Rechtsextremismus in Sachsen

Wie weit geht die Vernetzung rechter Gruppen?

Das Bild zeigt am unteren Rand schwarzgekleidete Polizisten in Kampfmontur mit Helm. Hinter ihnen eine große Menge rechtsgerichteter Demonstranten, viele rufen etwas und halten die geballten Fäuste nach oben. Man sieht viele hassverzerrte Gesichter unter ihnen.
27.08.2018, Sachsen, Chemnitz: Polizisten stehen in der Innenstadt am Karl-Marx-Monument bei einer Kundgebung der rechten Szene, um ein Aufeinanderprallen von rechten und linken Gruppen zu verhindern. © Jan Woitas / dpa
Hans Vorländer im Gespräch mit Ute Welty · 02.10.2018
In Chemnitz und andernorts in Ostdeutschland habe eine starke Vernetzung rechtsextremer und gewaltbereiter Gruppen stattgefunden, warnt der Dresdener Politikwissenschaftler Hans Vorländer. Auch Pegida habe ihren Teil dazu beigetragen.
Droht in Ostdeutschland die Etablierung einer überregionalen rechtsextremen, rechtsterroristischen Szene? Jedenfalls sehen viele die Verhaftung mutmaßlicher Rechtsterroristen der Gruppe Revolution Chemnitz am gestrigen Montag diesbezüglich als Alarmsignal.
"Hier gibt es in der Tat Befürchtungen, dass diese wie vielleicht auch andere noch nicht entdeckte Gruppierungen so etwas wie Terror von rechts in Deutschland ausüben möchten", sagte der Politikwissenschaftler Hans Vorländer (TU Dresden) im Deutschlandfunk Kultur.
So habe in Chemnitz und auch andernorts eine starke Vernetzung zwischen rechtsextremistischen und gewaltbereiten Gruppen stattgefunden. Diese rekrutierten sich aus ehemaligen Skinhead-Organisationen, aus Hooligans und Kampfsportlern.

"Gruppe Freital" eher ad hoc gebildet

Unklar sei derzeit allerdings noch, ob es auch organisatorische Verbindungen zur sogenannten "Gruppe Freital" gegeben habe. Deren Mitglieder waren bereits im März vom Oberlandesgericht Dresden wegen Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Vorländer vermutet, dass es sich aber um eine "ad hoc gebildete Gruppierung eben von Menschen und jungen Männern" handele. "In Freital war es eben so, dass es Bekannte waren, die aufgrund der Flüchtlingssituation glaubten, jetzt losschlagen zu müssen."
Der geschäftsführende Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Dresden, Hans Vorländer, stellt am 20.01.2016 in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) in Dresden (Sachsen) das neue Buch "PEGIDA - Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung" vor.
Konstatiert eine Vernetzung rechtsextremer Gruppen: der Dresdener Politikwissenschaftler Hans Vorländer.© picture alliance / dpa / Arno Burgi
Pegida sieht der Dresdener Politikwissenschaftler offenbar nicht als Teil dieser rechtsextremen Szene: dort seien zwar auch Rechtsextremisten mitgelaufen, aber zumindest anfangs sei Pegida nicht von rechtsextremistischen Gruppen dominiert worden. "Sondern es waren in der Tat viele Bürger, die dort unterwegs waren. Es war eine sehr heterogen, erratische zusammengesetzte Gruppe von Organisationen."

Pegida hat die Grenzen verwischt

Allerdings habe Pegida zu denen gehört, die durch Verrohung auf der Straße und eine entsprechende Rhetorik "die Grenzen zwischen legitimem, auch harten Protest auf der Straße und gewaltbereiten Aktionen" eingerissen hätten. "Da sind die Übergänge fließend geworden", so Vorländer. Man merke, dass einzelne Pegida-Vertreter, AfD, rechtsextreme Gruppierungen wie "Pro Chemnitz", Kampfsportler und Hooligans sich auf einmal zusammentäten.
"Und anscheinend halten diese Gruppierungen, wie jetzt eben auch in Chemmnitz, die Zeit für gekommen, öffentlich auftreten zu können, und – wie sie selbst glauben – eine Revolution sozusagen von rechts herbeiführen zu können", warnt der Politikwissenschaftler. "Da ist sozusagen im Augenblick eine Grenze überschritten und da muss man natürlich höllisch aufpassen, dass sich daraus nicht weitere Verschärfungen auf dem rechten Sektor ergeben oder eben auch es vermehrt dann zu terroristischen Anschlägen von rechts kommt."
(uko)
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