Rebellische Jugendbewegung gegen Hitler

Szene aus dem Film "Edelweißpiraten"
Szene aus dem Film "Edelweißpiraten" © Palladio
Von Bernd Sobolla · 10.11.2005
Über die Widerstandsbewegung der "Edelweißpiraten" im Dritten Reich ist nur wenig bekannt. Das könnte sich nun mit dem gleichnamigen Film ändern, der jetzt in den Kinos läuft. Regisseur Niko von Glasow entwirft fernab von falschem Heldenpathos das Bild einer Jugendbewegung, die leidenschaftlich und rebellisch war.
Szene aus "Edelweißpiraten":
"Zwei Freunde von uns haben ein Brückensprenggerät gefunden. Als Bombenentschärfer kennst du dich da vielleicht aus. Man könnte ja z.B. …
- Eine Brücke in die Luft sprengen.
Ja, oder einen Nachschubzug, damit die an der Front keinen Nachschub mehr haben.
- Oder eine Waffenfabrik.
- Oder einen Essenszug.
Hey, hey, hey, das ist eine Nummer zu groß für euch!"

Die Edelweißpiraten, eine Ansammlung von Nazigegnern, kommt zusammen: Alles wenig organisiert, naiv und ohne klare Ziele, aber mit dem Willen, irgendwas zu machen. In einer doppelten Rückblende erzählt der Film die Geschichte der Widerstandsgruppe, die vor allem in Köln und dem Ruhrgebiet existierte, aus der Perspektive der Brüder Karl und Peter Ripke. Wobei Peter der Hitler-Jugend angehört und Karl Edelweißpirat ist.

Zunächst richtet sich der Widerstand der Edelweißpiraten gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Hitler-Jugend. Ihre Mitglieder lehnen militärischen Drill ab, hören Jazzmusik, malen Parolen an die Wand und verprügeln HJ-Mitglieder. Das ganze mit viel Abenteuerlust, aber ohne politisches Konzept.

Szene aus "Edelweißpiraten": "
Hey, Karl! Karl!
- Dorit, hau ab, lass mich in Ruhe!
Ich gehe auf Nazi-Jagd. Machst du mit?
- Was meinst du damit, Nazijagd?
Nazis abschießen, was sonst. "

Was zunächst wie eine wilde Jugendbewegung aussieht, verändert sich, als der entflohene KZ-Häftling Hans Steinbrück zu den Jugendlichen stößt. Er gibt dem Widerstand eine Richtung, plant Sabotage-Akte und das Verstecken von Juden. Wirkt der erste Teil des Films mit hastigen Kameraschwenks und schnellen Schnitten ziemlich unübersichtlich, ein bisschen chaotisch wie die Anfänge der Organisation, gewinnt der Film im zweiten Teil an Struktur.

Szene aus "Edelweißpiraten": "
Hans!
- Maria!
Die haben die Zilly.
- Was?
Die Gestapo ist in ihrer Wohnung. Die Zilly ist der Lockvogel. Die warten, dass du da auftauchst.
- Die bringe ich um.
- Ja, los! Wir erledigen sie. Wir erledigen sie alle.
Genau darauf warten die. Dass du da rein rennst und dich abknallen lässt. Und Zilly und die Kinder erschießen sie gleich mit. Hans, du musst hier weg! Hans! "

Regisseur Niko von Glasow entwirft fernab von falschem Heldenpathos das Bild einer Jugendbewegung, die leidenschaftlich und rebellisch war.

Niko von Glasow: "Ich bin in Köln geboren und komme aus einer intellektuellen, bourgeoisen Familie und habe davon noch nie gehört, von den Edelweißpiraten. Ich habe mich irgendwie gefragt: Warum habe ich davon noch nie gehört, wenn es so viele gab? Und das hat mich dann nicht losgelassen. "

Das Gespräch zum Thema mit Dr. Martin Rüther vom Kölner NS-Dokumentationszentrum, der selbst im vergangenen Jahr eine Edelweißpiraten-Ausstellung kuratiert und für eine CD mit Liedern der Edelweißpiraten interpretiert von jungen Kölner Bands verantwortlich zeichnet, finden Sie in der rechten Spalte.