philosophie
Brigitte Falkenburg:Grenzen der physikalischen Erklärung
Prof. Jürgen Ehlers
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut)
Jürgen Ehlers, der „Vater“ des Albert-Einstein-Instituts, wurde 2002 mit der Max-Planck-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet.

Prof. Jürgen Renn
Direktor
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Berlin
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Prof. Dr. Jürgen Renn

Zitat: „Ihr feiert eine Legende, die meinen Namen trägt. Das beweist aber, dass in unserer Zeit neben dem verhängnisvollen Streben nach Macht und Luxus auch der Sinn für ewige Ziele des Menschengeistes lebendig ist. Darüber freue ich mich.“

Albert Einstein (Ausführlicher Lebenslauf) war der berühmteste Forscher aller Zeiten. In seinem Wunderjahr 1905 (100 Jahre Wunderjahr Albert Einstein) brachte der geniale Physiker die Grundfesten unseres Weltbildes ins Wanken. Seine revolutionären Theorien über Raum und Zeit bilden die Grundlage der modernen Naturwissenschaft. Der Kult um Albert Einstein, dessen Konterfei heute auf T-Shirts, Tassen und Teller gedruckt wird, lässt sich aber nur teils mit seiner herausragender Bedeutung für die Wissenschaft erklären. Der Nobelpreisträger war auch politisch stets ein unangepasster Querdenker, der sich Zeit seines Lebens für seine Ideale Frieden, Freiheit und Menschenrechte einsetzte. Das US-Time-Magazine hat Albert Einstein deshalb in seiner Millenniums-Ausgabe zum „Menschen des 20. Jahrhunderts“ gekürt. Im Einstein-Jahr 2005 gibt es neben einer Reihe von Veranstaltungen (Einstein-Ausstellung) zu Leben und Werk des Jahrhundertgenies gleich zwei Jubiläen zu feiern: Am 18. April jährt sich Einsteins Todestag zum 50. mal und am 30. Juni wird die Relativitätstheorie 100 Jahre alt.

Der andere Albert
Das einsame der Genie, der zerstreute Professor mit dem wirren Haar – das ist der Stoff aus dem der Mythos Albert Einstein gemacht ist. Aber es ist nur die halbe Wahrheit. Bevor Albert zum Einstein wurde, war er ganz anders, als das Bild, das wir uns heute von ihm machen.

Einstein und die Frauen
Als Albert Einstein am 18. April 1955 stirbt, trauert die Welt um ein Jahrhundertgenie. Thomas Mann hat mit Einstein einen Freund verloren, denn während der gemeinsamen Jahre in Princeton waren sich die beiden Exilanten aus Deutschland näher gekommen. In seinem bewegenden Nachruf, der im deutschen Rundfunk ausgestrahlt wurde, preist Thomas Mann den verstorbenen Freund als einen „Ehrenretter der Menschheit, dessen Name nie untergehen wird.“
Albert Einstein – der Pazifist und Weltweise, der überzeugte Demokrat und Nonkonformist mit Vision und Weitblick: Bei so viel positivem wird leicht vergessen, dass Albert Einstein kein Supermann war. In seinem Privatleben gibt es auch dunkle Flecken. Seine uneheliche Tochter Lieserl stirbt, ohne ihren Vater je gesehen zu haben. Und auch Einsteins Verhalten gegenüber seinen beiden Ehefrauen war nicht immer das Feinste.

Einstein und die Quantentheorie
Zitat: „Die Quantentheorie ist sehr achtungsgebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass der nicht würfelt.“

Einsteins Verhältnis zur Welt der Quanten war stets gespalten. Zwar schätzte er die enorme Leistungsfähigkeit der zweiten revolutionären physikalischen Theorie des 20. Jahrhunderts. Aber dass sich die Wirklichkeit demnach nur noch in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen beschreiben lassen soll, widersprach seiner Überzeugung. Die Quantentheorie war für Einstein nur eine Übergangslösung auf dem Weg zu einer umfassenderen Beschreibung der Wirklichkeit, an der er bis zu seinem Lebensende verbissen gearbeitet hat – ohne Erfolg. „Ich habe hundertmal so viel über Quantenprobleme nachgedacht wie über die Allgemeine Relativitätstheorie“, sagte er einmal. Sein unermüdliches Hinterfragen ihrer philosophischen Deutung führte letztlich aber zu einer Reihe von Experimenten, die die Forschung auf dem Gebiet entscheidend voran getrieben haben. Der Wiener Quantenphysiker Prof. Anton Zeilinger zum Beispiel nutzt die von Einstein abgelehnte „spukhafte Fernwirkung“, um Lichtteilchen unter der Donau hin und her zu „beamen“.

