Umgangston im Sport

Oft rau, roh und ruppig

03:51 Minuten
Deutsche Spieler bei der Handball-WM im Spiel gegen Argentinien: Paul Drux (rechts) kümmert sich um seinen Teamkollegen Luca Witzke (2. von rechts).
In dieser Szene bei der Handball-WM herrscht vermutlich eher kein rauer Ton. Doch: Geht es im deutschen Team auch verbal hart zur Sache, zum Beispiel in den Pausenansprachen? © dpa / picture alliance / Jan Woitas
Von Thomas Wheeler · 22.01.2023
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Der Sport hat neben eigenen Regeln auch seine eigene Sprache. Immer wieder wird verbal kräftig ausgeteilt – die Handball-WM ist sicherlich keine Ausnahme. Doch wo ist die Grenze?
"Jetzt halten Sie mal die Schnauze, setzen sich auf Ihren verdammten Arsch und hören mir zu.“ – Es geht nicht darum, hier jemanden zu beleidigen, aber so oder ähnlich hören das Sportlerinnen und Sportler immer wieder in der Kabinenansprache oder beim Training. Der Umgangston im Sport ist oft rau, roh und ruppig. Der Sport hat seine eigenen Regeln und auch seine eigene Sprache. Häufig geht man verbal nicht besonders fein miteinander um.
Andererseits heißt es ja auch immer wieder, man könne sich beim Sport abreagieren. Sind Leibesübungen also womöglich eine der letzten Oasen unserer Gesellschaft, wo wir so richtig aus uns herausgehen können? Und dann rutscht eben auch mal etwas über die Lippen, wo wir uns sonst wahrscheinlich auf die Zunge beißen würden.

Mehr Berichterstattung über Ruppigkeiten?

Auf Fußballplätzen ist deshalb oft ein Vokabular zu hören, bei dem man ob der Worte schon mal zusammenzucken kann – zum Beispiel der „Schwulenpass“. Doch ist der wirklich schon homophob oder nur ein Ausdruck von Dummheit? Und die ist bekanntermaßen nicht strafbar.
Lassen wir uns womöglich auch zu sehr von den weichgespülten Phrasen der Political Correctness im großen Sport blenden und glauben, im kleinen Verein müsse es genauso zugehen? Machen wir uns nichts vor: Wenn sich bei den Profis die Kabinentür schließt, geht es dort ähnlich zu wie bei den Amateuren.

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Doch woher rührt eigentlich der Eindruck, der Ton im Sport were immer rauer? Geschimpft wurde doch schon immer. Liegt es womöglich daran, dass heutzutage einfach mehr darüber berichtet wird? Oft über jeden noch so kleinen, zum Teil auch nichtigen Anlass.
Sportler, die die Tonalität für überzogen und unangemessen halten, sollten dies am besten sofort mit dem Absender klären. Vor allem, wenn Worte unter der Gürtellinie benutzt werden und der Betroffene sich dadurch verletzt fühlt. Dagegen etwas zu sagen, ist sicherlich nicht immer einfach, besonders wenn es eine Erwiderung auf den Trainer ist. Schließlich wird der ja als Autorität verstanden.

Kampagnen mit nur marginalem Einfluss

Leider allzu schnell werden verbale Fehltritte von Übungsleitern und Trainern dem psychischen Missbrauch gleichgesetzt. Aber lässt sich der so einfach definieren? Keine Frage: Wenn dies nachgewiesen werden kann, muss es harte Konsequenzen für die Täterin oder den Täter geben. Vor allem dann, wenn es um den Missbrauch gegenüber Schutzbefohlenen geht. Dann muss man aber auch mögliche Langzeitfolgen beim Opfer beobachten.
In der Bewertung verbaler Übergriffe liegen viele Grautöne, und man sollte, auch wenn Vorwürfe im Raum stehen, sehr vorsichtig mit Vorverurteilungen sein. Eine große Zahl angeblich Betroffener erhärtet nicht automatisch einen Verdacht, sorgt in ihrer Vehemenz aber womöglich für eine Täter-Opfer-Umkehr, die von den mutmaßlich Betroffenen ausgeht. Und wo verläuft eigentlich die Grenze dessen, was justiziabel ist?
Allein Appelle und Kampagnen werden das Bewusstsein und die Sprache von Athleten und Trainern nur marginal beeinflussen. Nichtssagende Ehrenkodexe helfen da kaum weiter. Können wohlformulierte Flyer verbale Wüteriche wirklich besänftigen? Zweifel sind hier sicher angebracht.
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