Reihe "Pausen"

Die schönsten Pausen der Musikgeschichte

Der Dirigent Claudio Abbado
Claudio Abbado bei einer Orchesterprobe 1997 in Köln. © dpa / picture alliance / Hermann Wöstmann
Uwe Friedrich im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 29.12.2017
Pausen sind ein wichtiges Element in der Musik: Für die Musiker sind sie oft ein Angstmoment, für Komponisten ein Mittel, um Spannung zu erzeugen – oder um das Publikum aufs Glatteis zu führen. Uwe Friedrich stellt Pausen-Highlights in der Musik vor.
Im dritten und letzten Teil unserer "Pausen"-Reihe beschäftigen wir uns mit der Pause in der Musik. Für die Musiker ist sie oft ein Angstmoment, da sie Gefahr laufen, den Wiedereinsatz zu verpassen oder zu früh einzusetzen.
Für Komponisten dagegen sind Pausen ein wichtiges Mittel, um Spannung zu erzeugen. Zum Beispiel in Beethovens neunter Sinfonie vor dem ersten "Freude" des Tenors oder in Erich Wolfgang Korngolds "Die tote Stadt".

Meister der Generalpause: Joseph Haydn

Der österreichische Komponist Joseph Haydn (1732 - 1809) in einer zeitgenössischen Darstellung
Der österreichische Komponist Joseph Haydn (1732 - 1809)© picture-alliance / dpa
Vor allem bei Joseph Haydn aber sei die Pause wirklich ein Gestaltungsmerkmal, betont unser Musikkritiker Uwe Friedrich. "Der hat das in den Sinfonien immer wieder gemacht, dass die Themen scheinbar abreißen, dass das so etwas sich verstolpert, man als Zuhörer auch nicht genau weiß, wo da hingeht." Einen Riesenspaß habei sich Haydn in der 90. Sinfonie gemacht, in der er die Erwartungen des Publikums vollkommen unterlaufe:
"Die Sinfonie geht also noch weiter, wo alle denken, sie wäre schon zu Ende", so Friedrich. "Der Dirigent macht sich dann auch immer einen Spaß daraus, die Arme wirklich runterzulassen, damit das Publikum denkt, jetzt soll es applaudieren."
Insofern sind Pausen auch fürs Publikum ein gewisser Angstmoment - auch die Pausen zwischen den Sätzen einer Sinfonie: Soll man klatschen oder nicht?
"Mein Klavierlehrer sagte immer: Es ist ganz einfach, klatsche nie als Erster", sagt Uwe Friedrich. "Das hilft auch nicht immer, weil es manchmal so Schlaumeier gibt, die reinpreschen, und dann klatscht man mit."

Wann darf applaudiert werden?

Noch im 19. Jahrhundert hätten sich alle Komponisten gewundert, wenn nicht geklatscht worden wäre zwischen den Sätzen, so unser Musikkritiker. "Es gibt auch Schilderungen, wo dann Wiederholungen von Einzelsätzen, also Binnensätzen mitten in der Sinfonie, gefordert wurden, und die haben sich alle gefreut dadrüber. Erst später kam es auf im Bürgertum, dass eine Weihe, Pseudoreligion aus der Musik gemacht hat, die uns höhere Dinge erläutert im Konzertsaal."
Es gebe einige Werke des späten 19. Jahrhunderts und frühen 20. Jahrhunderts, wo man tunlichst nicht reinklatschen sollte, räumt Friedrich ein. "Aber wenn das denn doch passiert, finde ich eigentlich die Leute, die das niederzischen, fast noch ärgerlicher. Denn wenn so ein Publikum wirklich begeistert ist, auch wenn es manchmal ganz naiv begeistert ist, weil es das tatsächlich zum ersten Mal hört und so mitreißend fand, ja, dann sollen sie doch applaudieren."
Die Lieblingspause unseres Musikkritikers ist übrigens das Finale der Oper "Jenufa" von Leos Janacek.
"Das ist die spektakulärste Generalpause der Operngeschichte", sagt Friedrich. "Da geht mir jedes Mal das Herz auf."
(uko)

Lesen und hören Sie aus unserer Reihe "Pausen" auch das Gespräch mit dem Soziologen Hartmut Rosa über Denkpausen sowie das Interview mit dem Psychologen Johannes Wendsche zum Thema Arbeitspausen.

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