Raubein mit Holzbein

Der Autor Roddy Doyle gilt in Irland als wichtiger Humorist. Gefeiert wurde unter anderem sein Roman "Paddy Clarke Ha Ha Ha", für den er den renommierten Bookerprize erhielt. Mit "Die Rückkehr des Henry Smart" vervollständigt er seine Trilogie über den irischen Freiheitskämpfer.
Wer zurückkehrt, wird schon einmal da gewesen sein. Genau das ist bei Henry Smart der Fall. Es ist nicht das erste, es ist das dritte Mal, das Roddy Doyle dem Raubein mit Holzbein, dem irischen Freiheitskämpfer Henry Smart einen Roman widmet, und so kommt nun seine Trilogie "The Last Roundup", die 1999 mit "Henry der Held" begann und die 2004 in "Jazztime" ihre Fortsetzung fand, mit "Die Rückkehr des Henry Smart" zu ihrem Ende. Zu einem guten Ende? Man will das so nicht sagen.

Denn alle drei "Smart"-Romane Doyles leiden unter der Aufschneiderei ihrer Hauptfigur. Sie redet nicht, sie rodomontiert. Und so lustig es ist, einem Prahlhans dabei zuzusehen, wie er maßlos übertreibt, so ermüdend kann das leider auch sehr schnell werden.

Wir bekommen also auch den abschließenden Teil der Trilogie aus dem Munde Henry Smarts präsentiert (dass es sich um eine Trilogie handelt, verschweigt der Verlag, wohl weil der erste Band derselben aushäusig erschienen ist). Gewiss, man lauscht diesem Rebellen aus Dublin zunächst einmal gern – und dass Doyle ein Meister des Dialogwitzes ist, beweist er auch hier. Die Handlung setzt dort ein, wo "Jazztime" endete: 1946 in der amerikanischen Wüste. Dort im Monument Valley trifft der in die Staaten vor Frau und Kind geflohene Smart auf den berühmten Regisseur John Ford, der seine Lebensgeschichte verfilmen will mit John Wayne und Maureen O’Hara – letztere nicht zufällig eine Irin.

Wie es am Set zugeht, wie mit Drehbuchautoren umgesprungen wird, auf welch wackligen Beinen die Finanzierung von Filmen oft steht, das alles kennt Doyle aus eigener Anschauung, weshalb er es auch einigermaßen unterhaltsam zu schildern versteht. Irgendwann aber überwerfen sich der Star-Regisseur und "sein IRA-Berater" Smart, Smart "schallert" Ford eine, weil der hinterrücks seine Lebensgeschichte hat umschreiben lassen, und macht sich 1951 fast 30 Jahre nach seiner Auswanderung in die Vereinigten Staaten (wo er u.a. mit Louis Armstrong zusammengearbeitet hatte) auf zurück in seine Heimat Dublin.

Dort arbeitet der alternde Smart als Gärtner und Hausmeister an einer Jungenschule, wo er, nach wie vor mit Filzhut und den ihm so teuren "Krokolederstiefeln" ausgestattet, eine respekteinflößende Erscheinung ist, die selbst prügelwütige Lehrer davon abzuhalten versteht, weiter zum Riemen zu greifen. 1966 sieht er, der einstige Mörder, im Fernsehen alte Weggefährten über den 50. Jahrestag der Osterwoche reden und denkt sich seinen Teil. 1974 wird der IRA-Kämpe in Dublin Opfer eines Bombenattentats der Ulster Volunteer Force.

Er, der so vielem schon getrotzt hat, überlebt auch das und stellt fest: "Ich war lebende keltische Mythologie, ich hatte biblische Dimensionen." Als Quasi-Heiligen und "Gesalbten", als ihr "Scheißmaskottchen" versuchen ihn schließlich die Kämpfer der IRA-Provisionals als ihren "Maulwurf" zu "aktivieren". Da ist er 79 Jahre alt – und seine Geschichte immer noch nicht am Ende angelangt. Roddy Doyle hat mit dem letzten Band seiner Trilogie sein Panorama der irischen Geschichte des 20. Jahrhunderts komplettiert: ein tragikomisches Buch, das einen aber eher kalt lässt.

Besprochen von Knut Cordsen

Roddy Doyle: Die Rückkehr des Henry Smart
Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann
Hanser Verlag 2013
382 Seiten, 21,90 Euro