Einstein zum Nachhören
„Verehrte An- und Abwesende! – Originaltonaufnahmen 1921 – 1951“
Doppel-CD, supposé Verlag

Tipps zum Weiterlesen:

Die spezielle Relativitätstheorie für Einsteiger

Eine Bildergeschichte zur Einführung in die Allgemeine Relativitätstheorie

Albert Einstein – ein Vorbild für das 21. Jahrhundert?
Podiumsdiskussion in der Reihe ZEIT-Forum der Wissenschaft, gesendet am 22. Dezember 2004
Moderation: Ralf Krauter (Deutschlandfunk) und Andreas Sentker (DIE ZEIT)
Manuskript unter:
Podiumsdiskussion in der Reihe ZEIT-Forum der Wissenschaft

Buchtipps:

Albert Einstein
Thomas Bührke
dtv Porträt 191
2004

Einstein sagt – Zitate, Einfälle, Gedanken
Hrsg. v. Alice Calaprice
Vorw. v. Freeman Dyson
Piper-Verlag, 2005

Ich vertraue auf die Intuition – Der andere Albert Einstein
Abraham Pais
Spektrum Akademischer Verlag 1998

Der private Albert Einstein – Gespräche über Gott, die Menschen und die Bombe
Peter A. Bucky
ECON Taschenbuch-Verlag

Dear Professor Einstein – Albert Einstein’s Letters to and from Children
Edited by Alice Calaprice,
Prometheus Books, Amherst, NY

Einsteins Schleier – Die neue Welt der Quantenphysik
Anton Zeilinger,
Goldmann Verlag 2005

Albert Einstein und Mileva Marić
Am Sonntag küss ich Dich mündlich
Die Liebesbriefe 1897-1903
Herausgegeben und eingeleitet von Jürgen Renn und Robert Schulmann
Piper Verlag 2005-04-15

Als die Liebesbriefe von Albert Einstein und seiner ersten Frau gefunden wurden, war das eine Sensation: erstmals ein Blick in die Gefühlswelt des genialen Physikers. Die Liebesbriefe, die 1897 beginnen, zeigen Einstein als verliebten jungen Mann, seine Studienkollegin Mileva als starke, unabhängige Persönlichkeit. Erst durch diese Briefe erfuhr die Welt von ihrer gemeinsamen Tochter, deren Schicksal bis heute unbekannt ist

Alexis Schwarzenbach
Das verschmähte Genie
Albert Einstein und die Schweiz
DVA 2005
Zeit seines Lebens blieb Albert Einstein, der 1879 in Deutschland geboren wurde und in den USA starb, der Schweiz verhaftet. In Aarau wurde der junge Schüler in seinem Verständnis von Demokratie und Liberalität tief geprägt. In Bern formulierte er die Relativitätstheorie und heiratete zum ersten Mal. In Zürich lebte und starb sein behinderter Sohn. Die Schweiz weigerte sich 1933, dem von den Nazis Enteigneten beizustehen. Ihre Asylpolitik war für ihn eine bittere Enttäuschung. Er kehrte nie wieder zurück, blieb aber zeitlebens Schweizer Staatsbürger. Kurz vor seinem Tod dachte er mit Wehmut an die „Schweizer, weil sie im ganzen genommen humaner sind als die Menschen, unter denen ich sonst gelebt habe“. Alexis Schwarzenbach gibt auf neuester Quellenbasis einen prägnanten Überblick über die ambivalente Beziehung zwischen Albert Einstein und der Schweiz.

Albert Einstein
Sigmund Freud
Warum Krieg?
Ein Briefwechsel
Mit einem Essay von Isaac Asimov
Diogenes

„Alles, was Gefühlsbindungen unter den Menschen herstellt, muss dem Krieg entgegenwirken. Diese Bindungen können von zweierlei Art sein. Erstens Beziehungen wie zu einem Liebesobjekt, wenn auch ohne sexuelle Ziele. Die Religion sagt dasselbe: Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst. Das ist nun leicht gefordert, aber schwer zu erfüllen. Die andere Art von Gefühlsbindung ist die durch Identifizierung. Alles was bedeutsame Gemeinsamkeiten unter den Menschen herstellt, ruft solche Gemeingefühle, Identifizierungen hervor. Auf ihnen ruht zum guten Teil der Aufbau der menschlichen Gesellschaft.“
Sigmund Freud
Weiterlesen: Albert Einstein und Sigmund Freud: Warum Krieg?

