Regenbögen auf Briefpapier
Es ist ihre eigene Geschichte, die Katja Hildebrand in "Zwischen uns die Mauer" aufgeschrieben hat: Katja (16) aus dem Westen und Markus (18) aus Ostberlin verlieben sich, doch zwischen den beiden steht die Mauer. Nachdem diese schließlich gefallen ist, stehen sie sich wieder gegenüber. Jetzt, zwanzig Jahre später, hat Katja Hildebrand die Erinnerungen an ihre große Liebe zu Zeiten des Kalten Krieges zu einem aufrüttelnden Jugendbuch zusammengefügt.
Die ehemalige DDR ist "in", im Film wie in der Literatur. Heute, sechzehn Jahre nach dem Fall der Mauer, gibt es mehr ernsthafte Auseinandersetzungen mit den Spuren, die das System im Leben seiner Bürger hinterlassen hat, als gleich nach der Wende. Das trifft nicht nur auf Filme und Bücher für Erwachsene zu, sondern auch auf die Jugendliteratur.
Das Umschlagbild von Katja Hildebrands Thienemann-Titel "Zwischen uns die Mauer" – vorne die beschmierte Mauer, von Westen gesehen, dahinter das halb verdeckte Brandenburger Tor, oben ein Seiltänzer über dem Abgrund – ruft den Eindruck hervor, es handle sich um einen Flucht-Roman. Doch das ist nicht der Fall. Es ist ihre eigene Geschichte, die die 1968 geborene Autorin aufgeschrieben hat:
Katja aus dem Westen und Markus aus Ostberlin, sechzehn und achtzehn Jahre alt, lernen sich 1984 bei einem Jugendgruppen-Treffen in Ostberlin kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Eine unmögliche Liebe, denn zwischen den beiden steht die Mauer. Fast ein Jahr lang versuchen sie es trotzdem, schreiben sich mehrmals in der Woche und treffen sich wenige Male in Ostberlin. Aber das Bewusstsein, keine Zukunft zu haben, wird immer schmerzhafter – sie trennen sich. Was bleibt, ist eine gute Brieffreundschaft. Nachdem schließlich 1989 die Mauer gefallen ist, stehen Katja und Markus sich wieder gegenüber …
Zwanzig Jahre später hat Katja Hildebrand die Briefe von damals und ihre Erinnerungen an ihre große Liebe zu Zeiten des Kalten Krieges zu einem aufrüttelnden Jugendbuch zusammengefügt. Im Vordergrund steht die Liebesgeschichte, ebenso mitreißend wie unmöglich. Die beiden jungen Menschen durchlaufen ein Wechselbad der Gefühle, Euphorie und Enttäuschung, Glück und Sehnsucht, Wut und Resignation. Erstaunlich sind die ungeschützte Offenheit, mit der sie sich begegnen, und die Reife, die aus ihren Briefen spricht. Diese Geschichte ist voller Hoffnung und Traurigkeit zugleich, aber nie deprimierend, denn der Leser weiß von Anfang hat, dass ganz am Schluss doch ein Happy End winkt.
Doch "Zwischen uns die Mauer" ist auch ein politisches Buch. Nicht nur, weil die Zustände in der ehemaligen DDR sehr deutlich geschildert werden. Sondern auch, weil die jungen Leute viel diskutieren: über die Hintergründe der Entstehung der beiden deutschen Staaten oder über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik und das, am Beispiel von Arbeitslosigkeit und hohen Mieten beispielsweise, durchaus kritisch.
Trotz ihrer eindeutigen Absage an die Diktatur des SED-Regimes hat Katja Hildebrand ein gerechtes Buch geschrieben, das seine jugendlichen Leser für die Stärken und Schwächen unserer Demokratie sensibilisieren kann.
Schließlich ist "Zwischen uns die Mauer" auch eine lustvolle Liebeserklärung an die Stadt Berlin. Nicht nur an West-Berlin mit seinen vielen kreativ-bunten "Szenen" der 80er Jahre, mit seinem Ku’damm-Glamour und seiner Bahnhof-Zoo-Tristesse. Auch an den Ostteil der Stadt mit seinen wunderbaren historischen Bauten und seinen heruntergekommenen Quartieren.
Was das Briefe-Schreiben für die beiden Liebenden damals bedeutete, können sich die Kids von heute mit ihrem Handy-Konsum, ihrem SMS-Gestammel und ihren Mail-Möglichkeiten kaum noch vorstellen. Darum ist dieses Buch auch eine Hommage an das Schreiben als intensive Möglichkeit, sich selbst auszudrücken und den anderen teilhaben zu lassen am eigenen Erleben.
Wirkt die Geschichte von Katja und Markus anfangs auch recht konventionell erzählt, so entwickelt sie – vielleicht gerade darum - doch sehr schnell eine Art Sog, eine innere Bewegung, die der äußeren nachfolgt. Wozu auch die vielen lebhaften Dialoge und Brief-Monologe beitragen. Wobei die Briefe in ihrer ganz unterschiedlichen Sprache und Emotionalität sehr deutlich zeigen, wie verschieden Katja und Markus sind und wie unterschiedlich sie mit ihrer schwierigen Situation umgehen.
