Rauchgewohnheiten der Verflossenen

Rezensiert von Tobias Rapp |
Bruno Preisendörfer erzählt in "Die letzte Zigarette" von einem Schriftsteller, der beim Versuch, einen Roman zu verfassen, scheitert. Zugleich erinnert er sich an seine ehemaligen Geliebten, vor allem an ihre Rauchgewohnheiten. Denn Preisendörfers Roman ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern eine geistreiche Abhandlung über das Rauchen in der Literatur.
Es fällt schwer, über den Roman "Die letzte Zigarette" von Bruno Preisendörfer zu schreiben. Wahrscheinlich ist es ohnehin falsch, so allgemein über dieses Buch zu sprechen. Also genauer: Dem Autor dieser Zeilen fällt es schwer, über "Die letzte Zigarette" zu schreiben, denn er hat vor zwei Monaten erst aufgehört zu rauchen. Von einem Tag auf den anderen, ohne irgendwelche Hilfsmittel, nach einer durchfeierten Nacht.

Das geht mal besser und mal schlechter, schlechter vor allem immer dann, wenn es ans Schreiben geht. Zu nah beieinander liegen Schreiben und Rauchen, zu sehr haben sie sich als gemeinsame Routinen in den Alltag geschlichen.

Ganz ähnlich dürfte es Bruno Preisendörfer gehen, der sich für den Zusammenhang von Schreiben und Rauchen ein eigenes Symbol hat einfallen lassen: ----~.

Immer wenn es für ihn, den Autor, beim Schreiben nicht mehr weitergeht, wenn er eine kleine Raucherpause einlegt, tippt er diese fünf Zeichen ein. Das passiert ziemlich häufig. Denn "Die letzte Zigarette" ist nicht nur ein Roman über die letzte Zigarette, es ist auch ein Buch über das Scheitern des Versuchs, einen Roman zu verfassen, und es ist ein Buch über eine ganze Reihe von Frauen, mit denen der namenlose Ich-Erzähler verbandelt war, und an die er sich vor allem über ihre Rauchgewohnheiten erinnert.

Da gibt es Melanie, Carmen, Philine, Anne, Kreta und Paula. Die vorletzte war seine Ehefrau, bis er sie mit der letzten betrog, dann ging die Ehe in die Brüche. Die eine hat den Ich-Erzähler zum Rauchen verführt, als er eigentlich schon aufgehört hatte, die andere hat er zum Rauchen verführt, während er an seinem Roman saß, einem historischen Roman über Jean Nicot, französischer Diplomat des 16. Jahrhunderts und Verfasser eines der ersten französischen Wörterbücher, aber eben auch Entdecker des Nutz- und Genusswertes der Blätter der Tabakpflanze. Das Nikotin wird viele Jahre später nach ihm benannt werden.

"Ein Liebesroman" hat Preisendörfer "Die letzte Zigarette" untertitelt, das ist er auch. Aber eben auch einiges mehr. Wie es sich für einen ehemaligen Literaturredakteur gehört, Preisendörfer hat viele Jahre für das Berliner Stadtmagazin "zitty" gearbeitet, ist sein Roman auch ein Buch über Literatur:

Er zitiert sich quer durch all die Raucherromane der Weltliteratur, zu allererst selbstverständlich "Zeno Cossini" von Italo Svevo, ein Buch über einen Mann, der sein ganzes Leben lang bei dem Versuch scheitert, seine letzte Zigarette zu rauchen. Es gibt auch kleine Einschübe, wie den schönen Scherz, inmitten des Romans eine Sammelrezension von Büchern zu der Frage "Wie gewöhne ich mir das Rauchen ab?" zu stellen, besonders dann, wenn ein Nichtraucher der Verfasser ist. Der die Schwierigkeiten, mit dem Rauchen aufzuhören so einfach wie kompliziert auf den Punkt bringt: "Dabei ist Nichtrauchen ganz einfach: nicht rauchen."

So einfach kann es sein. Das ist natürlich die Nichtraucher-Perspektive und vollkommen zu Recht führt sie im Buch zu einer großen Kontroverse. Aus der Raucherperspektive sieht das ganz anders aus, wenn auch ähnlich einfach. Die Probleme liegen wie immer in der Grauzone, da, wo Rauchen und Nichtrauchen ineinander übergehen. Davon handelt "Die letzte Zigarette": schlicht, elegant und geistreich.

Bruno Preisendörfer: Die letzte Zigarette
Eichborn Berlin, 2006
200 Seiten 16,90 Euro