Reise in ein fiktives Land
Das Buch "Molwanien - Land des schadhaften Lächelns" erfreut die Herzen aller Freunde des schrägen Humors. Denn Molwanien, angeblich ein kleines Land irgendwo in Osteuropa, ist eine reine Erfindung. Nun ist der fiktive Reiseführer auch als Hörbuch erschienen.
"Slengrojh! – Slengrojh! Willkommen! "
Ja, willkommen in Molwanien! Denn das Reich, jahrzehntelang nur Kriegshistorikern und sowjetischen Drogenschmugglern bekannt war, öffnete seine Grenzen jetzt auch dem westlichen Touristen. Wobei - es könnte sein, dass Shakespeare schon von diesem Land sprach, als er schrieb:
"Verfemtes Reich, garstige Pockenhöhle, wo Elend sich vereint mit grimmem Los, und trüber Geist die Seele gar verödet. In der verruchten, wüsten Ebene. "
Allerdings sind sich die Shakespeare-Forscher nicht sicher, ob der Meister aus Stratford-on-Avon tatsächlich Molwanien meinte:
"Zwar ist die Republik Molwanien eines der kleinsten Länder Europas, doch hat sie dem anspruchsvollen Touristen viel zu bieten. Großartige Landschaften, prachtvolle neoklassizistische Architektur und Jahrhunderte der Hingabe an Kunst und Kultur sind zugegebenermaßen Mangelware. Der furchtlose Reisende wird in diesem einzigartigen, küstenfreien Nationalstaat jedoch viel zu seiner Erbauung finden. "
Ein Beispiel, eines aus der Landwirtschaft: Die Rinder der Großen Ebene Molwaniens wurden genetisch modifiziert, so dass sie nur zwei Beine haben. Das verringert zwar den Fleischertrag, erleichtert aber das Hüten erheblich. Ein anderes Beispiel: In dem Land, dessen Hauptstadt Lutenblag heißt und in dem mit Strubl bezahlt wird, darf vegetarisches Essen nicht mehr als 25 Prozent Schweinefleisch enthalten.
"Was auch immer Sie suchen mögen, in Molwanien werden Sie es wahrscheinlich finden. Sie brauchen nur ein paar Impfungen. Gegen Cholera, Typhus, Diphterie, Hepatitis A, Heptatits B, Polio, Tuberkulose, Hepatitis C, Meningitis, Malaria, Tetanus, Bengefieber und die von Zecken ausgehende Frühsommer-Emphezagilitis. Wer das Hinterland bereisen will, sollte auch eine vorsorgliche Dosis Antrhax erwägen. "
Man hört also schon: "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" ist ein Reiseführer, der präzise bis auf den letzten U-Bahnfahrplan recherchiert wurde. Ist es da nun wirklich schwerwiegend, dass es 'Molwanien' gar nicht gibt? Nimmt diese schlicht-banale Tatsache diesem Kleinod Osteuropas wirklich irgendetwas von seiner Faszination? Doch wohl nicht wirklich!
Santo Cilauro, Tom Gleisner & Rob Sitch haben mit ihrem – nun ja – virtuellen Reiseführer für furchtlose Touristen, den Andreas Horchler in diesem Feature sozusagen in kongenialem Wahnsinn akustisch adaptiert hat, alle haben in gewisser Weise auch eine Enzyklopädie unserer Vorurteile geschaffen. Denn "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" vereint selbstredend all das, was wir immer schon über einen dieser neuen Staaten auf dem Gebiet des ehemals real existierenden Sozialismus zu wissen glaubten. Was also die Boulevard-Gazetten oder auch die spektakulären TV-Reportagen über Warlords, aidsverseuchte Prostituierte – beiderlei Geschlechts – oder Schlagerstars, die nicht nur wie Transvestiten aussehen, berichten, es springt uns in diesem Hörbuch auf konzentrierte Weise entgegen, und wegen dieser immensen Anhäufung laden die Klischees nach dem Lachen zunächst zu Staunen und dann zur – offen gestanden - verschämten Reflexion ein. Ist es nicht ein wenig peinlich, dass wir all das wirklich bereit wären zu glauben, dass Molwanien so wie Molwanien ist?
