Reimers: Deutschland muss sich mehr für Afrika engagieren
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Stephan Reimers, hat von der Bundesregierung verlangt, die für Afrika "frisches Geld" zur Verfügung zu stellen. Es sei zu befürchten, dass das ehrgeizige Ziel, das sich die G8-Staaten beim letzten Gipfel gesetzt hätten, bis 2010 die Aufwendungen für Afrika zu verdoppeln, nicht eingehalten werde, sagte Reimers.
Hanns Ostermann: Wenn sich Anfang Juni in Heiligendamm die Mächtigen dieser Welt treffen beim G8-Gipfel, dann sitzen auch die Armen mit am Tisch, symbolisch jedenfalls. Afrika soll bei den Gesprächen eine wichtige Rolle spielen. Immerhin versprachen die Industrienationen, die Millenniumsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Im Klartext: Bis 2015 soll die internationale Armut halbiert werden, sollen alle Kinder eine Grundschulausbildung erhalten – ein hohes Ziel. Wie weit man sich dem bereits genähert hat, das ist heute Thema einer hochkarätig besetzten Veranstaltung, der gemeinsamen Konferenz "Kirche und Entwicklung". Sie ist ein ökumenischer Arbeitsverbund zur Entwicklungspolitik. Und dessen Vorsitzender ist Dr. Stephan Reimers, der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, bei der Bundesregierung und der EU. Einfacher formuliert vielleicht: Er ist der Außenminister der Protestanten in Deutschland. Guten Morgen, Herr Reimers.
Stephan Reimers: Guten Morgen, Herr Ostermann.
Ostermann: Lassen Sie uns mit dem Geld anfangen. Die Finanzen sind ein Teil des Problems. Wie weit hinken die reichen Länder da ihrem Anspruch hinterher?
Reimers: Wir haben jedenfalls die Sorge, das ehrgeizige Ziel, was sich die G8-Staaten beim letzten Gipfel in Gleneagles in die Hand versprochen haben, nämlich bis zum Jahre 2010 die Aufwendungen für Afrika zu verdoppeln, dass das nicht eingelöst werden kann, wenn die Steigerungen so schleppend verlaufen wie bisher. Und deshalb ist die Veranstaltung heute Morgen eine Wortmeldung der Kirchen, um die Bundesregierung zu erinnern an dieses eine große Versprechen der Verdoppelung. Und die andere Erinnerung richtet sich auf die Millenniumsziele. Denn dass es gelingen kann, bis zum Jahre 2015 die Zahl der absolut Armen und Hungernden zu halbieren, das erscheint in Afrika südlich der Sahara im Augenblick nicht als sehr realistisch. Und insofern müssen die großen, starken, leistungsstarken Nationen der Welt ihre Anstrengungen einfach noch einmal deutlich erhöhen.
Ostermann: Sie haben heute ja auch die zuständige Ministerin Heidemarie Wieszorek-Zeul zu Gast. Wie fällt denn die Bilanz für Deutschland im Vergleich zu den anderen Nationen aus?
Reimers: Es gibt immerhin eine leichte Steigerung gerade gegenüber dem letzten Jahr. Andererseits wird das auch dadurch erreicht, dass Schuldentilgungen zugerechnet werden. Was gebraucht wird, ist noch mehr frisches Geld im Sinne von zusätzlicher Entwicklungshilfe. Da hapert es auch in Deutschland noch.
Ostermann: Immer wieder wird ja die Forderung des Schuldenerlasses aufgestellt, auch bei Kirchentagen. Demnächst findet der Evangelische Kirchentag in Köln statt, und mit Sicherheit wird das dort auch thematisiert. Also Stichwort Schuldenerlass: Bleiben hier die Kirchen bei ihren alten Forderungen?
