Reaktion auf die Übergriffe in Köln

Bundesregierung will schneller abschieben

Chaos im Schatten des Doms - Silvester 2015 in Köln
Chaos im Schatten des Doms - Silvester 2015 in Köln © dpa / picture-alliance / Markus Boehm
Von Johannes Kulms · 27.01.2016
Die Bundesregierung will kriminelle Asylbewerber schneller abschieben. Mit einem entsprechenden Beschluss reagierte das Kabinett auf die Silvester-Übergriffe in Köln. Bei Delikten wie Körperverletzung, Tötung oder Vergewaltigung und einer Verurteilung zu mindestens einem Jahr Haft soll künftig die Ausweisung folgen.
Das Bild, das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am frühen Mittwochnachmittag zeichnet, hat etwas Verblüffendes. Schließlich hat das Gezanke um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik zwischen Gabriels SPD, der CDU und der CSU in den letzten Tagen noch einmal an Intensität gewonnen. Doch der Vizekanzler stellt fest:
"Es gibt in der Bundesregierung keinen Streit. Es gibt einen Streit innerhalb der Unionsparteien. Und meine Aufforderung ist, den angemessen zu führen. Weil man natürlich in der Sache unterschiedlicher Meinung sein kann."
Die Bundesregierung ist handlungsfähig, behauptet Gabriel
Die Bundesregierung stelle seit Wochen ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis, sagt Gabriel. Und nennt als Beispiel die Verschärfung des Ausweisungsrechts für kriminelle Ausländer, wie sie das Kabinett am Vormittag beschlossen hatte.
Der Gesetzesvorschlag ist eine direkte Antwort auf die massenhaften sexuellen Angriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln aber auch in anderen deutschen Städten.
"Wenn es notwendig ist, muss Politik auch schnell reagieren können ..."
... sagt Bundesjustizminister Heiko Maas. In Zukunft werde es mehr Ausweisungsverfügungen für kriminelle Ausländer geben. Und in der Folge auch mehr Abschiebungen, so der SPD-Politiker. Das gelte bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Doch auch bei kürzeren Freiheitsstrafen sollen Ausweisungen vereinfacht werden, egal ob zur Bewährung ausgesetzt oder nicht.
Dabei kann es sich um Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung handeln.
Die Gesetzesverschärfung sei sinnvoll, aber auch notwendig, sagt Maas:
"Im übrigen auch im Sinne der hunderttausenden von Flüchtlingen, die hier bei uns sind und die unbescholten hier leben und die nicht mit Kriminellen in einen Topf geworfen werden."
Die Ausweisung führt nicht automatisch zur Ausreise
Maas hatte den Gesetzesvorschlag gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maiziere ausgearbeitet. De Maiziere macht derweil klar:
"Natürlich wissen wir, dass Ausweisung alleine noch nicht dazu führen, dass Ausländer unser Land verlassen. Dazu gehört dann entweder die freiwillige Ausreise oder die Abschiebung. Und natürlich gehören zum Vollzug der Abschiebung auch die Beseitigung bestimmter Hindernisse."
Die Bundesregierung bringt schärfere Gesetze auf den Weg, obwohl erst im Januar ein reformiertes Ausweisungsrecht in Kraft getreten war. Für Grünen-Fraktionschefin Kathrin Göring-Eckhardt der falsche Weg:
"Was die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, ist eine hilflose Aktion. Es ist kein Reagieren in der Sache, sondern es ist rein symbolisch. Auch heute schon können straffällig gewordene Migranten abgeschoben werden, das ist möglich."
Das Asylpaket II hat ein "Randproblem"
Beim seit Monaten umstrittenen Asylpaket II gibt es derweil Zeichen der Annäherung. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hält einen Kompromiss für möglich:
"Wir haben das Asylpaket I verabschiedet. Das Asylpaket II hat ein sozusagen Randproblem, das wir hoffentlich in dieser Woche klären."
Mit "Randproblem" dürfte Gabriel vor allem auf den Familiennachzug anspielen, bei dem SPD und CSU bisher weit auseinanderliegen. Im Gespräch sei, den Anspruch auf das Nachholen der sogenannten Kernfamilie für ein Jahr auszusetzen, sagte die parlamentarische SPD-Geschäftsführerin Christine Lambrecht. Der Kompromissvorschlag sieht vor, dass dies auch für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge gelten soll.
Am Donnerstag wollen die Spitzen von CDU, CSU und SPD über das Thema beraten.
Doch fraglich ist, ob die CSU bei alle dem mitgehen wird. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer macht für die Verzögerungen beim Asylpaket II allein SPD-Chef Gabriel persönlich verantwortlich. Bereits im November sei als Kompromiss eine zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs vereinbart worden. Wir wollen keinen Kompromiss vom Kompromiss, so Scheuer.
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