Ein hinreichendes Argument, das Hörbuch "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" guten Gewissens zu genießen. Mit Sicherheit. Man könnte aber auch sagen, dass Andreas Horchlers akustische Adaption dieses unglaublichen Reiseführers etwas schafft, was im akustischen Medium nun alles andere als einfach ist: eine Komik nämlich zu erzeugen, die überzeugend und unfassbar ist. Wenden wir uns also noch einmal einem wirklich wesentlichen Punkt der molwanischen Kultur zu: der Sprache.
"Tipp: Sprache. – Es gibt vier Geschlechter. Man kann – wie einige Reisende experimentell feststellten, ein 'j' oder ein 'sse' nach Belieben nach irgendein Wort hängen. Aber weit kommt man damit nicht. "
Diese Pointe über eine – wie der Reiseführer versichert - an sich unsprechbare Sprache, kann man wohl lakonisch nennen. Und das bei solch komplizierter Grammatik:
"Man bedenke auch, dass die syntaktische Struktur der molwanischen Schriftsprache recht kompliziert sein kann, wobei Schriftsteller häufig die dreifache Negation verwenden. – [Molwanisches Original.] Ist es nicht so, dass das Wasser nicht nicht untrinkbar ist? "
Sollten Sie übrigens weiterhin das Bedürfnis verspüren, Ihren nächsten Urlaub wie gewohnt auf Mallorca und nicht in der molwanischen Hauptstadt Lutenblag zu verbringen, lassen Sie sich ein Statement mit auf den sonntäglichen Weg geben, das die altehrwürdige BBC über diesen unschätzbaren Reiseführer vermeldete: Er – der Reiseführer – würde – nun kommt das Zitat - "unschätzbare Informationen für die vielen reisenden Ignoranten [enthalten], die dieses wunderschöne Land nicht kennen."
Mit anderen Worten: Was könnte man haben gegen ein Werk, dass die Lachmuskeln reizt und die Reisekosten mindert.
Santo Cilauro, Tom Gleisner & Rob Sitch:
"Molwanien – Land des schadhaften Lächelns"
Bearbeitung, Regie, Musik: Andreas Horchler
mit Felix von Manteuffel, Roland Heinemann u. a.
2 CDs – Laufzeit ca. 120 Minuten – Preis: 19,50 Euro
Produktion: HR – Erschienen bei: Random House Audio
Ja, willkommen in Molwanien! Denn das Reich, jahrzehntelang nur Kriegshistorikern und sowjetischen Drogenschmugglern bekannt war, öffnete seine Grenzen jetzt auch dem westlichen Touristen. Wobei - es könnte sein, dass Shakespeare schon von diesem Land sprach, als er schrieb:
"Verfemtes Reich, garstige Pockenhöhle, wo Elend sich vereint mit grimmem Los, und trüber Geist die Seele gar verödet. In der verruchten, wüsten Ebene. "
Allerdings sind sich die Shakespeare-Forscher nicht sicher, ob der Meister aus Stratford-on-Avon tatsächlich Molwanien meinte:
"Zwar ist die Republik Molwanien eines der kleinsten Länder Europas, doch hat sie dem anspruchsvollen Touristen viel zu bieten. Großartige Landschaften, prachtvolle neoklassizistische Architektur und Jahrhunderte der Hingabe an Kunst und Kultur sind zugegebenermaßen Mangelware. Der furchtlose Reisende wird in diesem einzigartigen, küstenfreien Nationalstaat jedoch viel zu seiner Erbauung finden. "
Ein Beispiel, eines aus der Landwirtschaft: Die Rinder der Großen Ebene Molwaniens wurden genetisch modifiziert, so dass sie nur zwei Beine haben. Das verringert zwar den Fleischertrag, erleichtert aber das Hüten erheblich. Ein anderes Beispiel: In dem Land, dessen Hauptstadt Lutenblag heißt und in dem mit Strubl bezahlt wird, darf vegetarisches Essen nicht mehr als 25 Prozent Schweinefleisch enthalten.