Reimers: Ja, und man muss sagen, die Forderungen haben durchaus auch schon Ergebnisse erzielt. Wir hatten ja eine große Kampagne im Jahre 1999 gemacht im Blick auf den damaligen Kölner Gipfel, und ich habe gerade jetzt aus dem Finanzministerium eine Aufstellung gesehen, dass wenn alle Zusagen eingehalten werden, der Schuldenerlass von Köln in seinen letzten Auswirkungen 70 bis 80 Milliarden Schulden der Entwicklungsländer tilgt. Das ist immerhin doch ein großer Schritt zur Schuldenreduzierung.
Ostermann: Herr Reimers, wie gesagt, Geld ist wichtig, aber nicht alles. Es gilt für afrikanische Staaten ja auch, demokratische Strukturen zu schaffen, für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Nigeria am letzten Wochenende ist da ganz sicher kein gutes Beispiel, wie die Wahlen gezeigt haben. Wo sehen Sie positive Ansätze und Beispiele?
Reimers: Also ein Hoffnungswort heißt ja NEPAD (Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung). Viele wichtige afrikanische Staaten haben sich in diesem Bündnis zusammengeschlossen. Und dieses Bündnis beinhaltet ein klares Bekenntnis zu good governance, das heißt eine Regierungsweise ohne Korruption. Außerdem will man die Zivilgesellschaft stärken und die Armutsbekämpfung verstärken. Und was besonders erfreulich ist, ist die Verabredung, dass diese Ziele kritisch überprüft werden durch ein so genanntes "Pier-Review-System", dass also die Staaten sich gegenseitig kritisch prüfen. Und die Industriestaaten haben in Aussicht gestellt, wer diesen Prüfungsbericht durchläuft und positiv ihm bescheinigt wird, dass er all das leistet, dem wird eine vertiefte Partnerschaft in Aussicht gestellt. Bisher haben Ghana und Ruanda diesen Weg durchlaufen. Das heißt, es wird Reform in Afrika auch belohnt, und das ist, denke ich, eine wichtige eigene Anstrengung der afrikanischen Staaten, nicht nur eben Geld zu fordern, sondern auch ihrerseits Reformen, überfällige Reformen einzuleiten.
Ostermann: Auf einen einfachen Nenner gebracht: Was erwarten Sie denn jetzt von Heiligendamm, vom Treffen der G8 Anfang Juni?
Reimers: Es geht darum, dass die Konferenz der wichtigen Industriestaaten noch einmal deutlich macht, dass sie zu ihren Versprechen steht, und das ist das doppelte Versprechen. Nämlich einmal, bis zum Jahre 2010 für Afrika die eigene Anstrengung zu verdoppeln, und zum anderen bis zum Jahre 2015 daran mitzuwirken, dass die Zahl der absolut Armen auf die Hälfte verringert wird.
Stephan Reimers: Guten Morgen, Herr Ostermann.
Ostermann: Lassen Sie uns mit dem Geld anfangen. Die Finanzen sind ein Teil des Problems. Wie weit hinken die reichen Länder da ihrem Anspruch hinterher?
Reimers: Wir haben jedenfalls die Sorge, das ehrgeizige Ziel, was sich die G8-Staaten beim letzten Gipfel in Gleneagles in die Hand versprochen haben, nämlich bis zum Jahre 2010 die Aufwendungen für Afrika zu verdoppeln, dass das nicht eingelöst werden kann, wenn die Steigerungen so schleppend verlaufen wie bisher. Und deshalb ist die Veranstaltung heute Morgen eine Wortmeldung der Kirchen, um die Bundesregierung zu erinnern an dieses eine große Versprechen der Verdoppelung. Und die andere Erinnerung richtet sich auf die Millenniumsziele. Denn dass es gelingen kann, bis zum Jahre 2015 die Zahl der absolut Armen und Hungernden zu halbieren, das erscheint in Afrika südlich der Sahara im Augenblick nicht als sehr realistisch. Und insofern müssen die großen, starken, leistungsstarken Nationen der Welt ihre Anstrengungen einfach noch einmal deutlich erhöhen.
