Reedereien

Mehr Ladung, weniger Gewinn

Reger Betrieb herrscht am Montag (15.08.2011) auf dem Container Terminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) in Hamburg.
Reger Betrieb auf dem Container Terminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) in Hamburg © picture alliance / dpa / Christian Charisius
Von Agnes Handwerk · 26.08.2014
An Ladung fehlt es nicht. Nur die Frachtraten sind gefallen, und das ganz besonders stark auf einer der wichtigen Handelsrouten zwischen Europa und Asien. Manchmal wird ein Container schon für 500 Euro verschifft. Wie kommt es zu solchen Dumpingpreisen?
Die "Portugal" der chinesischen Reederei Cosco hat nach 77 Tagen Fahrt von Qingdao entlang der südchinesischen Küste über Singapur und Rotterdam am Tollerort im Hamburger Hafen festgemacht.
Im Minutentakt greifen sich die Kranlaufkatzen einen Container, fahren hoch, den Ausleger entlang über das Schiff und platzieren eine Box nach der anderen im Laderaum. Containerbrücken, die in den Abendhimmel ragen, Terminals mit haushoch gestapelten mennigroten, blauen oder grünen Containern, mit diesem Bild werden regelmäßig die Berichte über Konjunktur- und Exportentwicklungen unterlegt. Im Schifffahrtsgeschäft spüren wir sehr schnell wie es um die Wirtschaftslage bestellt ist – weltweit, erklärt Alexander Geisler, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Schiffsmakler.
"Wir sind ein sehr stark internationaler Wirtschaftszweig. 90 Prozent des Welthandels gehen über das Schiff. Der Hamburger Hafen profitiert von den Exporterfolgen deutscher Unternehmen. Deswegen stehen wir relativ gut da."
An Ladung fehlt es nicht. Nur die Frachtraten sind gefallen und das ganz besonders stark auf einer der der wichtigen Handelsrouten zwischen Europa und Asien. Der Transport eines Standardcontainers kostet nach dem Shanghai Index im Durchschnitt 1300 Euro. Für chinesische Reedereien ist dieser Preis bindend. Für Schiffsmakler im Hamburger Hafen ist der Preis frei verhandelbar und soll sich nach Angebot und Nachfrage richten. Das hat derzeit zur Folge, dass ein Container ab Hamburg auch für die Hälfte verschifft wird, also für nur 500 Euro. Bevor ein Schiff halbbeladen ausläuft, so Verbandssprecher Alexander Geisler, akzeptieren Schiffsmakler derzeit Preise, die kaum mehr die Kosten decken. Die Auftraggeber verstehen zu pokern.
"Man versucht als Kunde der Reederei jeden kleinsten Vorteil für sich zu nutzen. D.h. wenn ich merke, ein Schiff wird nicht voll und ich will den Container noch an Bord bringen, so erwarte ich schon ein sehr günstiges Angebot. Durch das Überangebot an Tonnage waren die Reederei oftmals gezwungen bei dem einen oder anderen Federn zu lassen."
Ziemlich viele mussten Federn lassen, auch die führende Reederei Hapag-Lloyd. Als Aktiengesellschaft ist sie verpflichtet ihre Geschäftszahlen zu veröffentlichen und gab Ende Juli bekannt, dass der Containerverkehr trotz steigender Ladung weniger Gewinn eingefahren hat.
"Die niedrigen Frachtraten sind zum Teil ein hausgemachtes Problem, weil viele Reedereien sehr stark um Mengen im Konkurrenzkampf liegen und der Kampf um Mengen hat die Preise sehr stark nach unten gedrückt."
Erklärt Dirk Max Johns vom Verband Deutscher Reeder und kommt dann zu dem seiner Ansicht nach entscheidenden Grund:
"Viele der sehr großen Reedereien kämpfen tatsächlich um Marktanteile. Es geht dabei nicht rational um Erträge, die dabei erzielt werden, sondern es geht um einen Verdrängungswettbewerb von den drei größten Reedereien, die in Dänemark, der Schweiz und Frankreich sitzen, die sehr stark versuchen ihre Führungsposition zu behaupten und zu stärken."
Die drei größten Reedereien im Verbund - Veto in letzter Minute
Gemeint sind die dänische Reederei Maersk, die Mediterranean Shipping Company MSC mit Sitz in Genf und die französische Reederei CMA CGM. Die drei Großen, die an der Spitze der Weltrangliste stehen, wollten ihre Synergien bündeln und eine Allianz mit dem Kürzel P3 gründen. P3 ist bisher bekannt als Geheimbund korrupter italienischer Politiker, Richter und Unternehmer, die den Staat unterwandern wollten! Diese Namensgleichheit hat die Reederei- Allianz nicht gestört. Die USA haben dem Zusammenschluss zugestimmt, aber die chinesischen Kartellbehörden legten in letzter Minute ein Veto ein.
Nationale Interessen sind auch bei Dirk Max Johns herauszuhören. Zwar ist die Fusion von Hapag-Lloyd mit der chilenischen Reederei CSLAV, die in den kommenden Monaten vollzogen wird nicht vergleichbar mit der Marktmacht, die die P3 Allianz erlangt hätte, aber die Ziele sind die gleichen.
"Das ist die Effizienz und Kostenstruktur in den Reedereien und dazu muss man eine gewisse Größe erreichen inzwischen. Das andere ist die Preisseite, die man extern gegenüber den Kunden managen muss und die wird im Moment nicht vernünftig, rational gemanagt."
Der Preisverfall bei den Frachtraten hat auch damit zu tun, dass es bei dem Produkt "Transportdienstleistung" zwischen den Anbietern wenig Unterschiede gibt. Es verhält sich wie mit einer industriell gefertigten Massenware, erklärt Dirk Max Johns.
"Ein Container hat immer die die identischen Maße weltweit und ob ich einen Container auf das Schiff einer Reederei oder einer anderen bringe, unterscheidet sich für den Kunden zunächst nicht. Man kann sich dann nur differenzieren in der Pünktlichkeit, was für etliche Güter wichtig ist, aber für viele Güter auch nicht. Und man kann sich in der Dienstleistung differenzieren, aber ansonsten ist der große Fortschritt des Containers für die Reedereien wieder der Nachteil."
Nach einer Liegezeit von knapp zwei Tagen wird die "Portugal" wieder auslaufen. Ausgelegt für über 13.000 Standardcontainer, gehört sie zu den großen, die im Linienverkehr nach Südasien verkehren. Die Schiffe werden größer - und die Reedereien. Mit einem Konzentrationsprozess wollen die Reeder mit Frachtraten in Zukunft wieder richtig Geld verdienen.