"Was auch immer Sie suchen mögen, in Molwanien werden Sie es wahrscheinlich finden. Sie brauchen nur ein paar Impfungen. Gegen Cholera, Typhus, Diphterie, Hepatitis A, Heptatits B, Polio, Tuberkulose, Hepatitis C, Meningitis, Malaria, Tetanus, Bengefieber und die von Zecken ausgehende Frühsommer-Emphezagilitis. Wer das Hinterland bereisen will, sollte auch eine vorsorgliche Dosis Antrhax erwägen. "
Man hört also schon: "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" ist ein Reiseführer, der präzise bis auf den letzten U-Bahnfahrplan recherchiert wurde. Ist es da nun wirklich schwerwiegend, dass es 'Molwanien' gar nicht gibt? Nimmt diese schlicht-banale Tatsache diesem Kleinod Osteuropas wirklich irgendetwas von seiner Faszination? Doch wohl nicht wirklich!
Santo Cilauro, Tom Gleisner & Rob Sitch haben mit ihrem – nun ja – virtuellen Reiseführer für furchtlose Touristen, den Andreas Horchler in diesem Feature sozusagen in kongenialem Wahnsinn akustisch adaptiert hat, alle haben in gewisser Weise auch eine Enzyklopädie unserer Vorurteile geschaffen. Denn "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" vereint selbstredend all das, was wir immer schon über einen dieser neuen Staaten auf dem Gebiet des ehemals real existierenden Sozialismus zu wissen glaubten. Was also die Boulevard-Gazetten oder auch die spektakulären TV-Reportagen über Warlords, aidsverseuchte Prostituierte – beiderlei Geschlechts – oder Schlagerstars, die nicht nur wie Transvestiten aussehen, berichten, es springt uns in diesem Hörbuch auf konzentrierte Weise entgegen, und wegen dieser immensen Anhäufung laden die Klischees nach dem Lachen zunächst zu Staunen und dann zur – offen gestanden - verschämten Reflexion ein. Ist es nicht ein wenig peinlich, dass wir all das wirklich bereit wären zu glauben, dass Molwanien so wie Molwanien ist?
Ein hinreichendes Argument, das Hörbuch "Molwanien – Land des schadhaften Lächelns" guten Gewissens zu genießen. Mit Sicherheit. Man könnte aber auch sagen, dass Andreas Horchlers akustische Adaption dieses unglaublichen Reiseführers etwas schafft, was im akustischen Medium nun alles andere als einfach ist: eine Komik nämlich zu erzeugen, die überzeugend und unfassbar ist. Wenden wir uns also noch einmal einem wirklich wesentlichen Punkt der molwanischen Kultur zu: der Sprache.
"Tipp: Sprache. – Es gibt vier Geschlechter. Man kann – wie einige Reisende experimentell feststellten, ein 'j' oder ein 'sse' nach Belieben nach irgendein Wort hängen. Aber weit kommt man damit nicht. "
Diese Pointe über eine – wie der Reiseführer versichert - an sich unsprechbare Sprache, kann man wohl lakonisch nennen. Und das bei solch komplizierter Grammatik:
"Man bedenke auch, dass die syntaktische Struktur der molwanischen Schriftsprache recht kompliziert sein kann, wobei Schriftsteller häufig die dreifache Negation verwenden. – [Molwanisches Original.] Ist es nicht so, dass das Wasser nicht nicht untrinkbar ist? "
Sollten Sie übrigens weiterhin das Bedürfnis verspüren, Ihren nächsten Urlaub wie gewohnt auf Mallorca und nicht in der molwanischen Hauptstadt Lutenblag zu verbringen, lassen Sie sich ein Statement mit auf den sonntäglichen Weg geben, das die altehrwürdige BBC über diesen unschätzbaren Reiseführer vermeldete: Er – der Reiseführer – würde – nun kommt das Zitat - "unschätzbare Informationen für die vielen reisenden Ignoranten [enthalten], die dieses wunderschöne Land nicht kennen."
Mit anderen Worten: Was könnte man haben gegen ein Werk, dass die Lachmuskeln reizt und die Reisekosten mindert.
Santo Cilauro, Tom Gleisner & Rob Sitch:
"Molwanien – Land des schadhaften Lächelns"
Bearbeitung, Regie, Musik: Andreas Horchler
mit Felix von Manteuffel, Roland Heinemann u. a.
2 CDs – Laufzeit ca. 120 Minuten – Preis: 19,50 Euro
Produktion: HR – Erschienen bei: Random House Audio