Regierungsbildung

Alles andere als die Ampel wäre eine echte Überraschung

08:30 Minuten
Drei Wahlplakate stehen nebeneinander, von SPD, Grünen und FDP.
Schon im Wahlkampf vereint: SPD, Grüne und FDP. © picture alliance / dpa / Goldmann
Nikolaus Blome im Gespräch mit Jana Münkel · 06.10.2021
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Grüne und FDP haben beschlossen, Gespräche über eine Regierungsbildung mit der SPD zu führen. Das sei auch der Wählerwille, betont der Journalist Nikolaus Blome. Der CDU attestiert er überdies fehlende Verhandlungsfähigkeit.
Im Ringen um die Regierungsbildung in Deutschland geht der Weg in Richtung Ampel-Koalition. Die FDP stimmte einem Vorschlag der Grünen für ein Dreier-Sondierungsgespräch mit der SPD zu. FDP-Parteichef Lindner bot SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ein solches Treffen bereits für diesen Donnerstag an.

Schnittmengen in der Gesellschaftspolitik

Die SPD, die bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden war, wirbt seit Tagen für ein Ampel-Bündnis unter ihrer Führung. Auch für die Grünen ist dies die bevorzugte Option. Co-Parteichef Robert Habeck verwies auf "Schnittmengen" vor allem in der Gesellschaftspolitik.
Er betonte allerdings auch, dass damit noch keine endgültige Entscheidung über das künftige Regierungsbündnis gefallen ist. "Das heißt, dass der Keks noch lange nicht gegessen ist", sagte Habeck.
In der Union wird das mitunter schon so empfunden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht CDU und CSU nur noch in der Rolle der Beobachter. "Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen", twitterte der CDU-Politiker.
Es sei der Wählerwille, dass SPD, Grüne und FDP miteinander sprächen, betont der Journalist Nikolaus Blome. Argumente dafür zu finden, mit der Union, dem Verlierer der Wahl, zu verhandeln, wäre schwer gewesen.

Laschet steht für "unsicheres Terrain"

Blome, der bei RTL das Ressort "Politik und Gesellschaft" leitet und Kolumnist beim "Spiegel" ist, attestiert der CDU derzeit noch nicht einmal die Fähigkeit dazu. Die Partei habe momentan niemanden, der große Zugeständnisse machen könne und dessen Unterschrift dann gelte, sagt er.
Mit CDU-Parteichef Laschet zu verhandeln, hieße, sich auf "unsicheres Terrain" zu begeben, so Blome. Letztendlich habe sich die CDU weitgehend selber aus dem Spiel genommen.
Laschet selbst sieht das naturgemäß anders. Der CDU-Chef machte in einer kurzen Erklärung vor TV-Kameras in Düsseldorf klar, an der Möglichkeit einer Regierungsbildung unter Führung der Union festhalten zu wollen.
Auf Unterstützung von CSU-Chef Söder braucht er dabei aber nicht mehr zu hoffen. Söder sprach von einer "de-facto-Absage" durch Grüne und FDP: "Der heutige Tag ist das Signal Vorentscheidung, die gilt es anzuerkennen."
Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sei nun die "klare Nummer eins", sagte Söder in München. Und CDU-Vize Julia Klöckner sieht ihre Partei schon vor einem weitreichenden Umbruch. "Nach 16 Jahren Regierungsführung stehen wir vor einer Zäsur. So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen."

Grundüberzeugungen treffen aufeinander

Wie es nun mit SPD, Grünen und FDP weitergeht, ist möglicherweise weniger klar als manch politischer Beobachter denkt. In den anstehenden Gesprächen werde es nun nicht mehr um Vertrauensbildung, sondern um fundamentale, stark aufgeladene Positionen gehen, sagt Blome.
Sprich: um Grundüberzeugungen. Diese unter einen Hut zu bekommen, werde "extrem schwer", ist der Kolumnist überzeugt. Dennoch: Bisher hätten die drei Parteien ein gutes Tempo vorgelegt: "Jetzt schauen wir mal, wie sie sich auf der Strecke verhalten."
(ahe/afp/rtr)
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