Reaktionen auf UN-Klimagipfel

Indien treibt vor allem der hohe Energiebedarf

People commute on a smoggy morning near India Gate in New Delhi, India, on 8 November 2018. (Photo by Nasir Kachroo/NurPhoto) | Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
In Neu Dehli ist die Luft so verschmutzt, dass viele Menschen Atemprobleme haben. © Nasir Kachroo/NurPhoto/dpa
Silke Dietrich im Gespräch mitz Ute Welty  · 17.12.2018
Bei der Klimakonferenz in Katowice verabschiedeten die Delegierten ein neues Regelwerk, das Fortschritte verspricht. Aber für ein Land wie Indien, das für seine Milliardenbevölkerung einen riesigen Energiebedarf decken muss, fiel die Zustimmung schwer.
Zwei Wochen lang haben Delegierte aus 196 Staaten und der EU in Katowice über die Umsetzung des Pariser Klimavertrags verhandelt. Mit einiger Verspätung verabschiedeten die Mitgliedstaaten der Klimakonvention ein umfassendes Regelwerk zur Umsetzung des 2015 erreichten Pariser Klimavertrags. Einzig Indien machte während der Abschlusssitzung einen Vorbehalt geltend, betonte aber auch, es wolle sich zum Wohl aller hinter den Kompromiss stellen. Das riesige Land mit rund 1,3 Milliarden Einwohnern gilt beim CO2-Ausstoß als einer der größten Klimasünder.

Kohleförderung wird steigen

Umweltschutz und der riesige Energiebedarf stünden in Indien in einem scharfen Gegensatz, sagte sagte unsere Korrespondentin, Silke Diettrich in Neu-Dehli. Deshalb solle die Kohleförderung zunächst bis 2020 pro Jahr verdoppelt werden. Geplant sei, dutzende neue Kohlekraftwerke zu bauen. "Auch nach dem Klimaabkommen wird Indiens Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten weiter für tonnenweise klimaschädliche Treibhausgase sorgen." Das Land investiere zwar auch in Wind und Solarstrom, aber das werde nicht ausreichen, um den Energiehunger zu stillen – auch wenn das größte Solarkraftwerk der Welt in Indien sei. Viele indische Experten fänden es nicht fair, dass die Industriestaaten Indien predigten, dass der Schadstoffausstoß gesenkt werden sollte. Schließlich hätten sie selbst die Umwelt über Jahrzehnte ausgebeutet.
Indian fashion students, wearing anti-pollution masks, hold placards as they gather to participate in a march through a market place for creating awareness on air pollution in New Delhi, India, Friday, Nov. 2, 2018. With air quality reduced to "very severe" in the Indian capital region, authorities are bracing for a major Hindu festival featuring massive fireworks that threatens to cloak New Delhi with more toxic smog and dust. (AP Photo/Altaf Qadri) |
Indische Modestudentengingen im November in Neu Dehli auf die Straße, um gegen die massive Luftverschmutzung zu protestieren. © Altaf Qadri/dpa
Da in Indien immer noch viele Menschen über keinen Strom verfügten, werde die Debatte über sogenannte Klimagerechtigkeit mit Skepsis verfolgt, erläuterte Diettrich. Schließlich hätten auch sie ein Recht darauf, an einer wirtschaftlichen Entwicklung des Landes teil zu haben, laute eine gängige Sicht. Das Land wolle ähnlich wie China ab 2030 rund 40 Prozent seiner Energie ohne Kohle und Öl produzieren und setze deshalb vor allem auf Atomkraft. "Dahinter steht natürlich das Verlangen möglichst ungebremst wachsen zu können und natürlich das Verlangen nach Technologietransfer aus den reichen Industrieländern", sagte Diettrich. Aus indischer Sicht seien vor allem die Industriestaaten für den Klimawandel verantwortlich.

Schlechte Luft

Aber auch in Indien steige das Umweltbewusstsein. "Das hat vor allem mit der Luft zu tun", sagte Diettrich, die im Winter immer mit einer Gesichtsmaske zur Arbeit geht. Im Büro läuft immer der Luftfilter. "Indien ist ja absoluter, trauriger Spitzenreiter der ungesunden Luft in den Städten weltweit und die atmen eben mehrere dutzend Millionen Menschen ein." Darunter seien auch viele Leute aus der Mittel- und Oberschicht, deren Kinder oder sie selbst wegen chronischer Bronchitis oder Augenentzündungen in die Krankenhäuser kämen. "Da kommt der Druck jetzt natürlich auch aus den etwas reicheren Schichten, weil keiner daran vorbeikommt, diese Luft einzuatmen." Viele bekämen einfach keine Luft mehr, sagte Diettrich. (gem)
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