Regisseure über "Feminista, Baby!"

Der Zorn von Valerie Solanas

Auf dem Bild sind Jörg Pose, Bernd Moss und Markwart Müller-Elmau in der Inszenierung "Feminista, Baby!" des Deutschen Theaters Berlin zu sehen.
Jörg Pose, Bernd Moss und Markwart Müller-Elmau in der Inszenierung "Feminista, Baby!" des Deutschen Theaters Berlin © Deutsches Theater Berlin / Arno Declair
Tom Kühnel und Jürgen Kuttner im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 20.10.2017
Die Schüsse auf Andy Warhol machten die Feministin Valerie Solanas berühmter als ihr genauso radikales wie komisches "SCUM"-Manifest. Die Theaterregisseure Tom Kühnel und Jürgen Kuttner entdecken darin nicht nur Zorn, sondern auch Visionen.
Drei Schüsse machten sie berühmt: Im Juni 1968 kaufte Valerie Solanas sich eine Pistole, ging in die Factory, zielte auf Andy Warhol und verletzte ihn schwer. So schwebt selbst über dem Nachruhm der radikalen Feministin der Schatten eines Mannes - dabei wollte sie genau die eigentlich abschaffen: die Männer.
"Das Leben in dieser Gesellschaft ist ein einziger Stumpfsinn, kein Aspekt der Gesellschaft vermag die Frau zu interessieren, daher bleibt den aufgeklärten, verantwortungsbewussten und sensationsgierigen Frauen nichts anderes übrig, als die Regierung zu stürzen, das Geldsystem abzuschaffen, die umfassende Automation einzuführen und das männliche Geschlecht zu vernichten."
So beginnt Valerie Solanas' "SCUM-Manifesto – (Society for Cutting Up Men)". Die Feministin war einziges Mitglied dieser Gesellschaft zur Zerstückelung von Männern.
Die Feministin Valerie Solanas, aufgenommen im Jahr 1968 nach dem Attentat auf Andy Warhol
Die Feministin Valerie Solanas, aufgenommen im Jahr 1968 nach dem Attentat auf Andy Warhol© dpa/picture alliance/UPI
"Es geschieht nicht oft, dass ich jemanden erschieße", sagte die damals 32-Jährige in der Gerichtsverhandlung – und: "Lest mein Manifest, das erklärt euch, wer ich bin." Weichgespült ist darin nichts.
"Obwohl er von Schuld- und Schamgefühlen, Angst und Unsicherheit aufgefressen wird und – wenn er sich glücklich fühlt – nur ein kaum wahrnehmbares körperliches Gefühl aufbringt, ist er gleichwohl wie besessen aufs Vögeln aus; er wird durch einen See voll Rotz schwimmen, meilenweit durch bis zur Nase reichende Kotze waten, wenn er nur glaubt, dass am anderen Ufer ein freundliches Vötzchen auf ihn wartet."
"Feminista, Baby!" heißt ein Theaterstück am Deutschen Theater Berlin, in dem die Regisseure Tom Kühnel und Jürgen Kuttner ihre Schauspieler in Annäherung an das Manifest dem Zorn und den Visionen von Valerie Solanas aussetzen – ein rein männlicher Cast. Vielleicht steckt genau dahinter ja auch ein kleiner Rachegedanke. (cwu)

Hören Sie dazu auch ein Gespräch mit unserer Kritikerin Eva Behrend in unserer Sendung "Fazit" am 21.10.2017.
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