Ostermann: Sie haben heute ja auch die zuständige Ministerin Heidemarie Wieszorek-Zeul zu Gast. Wie fällt denn die Bilanz für Deutschland im Vergleich zu den anderen Nationen aus?
Reimers: Es gibt immerhin eine leichte Steigerung gerade gegenüber dem letzten Jahr. Andererseits wird das auch dadurch erreicht, dass Schuldentilgungen zugerechnet werden. Was gebraucht wird, ist noch mehr frisches Geld im Sinne von zusätzlicher Entwicklungshilfe. Da hapert es auch in Deutschland noch.
Ostermann: Immer wieder wird ja die Forderung des Schuldenerlasses aufgestellt, auch bei Kirchentagen. Demnächst findet der Evangelische Kirchentag in Köln statt, und mit Sicherheit wird das dort auch thematisiert. Also Stichwort Schuldenerlass: Bleiben hier die Kirchen bei ihren alten Forderungen?
Reimers: Ja, und man muss sagen, die Forderungen haben durchaus auch schon Ergebnisse erzielt. Wir hatten ja eine große Kampagne im Jahre 1999 gemacht im Blick auf den damaligen Kölner Gipfel, und ich habe gerade jetzt aus dem Finanzministerium eine Aufstellung gesehen, dass wenn alle Zusagen eingehalten werden, der Schuldenerlass von Köln in seinen letzten Auswirkungen 70 bis 80 Milliarden Schulden der Entwicklungsländer tilgt. Das ist immerhin doch ein großer Schritt zur Schuldenreduzierung.
Ostermann: Herr Reimers, wie gesagt, Geld ist wichtig, aber nicht alles. Es gilt für afrikanische Staaten ja auch, demokratische Strukturen zu schaffen, für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Nigeria am letzten Wochenende ist da ganz sicher kein gutes Beispiel, wie die Wahlen gezeigt haben. Wo sehen Sie positive Ansätze und Beispiele?
Reimers: Also ein Hoffnungswort heißt ja NEPAD (Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung). Viele wichtige afrikanische Staaten haben sich in diesem Bündnis zusammengeschlossen. Und dieses Bündnis beinhaltet ein klares Bekenntnis zu good governance, das heißt eine Regierungsweise ohne Korruption. Außerdem will man die Zivilgesellschaft stärken und die Armutsbekämpfung verstärken. Und was besonders erfreulich ist, ist die Verabredung, dass diese Ziele kritisch überprüft werden durch ein so genanntes "Pier-Review-System", dass also die Staaten sich gegenseitig kritisch prüfen. Und die Industriestaaten haben in Aussicht gestellt, wer diesen Prüfungsbericht durchläuft und positiv ihm bescheinigt wird, dass er all das leistet, dem wird eine vertiefte Partnerschaft in Aussicht gestellt. Bisher haben Ghana und Ruanda diesen Weg durchlaufen. Das heißt, es wird Reform in Afrika auch belohnt, und das ist, denke ich, eine wichtige eigene Anstrengung der afrikanischen Staaten, nicht nur eben Geld zu fordern, sondern auch ihrerseits Reformen, überfällige Reformen einzuleiten.
Ostermann: Auf einen einfachen Nenner gebracht: Was erwarten Sie denn jetzt von Heiligendamm, vom Treffen der G8 Anfang Juni?
Reimers: Es geht darum, dass die Konferenz der wichtigen Industriestaaten noch einmal deutlich macht, dass sie zu ihren Versprechen steht, und das ist das doppelte Versprechen. Nämlich einmal, bis zum Jahre 2010 für Afrika die eigene Anstrengung zu verdoppeln, und zum anderen bis zum Jahre 2015 daran mitzuwirken, dass die Zahl der absolut Armen auf die Hälfte verringert wird.