Regisseurin über Lehren aus der Coronakrise

„Es wird eine neue Normalität geben“

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Die Regisseurin Yana Ross zuhause.
Intime Eindrücke aus dem Homeoffice sind jedenfalls schon Normalität geworden. Dieses Foto schickte uns Yana Ross nach der Aufzeichnung des Gesprächs. © Yana Ross
Yana Ross im Gespräch mit Vladimir Balzer · 18.04.2020
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Die Regisseurin Yana Ross hat den 11. September hautnah miterlebt. Nun erlebt sie die Coronapandemie. Dinge, die jetzt fehlten, würden wiederkommen, wenn auch anders, sagt sie. Menschen seien nämlich erstaunlich stark darin, etwas Neues aufzubauen.
Die Theater sind nicht nur für das Publikum geschlossen, sondern auch für Regisseure und Schauspieler. Proben finden momentan gar nicht oder eben zu Hause statt, dann meistens vor dem Bildschirm in einer der vielen Videokonferenzen.
Auch das Stück "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung" nach dem Roman von Ottessa Moshfegh ist vom Corona-Shutdown betroffen. Eigentlich sollte es Ende April am Schauspielhaus Zürich Premiere feiern – inszeniert von Yana Ross.

Gefühl für eine globale Katastrophe

Die Regisseurin hat den 11. September hautnah in New York miterlebt. Als Fernsehproduzentin war sie nur wenige hundert Meter von den einstürzenden Twin Towers entfernt. Seitdem ist die Welt eine andere, ist Ross eine andere: "Das hat großen Einfluss auf mich bis heute."
Ihre Schauspieler hätten nun durch die Coronapandemie ebenfalls ein Gefühl für eine globale Katastrophe, sagt die Regisseurin. Sie machten jetzt das durch, was die Protagonistin des Romans durchmache: Diese schließt sich in ihrem New Yorker Apartment ein, um ihr Leben zu verlangsamen. Die Proben und Absprachen zwischen Ross und ihrem Ensemble finden nun via Zoom im Multiscreen statt.

Es werde keine Rückkehr zur sogenannten Normalität geben, meint Ross. "Es wird eine neue Normalität geben, die uns künstlerisch voranbringen wird." Dazu vergleicht sie die heutige Situation mit der vom 11. September 2001:
Multi-Screen mit 24 Teilnehmern.
So sieht eine Theaterprobe in Zeiten des Corona-Shutdowns aus: Ein Zoom-Meeting, an dem Yana Ross und das Ensemble des Schauspielhauses Zürich teilnehmen.© Yana Ross
"Es gab dieses Gefühl: Nichts wird mehr sein wie zuvor; dass Dinge nicht mehr wiederkommen werden. Mein Körper erinnert sich aber daran, dass Dinge doch wieder zurückkommen. Sogar, wenn wir das Gefühl haben, uns an einem falschen Ort zu befinden und vieles zu verlieren – wir Menschen sind erstaunlich stark darin, zu widerstehen, zu lernen, etwas Neues aufzubauen."

Theater ist besonders widerstandsfähig

Besonders das Theater sei eine der widerstandsfähigsten künstlerischen Ausdrucksformen. "Wie oft wurden Theater geschlossen, über Jahre hinweg – wegen Katastrophen und Pandemien. Die Theater haben jedes Mal wunderbar überwintert. Und jedes Mal, wenn sie da wieder rausgekommen sind, waren das machtvolle historische Momente."

(ckr)
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