Referendum in Griechenland

Zwischen Bankrott und schwierigen Verhandlungen

Ein Zeitungsstand in Athen am Tag vor dem Referendum
Plakate der Nein-Kampagnen vor dem Referendum in Griechenland © AFP / LOUISA GOULIAMAKI
Von Annette Riedel · 04.07.2015
Grexit oder Aus für die Tsipras-Regierung: Vor dem Referendum der Griechen am Sonntag geht man in Brüssel und Europas Hauptstädten die Handlungsoptionen durch. Klar ist: Gleich wie der Entscheid ausfällt, eine schnelle Lösung für das Land wird es nicht geben.
Vor dem Referendum in Griechenland wollte EU-Kommissionspräsident Juncker am Freitag nicht mehr viel dazu sagen. Aber das Wenige, was er sagte, war deutlich:
"Selbst im Falle eines 'Ja' liegen schwierige Verhandlungen vor uns. Bei einem 'Nein' wäre die griechische Position dramatisch geschwächt."
Der luxemburgische Ministerpräsident Bettel warnte anlässlich des Beginns der luxemburgischen EU-Präsidentschaft vor den Konsequenzen des Referendums für alle Beteiligten:
"Wir werden das Ergebnis zu akzeptieren haben"
"Es geht um nicht weniger als die Frage, ob wir Europa zerlegen wollen oder zusammenbleiben wollen. Wir werden das Ergebnis zu akzeptieren haben."
Die Griechen hätten nun die Wahl, aber sie sollten wissen, worüber sie in dem Referendum abstimmen.
Bettel: "Ein 'Nein' würde die Verhandlungen weiter komplizieren. Die Griechen müssen sich entscheiden. Es ist kein Referendum für oder gegen die Regierung Tsipras."
Griechisches "Ersatzgeld" hätte kaum absehbaren Folgen
Unterdessen geht man in Brüssel und in den Hauptstädten die verschiedenen Szenarien durch, welche Handlungsoptionen es im Falle eines "Ja" der Griechen zu den Reformen gibt – und welche im Falle eines "Nein" blieben. Gut möglich, dass der Spielraum für Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurozone bei einem "Nein" ausgereizt ist. Das würde in der Konsequenz dazu führen, dass Griechenland tatsächlich de facto aus der Euro-Zone rutschen würde. Es käme buchstäblich nicht mehr an Euro, müsste schnell irgendeine Form von Ersatzgeld einführen. Diese würde aber im Prinzip in der Eurozone als "Falschgeld" gelten, weil das einzige Zahlungsmittel der Euro ist, mit bisher kaum absehbaren Folgen – in erster Linie für Griechenland.
Aber auch im Falle eines "Ja" zu Reformen wird es schwer sein, schnell eine Lösung für Griechenland zu finden. Schon allein deshalb, weil das wohl in der Tat das Aus für die Tsipras-Regierung bedeutete und in Athen umgehend ein neuer Verhandlungspartner gefunden werden müsste.
Eine Art Notfall-Regierung aller relevanter Parteien
Der politische Analyst vom Brüsseler European Policy Center, Janis Emmanouilidis, mit besten Verbindungen nach Griechenland, glaubt, dass es in diesem Falle zu einer Art Notfall-Regierung aller relevanter Parteien in Griechenland käme.
Emmanouilidis: "In jedem Fall kommt der Europäischen Nationalbank wie schon mehrmals in der Euro-Krise eine entscheidende Rolle zu. Sie hat es in der Hand, die unmittelbare Geldknappheit, die die Griechen ganz konkret an den Geldautomaten zu spüren bekommen, wo sie nur begrenzt Geld bekommen, zumindest zu lindern. Die EZB könnte ihre Notkredite für Griechenlands Banken aufstocken. Denen geht das Geld aus, nachdem in den letzten Wochen die Menschen Milliarden von ihren Konten abgezogen haben. So könnte die EZB der Eurozone zumindest Zeit erkaufen für Verhandlungen über ein neues Hilfspaket."
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