Recht gesprochen

Von Detlef David Kauschke |
Seit fünf Jahren gibt es das Beit Din, das Rabbinatsgericht der orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland. Es entscheidet über Scheidungsfälle, Religionszugehörigkeit und Übertritte zum Judentum. Vor kurzem kam es in Berlin zusammen.
Avraham Hale und David Gruzman sind die beiden Dajanim, die vom Israelischen Oberrabbinat in Jerusalem entsandt wurden, um jetzt gemeinsam mit den orthodoxen Rabbinern in Deutschland Recht zu sprechen. Ein Beit Din besteht aus drei Mitgliedern. In diesem Fall sind es neben den israelischen Dajanim jeweils die örtlichen Rabbiner, bei der jüngsten Sitzung der Berliner Gemeinderabbiner Yitshak Ehrenberg, Rabbiner Yaakov Ebert aus Würzburg und der Dortmunder Rabbiner Avichai Apel.

Insgesamt 35 verschiedene Fälle hatten die Rabbinatsrichter diesmal zu beraten. Über Details und Namen wird nichts verraten. Rabbiner Avichai Apel gibt nur Auskunft darüber, was ein Beit Din im Allgemeinen zu entscheiden hat: Scheidungsfälle, Feststellung der Religionszugehörigkeit, sonstige Streitfälle, und die Übertritte zum Judentum, die Giurim.

"Vor allem bei Familien, wo die eine die Ehepaar ist jüdisch oder wo der Vater jüdisch ist. Aber dann auch bei ganz normale Menschen, die es für sich wünschen."

Früher mussten die Entscheidungen in London, Brüssel und anderswo eingeholt werden, oder es wurden wechselnde Rabbinatsrichter eingeflogen. Das änderte sich vor fünf Jahren, als das Beit Din der ORD, der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland, eingerichtet wurde.

Eigentlich sollte es in jeder Stadt ein Rabbinatsgericht geben, meint Rabbiner Yaakov Ebert. Aber schon die Einrichtung des zentralen Beit Dins sei ein wichtiger Schritt für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.

"Wenn man braucht in Fall von - Gott behüte - Scheidungen oder Dinei Tora etc., man weiß, es gibt ein Beit Din hier. Man muss nicht in irgendwo Europa oder woanders hinlaufen. Beit Din ist ein ganz wichtiges Fundament für jüdisches Leben in jedem Land."

Eigentlich, so meinen die Rabbiner, könne und müsse ein Beit Din alle halachischen Entscheidungen treffen. Selbstverständlich würden staatlichen Gesetze anerkannt, gleichwohl gehören alle Streitfragen und religiösen Entscheidungen, die einzelne Juden oder die gesamte Gemeinde betreffen, vor ein Beit Din, betont Rabbiner Yitshak Ehrenberg.

"Wir müssen nur zu Din Tora gehen. Und Schulchan Aruch schreibt sehr sehr streng: Wenn jemand geht zu einem anderen Gericht geht, wäre es ein sehr harter Verstoß gegen die jüdische Religion. Und deswegen: Man soll alles erklären von Din Tora. Und die Tora hat auch Antwort auf alle Probleme."

Welche Antworten das sind, dass lernen die Rabbiner in ihrer fünf bis sieben Jahre dauernden Ausbildung, an die sich noch einmal eine mindestens siebenjährige Ausbildung zum Dajan anschließt. Die beiden Rabbinatsrichter aus Israel können zudem noch auf eine langjährige praktische Erfahrung verweisen. Ob es besondere Gegebenheiten der jüdischen Gemeinde in Deutschland gibt, die sie bei ihrer Arbeit berücksichtigen müssen? Dazu Rabbiner Avraham Hale:

"Bevor ich hierher kam, wusste ich nicht, ob es hier bestimmte Probleme gibt. Ich muss sie kennen lernen. Man braucht mehr Zeit. Halachot müssen für das ganze Volk Israel gelten. Schulchan Aruch ist einer. Es gibt keine Halachot nur für Deutschland, sie gehören allen."

Dennoch leben in Deutschland die wenigsten Juden wirklich nach den strengen Regeln des Judentums. Gleichwohl würden viele den orthodoxen Richterspruch suchen, meint Rabbiner Apel:

"Wir haben Baruch Haschem viele Juden in Deutschland die - ich würde nicht sagen, dass die alle orthodox leben, aber die richten sich nach die Orthodoxie und die Quelle des Talmud und die Halacha. Und die wünschen sich, wenn schon Giur, wenn schon Scheidung, wenn schon ein Din Torah zu haben, bei die orthodoxe Rabbiner. Weil man wünscht sich, dass die Entscheidung wird auch weltweit anerkannt."

Und, so versichert Rabbiner Apel, die weltweite Anerkennung der Entscheidungen des Beit Dins der ORD sei durch die beiden Dajanim des Israelischen Oberrabbinats gewährleistet.