Albert Einstein
Briefe
Aus dem Nachlass herausgegeben von Helen Dukas und Banesh Hoffmann
detebe 20303
Diogenes Verlag 1981

Einstein on the beach
Der Physiker als Phänomen
Herausgegeben von Michael Hagner
Fischer Taschenbuch Verlag 2005
Einstein & sein Gehirn, & die Psychoanalyse, & moderne Kunst, & der Typus des >mad scientist <, & das Kino, & Marilyn, & Architektur, & Literatur, . . . In Beiträgen von Horst Bredekamp, William Clark, John Forrester, Peter Geimer, Michael Hagner, Michael Hampe, Anke te Heesen, Wolfgang Kemp, Carsten Könneker, Michaela Krützen, Barbara Orland, Philip Ursprung und Harry Walter.

Albert Einstein, Privat und ganz persönlich
Ze'ev Rosenkranz
Gebunden
Hrsg.: Albert-Einstein-Archiv, Jüdische National- und Universitätsbibliothek, Hebräische Universität Jerusalem, Historisches Museum Bern.
2004 Neue Zürcher Zeitung

Albert Einstein (1879-1955) hat 1905 in Bern seine Spezielle Relativitätstheorie publiziert und daraus die Formel E = mc2 abgeleitet. Aber auch zur Existenz der Atome und zum Quantencharakter des Lichts publizierte Einstein gleichen Jahres die grundlegenden Werke. Aus Anlass der hundertjährigen Wiederkehr dieses „annus mirabilis“ zeigen das Stadthaus Ulm und das Historische Museum Bern eine große Sonderausstellung. Als Begleitbuch dazu erscheint die deutsche Ausgabe des 1998 publizierten Erfolgsbandes von „Albert through the Looking-Glass“. Darin sind zahlreiche Dokumente aus Einsteins Privatarchiv erstmals veröffentlicht. Wie kaum jemand zuvor hat Albert Einstein mit seinen wissenschaftlichen Theorien und Einsichten die Welt verändert. Sein couragiertes Engagement für Frieden und soziale Gerechtigkeit inspiriert noch heute Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Anhand von zahlreichen Fotos, Briefen und Dokumenten aus Einsteins Privatarchiv gibt dieser Bildband einen faszinierenden Einblick in das Leben und Werk des wohl bedeutendsten Wissenschaftlers und Humanisten des 20. Jahrhunderts. Die Dokumente und Fotos illustrieren nicht nur Einsteins wissenschaftliche Brillanz – die umfangreiche Korrespondenz mit Persönlichkeiten und Fans aus der ganzen Welt zeugt auch eindrücklich von Einsteins Großmut, seiner Weitsichtigkeit und einem unerschöpflichen Sinn für Humor. Ausstellung: Historisches Museum Bern, vom 16. Juni 2005 bis 17. April 2006
Albert Einstein, Privat und ganz persönlich

Rogger Franziska
Einsteins Schwester
Maja Einstein – ihr Leben und ihr Bruder Albert
Neue Zürcher Zeitung 2005


Für ihre Freunde war Maja Einstein die warme „Sonne“. Sie gehörte zur Avantgarde, erwarb den Doktorhut. Mit ihrem Mann, dem Juristen und Maler Paul Winteler, aber stieg sie aus dem bürgerlichen Stadtleben aus und schuf sich ihr ländliches Paradies in Florenz. Trotz wacher Intelligenz, reicher Talente und großer Sozialkompetenz lebte sie ein rein familiäres Leben. Als Frau waren ihre Möglichkeiten begrenzt. Maja war lebenslang die Vertraute ihres Bruders Albert, dieses genialen Wissenschaftlers und untauglichen Familienvaters. Mit den Augen der Schwester betrachtet, scheinen viele neue Facetten auf: egoistische, liebenswürdige, zeitbedingte. Die Geschwister Einstein waren eng in ihre Familien eingebunden. Diese Biographie basiert auf unbekannten Briefen und Interviews sowie unveröffentlichten Fotos und ist eine spannende und zeittypische Lebensgeschichte.