Rauswurf deutscher Journalisten in der Türkei

Ankara braucht klare Ansagen aus Berlin

06:15 Minuten
Thomas Seibert (l) und Jörg Brase bei einem Interview vor ZDF-Logo
Zur Ausreise gezwungen: Die Journalisten Thomas Seibert und Jörg Brase © dpa/ Christine Röhrs
Thomas Seibert im Gespräch mit Stephan Karkowsky  · 11.03.2019
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Zwei deutsche Journalisten mussten die Türkei verlassen, nachdem ihre Arbeitserlaubnis nicht wieder verlängert wurde. Der "Tagesspiegel"-Reporter Thomas Seibert wünscht sich nun klare Worte der Bundesregierung gegenüber Ankara.
Die Türkei hat mehreren deutschen Korrespondenten ihre Arbeitserlaubnis entzogen. Betroffen sind der Tagesspiegel-Reporter Thomas Seibert, der ZDF-Korrespondent Jörg Brase und der NDR-Fernsehjournalist Halil Gülbeyaz. Seibert und Brase verließen am Sonntag das Land, weil ihre Akkreditierung nicht mehr verlängert wurde. Gülbeyaz hat noch eine gültige Aufenthaltserlaubnis für die Türkei.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) steht im Auswärtigen Amt vor einer deutschen und einer EU-Flagge.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte den Rausschmiss der deutschen Journalisten als Eingriff in die Pressefreiheit. © dpa/Wolfgang Kumm
Von der Bundesregierung wünscht sich Seibert nun eine klare Ansage gegenüber Ankara.
"Man sieht auch, dass das allmählich geschieht", sagte er nach seiner Ankunft in Berlin im Deutschlandfunk Kultur. Die öffentlichen Äußerungen von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) enthielten genau die Botschaften, die bisher nur hinter verschlossenen Türen an die türkische Regierung gerichtet worden seien. Das sei auch richtig so, weil sich gezeigt habe, dass die Bundesregierung mit den vertraulichen Kontakten nicht besonders weit gekommen sei.

Rückhalt der Redaktion

Es sei einerseits traurig, dass er selbst nach 22 Jahren, die in der in der Türkei akkreditiert war, nun nicht mehr dort arbeiten könne, sagte Seibert. Andererseits habe er dort nichts mehr zu suchen, wenn ihm dort die freie Arbeit verwehrt werde.
"Ich werde auf jeden Fall weiter über die Türkei berichten." Die Redaktion des Tagesspiegel stehe zum Glück völlig hinter ihm. "Wir werden uns jetzt in den nächsten Tagen ein neues Modell überlegen."

Großer Paukenschlag

Die türkische Regierung habe offenbar ein Exempel statuieren wollen, sagte Seibert. Der Tagesspiegel sei die größte Hauptstadtzeitung und das ZDF einer der großen öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland.
"Hier wollte man einen großen Paukenschlag verursachen."
Ankara habe gedacht, dass die Redaktionen die Korrespondenten in der Türkei auswechseln würden. Die türkische Botschaft habe angeboten, die Akkreditierung für andere Kollegen zu prüfen. Das sei aber als Eingriff in die Pressefreiheit abgelehnt worden.

Schwierige Lage für türkische Journalisten

Seibert machte deutlich, dass die Lage für die türkischen Kollegen weitaus schwieriger sei. Mehr als 130 Journalisten und Journalistinnen säßen im Gefängnis. Viele hätten ihre Arbeit verloren, weil ihre Zeitungen oder Fernsehsender geschlossen wurden. Andere arbeiteten mit der Faust in der Tasche bei regierungsnahen Zeitungen, weil sie Geld verdienen müssten.
"Das ist schon eine sehr, sehr schwierige Situation", sagte Seibert. "Ich möchte hier auch gar nicht den Helden spielen. Ich konnte mich ins Flugzeug setzen und nach Berlin fliegen."
Für die türkischen Kollegen sehe das alles sehr viel härter aus.
(gem)
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