Regierungserklärung zu Afghanistan-Mandat

Von Michael Groth, Hauptstadtstudio |
"Die Freiheit des Westens wird auch in Vietnam verteidigt" – deja-vu? Der Spruch aus den 60er-Jahren liest sich heute anders: Deutschland, so ein auch jetzt von der Kanzlerin bemühtes Zitat des ehemaligen sozialdemokratischen Verteidigungsminister Struck, werde am Hindukusch verteidigt. Es ist keineswegs sicher, dass Afghanistan nicht zum Vietnam der NATO und ihrer Verbündeten wird.
Immerhin fand Angela Merkel im ersten Teil ihrer Rede die richtigen Worte. Es geht beim internationalen Einsatz am Hindukusch weder nur um das Bauen von Brücken noch darum, Mädchen in die Schule zu schicken. Brücken sind wieder zerstört, Mädchen werden wieder vom Schulbesuch ausgeschlossen. Damit das nicht so bleibt, müssen die bekämpft werden, die Solches zu verantworten haben. Dies muss mit Waffen geschehen. Das sagt die Kanzlerin inzwischen ebenso deutlich wie der Verteidigungsminister. Alles andere als der Begriff Krieg wäre dafür unredlich.

Das ist die richtige Botschaft – vor allem an die Soldaten, die jeden Tag ihr Leben riskieren, weil der Deutsche Bundestag sie in einen gefährlichen Auftrag geschickt hat.

Der Mehrheit der Deutschen, die den Einsatz ablehnt, werden die Worte der Kanzlerin nicht genügen. Aussagen über Ausrüstung, Bewaffnung und medizinische Versorgung der Soldaten fehlten in der Regierungserklärung. Und es fehlte, noch wichtiger, ein konkreter Hinweis darauf, wann die Bundesregierung sich aus einem Krieg zurückzieht, der nicht zu gewinnen ist.

Mit Blick nach vorn also nichts Neues von der Kanzlerin. Gleiches gilt für den Blick zurück. Für den war heute Verteidigungsminister zu Guttenberg zuständig. Vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss musste er erklären, warum er den vom deutschen Oberst Klein befohlenen Angriff auf zwei Tanklaster bei Kundus, bei dem viele Zivilisten umkamen, nach seiner Amtsübernahme im November zunächst als "angemessen", wenig später aber als "unangemessen" bezeichnete.

Zu der neuen Einschätzung kam er angeblich aufgrund militärischer Berichte, die ihm zunächst nicht vorlagen. Einer dieser Berichte wurde ihm, so sagt er, bewusst von der Spitze des Ministeriums vorenthalten. Deshalb habe er die Verantwortlichen, Generalinspekteur Schneiderhahn und Staatssekretär Wiechert, entlassen.

Zu Guttenberg lässt die Opposition ins Leere laufen, wenn er fragt, ob ein Minister seine Meinung nicht korrigieren dürfe. Der CSU-Politiker ist viel zu geschickt, als sich vom Ausschuss auf ungesichertes Gelände locken zu lassen. Das Verhalten von Oberst Klein am 04.09.2009 ist juristisch geklärt. Der damals verantwortliche Minister Jung hat die Konsequenz seiner kommunikativen Unfähigkeit gezogen und ist zurückgetreten. Der Kundus-Untersuchungsausschuss wird dennoch weiter tagen: Herauskommen wird kaum noch etwas. Am Lack des neuen Ministers sind einige Schrammen. Die werden zu Guttenberg kaum stören. Er sollte seine Energie jetzt darauf verwenden, die Bundeswehr so rasch wie möglich aus Afghanistan herauszubringen.