Katja Hildebrand hat ihre Geschichte für ihre beiden Töchter aufgeschrieben und für alle anderen, die in deren Alter oder jünger sind. Für sie ist das geteilte Deutschland vor dem Mauerfall ja eine fremde, unbekannte Welt:
"Damit sie verstehen, wie das früher war, damals, als wir die Regenbögen auf die Briefe malten." Eine authentische, bewegende, aber nie sentimentale Geschichte über eine unmögliche Liebe, wie es sie – ob aus politischen Gründen oder anderen - immer und überall auf der Welt gab, gibt und geben wird.
Katja Hildebrand, Zwischen uns die Mauer.
Thienemann Verlag, Stuttgart 2006, 252 Seiten
Das Umschlagbild von Katja Hildebrands Thienemann-Titel "Zwischen uns die Mauer" – vorne die beschmierte Mauer, von Westen gesehen, dahinter das halb verdeckte Brandenburger Tor, oben ein Seiltänzer über dem Abgrund – ruft den Eindruck hervor, es handle sich um einen Flucht-Roman. Doch das ist nicht der Fall. Es ist ihre eigene Geschichte, die die 1968 geborene Autorin aufgeschrieben hat:
Katja aus dem Westen und Markus aus Ostberlin, sechzehn und achtzehn Jahre alt, lernen sich 1984 bei einem Jugendgruppen-Treffen in Ostberlin kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Eine unmögliche Liebe, denn zwischen den beiden steht die Mauer. Fast ein Jahr lang versuchen sie es trotzdem, schreiben sich mehrmals in der Woche und treffen sich wenige Male in Ostberlin. Aber das Bewusstsein, keine Zukunft zu haben, wird immer schmerzhafter – sie trennen sich. Was bleibt, ist eine gute Brieffreundschaft. Nachdem schließlich 1989 die Mauer gefallen ist, stehen Katja und Markus sich wieder gegenüber …
Zwanzig Jahre später hat Katja Hildebrand die Briefe von damals und ihre Erinnerungen an ihre große Liebe zu Zeiten des Kalten Krieges zu einem aufrüttelnden Jugendbuch zusammengefügt. Im Vordergrund steht die Liebesgeschichte, ebenso mitreißend wie unmöglich. Die beiden jungen Menschen durchlaufen ein Wechselbad der Gefühle, Euphorie und Enttäuschung, Glück und Sehnsucht, Wut und Resignation. Erstaunlich sind die ungeschützte Offenheit, mit der sie sich begegnen, und die Reife, die aus ihren Briefen spricht. Diese Geschichte ist voller Hoffnung und Traurigkeit zugleich, aber nie deprimierend, denn der Leser weiß von Anfang hat, dass ganz am Schluss doch ein Happy End winkt.
Doch "Zwischen uns die Mauer" ist auch ein politisches Buch. Nicht nur, weil die Zustände in der ehemaligen DDR sehr deutlich geschildert werden. Sondern auch, weil die jungen Leute viel diskutieren: über die Hintergründe der Entstehung der beiden deutschen Staaten oder über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik und das, am Beispiel von Arbeitslosigkeit und hohen Mieten beispielsweise, durchaus kritisch.
Trotz ihrer eindeutigen Absage an die Diktatur des SED-Regimes hat Katja Hildebrand ein gerechtes Buch geschrieben, das seine jugendlichen Leser für die Stärken und Schwächen unserer Demokratie sensibilisieren kann.
Schließlich ist "Zwischen uns die Mauer" auch eine lustvolle Liebeserklärung an die Stadt Berlin. Nicht nur an West-Berlin mit seinen vielen kreativ-bunten "Szenen" der 80er Jahre, mit seinem Ku’damm-Glamour und seiner Bahnhof-Zoo-Tristesse. Auch an den Ostteil der Stadt mit seinen wunderbaren historischen Bauten und seinen heruntergekommenen Quartieren.
Was das Briefe-Schreiben für die beiden Liebenden damals bedeutete, können sich die Kids von heute mit ihrem Handy-Konsum, ihrem SMS-Gestammel und ihren Mail-Möglichkeiten kaum noch vorstellen. Darum ist dieses Buch auch eine Hommage an das Schreiben als intensive Möglichkeit, sich selbst auszudrücken und den anderen teilhaben zu lassen am eigenen Erleben.
Wirkt die Geschichte von Katja und Markus anfangs auch recht konventionell erzählt, so entwickelt sie – vielleicht gerade darum - doch sehr schnell eine Art Sog, eine innere Bewegung, die der äußeren nachfolgt. Wozu auch die vielen lebhaften Dialoge und Brief-Monologe beitragen. Wobei die Briefe in ihrer ganz unterschiedlichen Sprache und Emotionalität sehr deutlich zeigen, wie verschieden Katja und Markus sind und wie unterschiedlich sie mit ihrer schwierigen Situation umgehen.
Katja Hildebrand hat ihre Geschichte für ihre beiden Töchter aufgeschrieben und für alle anderen, die in deren Alter oder jünger sind. Für sie ist das geteilte Deutschland vor dem Mauerfall ja eine fremde, unbekannte Welt:
"Damit sie verstehen, wie das früher war, damals, als wir die Regenbögen auf die Briefe malten." Eine authentische, bewegende, aber nie sentimentale Geschichte über eine unmögliche Liebe, wie es sie – ob aus politischen Gründen oder anderen - immer und überall auf der Welt gab, gibt und geben wird.
Katja Hildebrand, Zwischen uns die Mauer.
Thienemann Verlag, Stuttgart 2006, 252 Seiten