Ratschläge für gestresste Eltern
In Schweden ist Anna Wahlgren bereits eine Ikone in Sachen Kindererziehung. Die neunfache Mutter setzt in ihrem pädagogischen Konzept auf einfache Rezepte im Umgang mit Kindern. Vor allem aber zeigt sie, dass das Leben mit Kindern viel Spaß bereiten kann.
Wie spielt man eigentlich mit einem Säugling? Was mache ich, wenn ich ein Mama- Kind habe? Was tun, wenn der Säugling ständig umhergetragen werden will – wenn er nachts stündlich erwacht? Wann muss der Schnuller weg? Wie setze ich Grenzen?
Keine Frage, kein Aspekt in Sachen Kindererziehung ist Anna Wahlgren, dieser schwedischen Mutterikone, unbekannt. Täglich bombardieren Hunderte von Eltern Anna Wahlgrens Homepage mit entsprechenden Fragen und immer bekommen sie eine Antwort. Und zwar eine ausführliche und konkrete. Abstraktes Drumherumgerede findet man bei Anna Wahlgren nie.
Zielgerichtet wird das "Problem" beleuchtet, wobei man gleich klarstellen sollte, dass Anna Wahlgren im Zusammenhang mit Kindern kaum Probleme im eigentlichen Sinne sieht. Vielmehr sieht sie die Eltern und deren Problem, eine klare Position zu beziehen. Denn, so die Autorin, Kinder sind glückliche Wesen, deren Entwicklung einfach nur nicht gestört werden sollte, und die ihre Eltern eigentlich nur dazu brauchen, um ihnen den besten Weg ins Erwachsenenalter zu weisen.
Das gelingt am besten, wenn Eltern sich nicht ständig allzu große Sorgen um das Wohl der Kleinen machen, wenn sie nicht dauernd alles hinterfragen und einer Art Perfektionismus hinterherjagen, sondern den Dingen eher ihren natürlichen Lauf lassen und Vertrauen in die eigene Kraft haben.
Wohl deshalb beginnen viele von Anna Wahlgrens Ratschläge mit den Worten, "Das hört sich doch alles ganz toll an! Du bist auf dem richtigen Weg!" Oder: "Du solltest gar nicht soviel tun!" Gibt es aber doch mal ein wirkliches Problem, dann sind die Eltern nicht klar genug in ihrer Rolle als erzieherisches Vorbild. Und nicht die Kinder sind schuld! Einer übernächtigten Mutter, deren Sohn einfach nicht schlafen will, antwortet Anna Wahlgren: "Da hast du wohl etwas falsch gemacht!" und rät ihr zu einer Kur, die anstrengend, aber notwenig sei, um nicht weitere 500 Nächte wach zu sein.
Dabei entbehren die Probleme der Eltern nicht einer gewissen Komik. Wenn sie etwa einer besorgten Mutter schreibt, deren Tochter mit ihren Strümpfen spricht: "Natürlich ist es vollkommen normal mit den eigenen Strümpfen zu reden! Hättest Du denselben Einwand gehabt, wenn sie mit ihren Puppen und Teddys sprechen würde? Die Strümpfe sind doch auch Teil ihrer Welt. Nicht alle Kinder haben ihre Strümpfe so gern!" Eine erfrischend einfache Antwort, die stellvertretend für Anna Wahlgrens optimistische und ansteckende Lebensfreude steht. Eine Lebensfreude, die besagt, Kinder zu haben ist ein großes Glück, für sie zu sorgen ein noch größeres. Deshalb sollten sie – in den ersten drei Jahren auch zuhause versorgt werden - so die nicht unumstrittene Meinung der engagierten Autorin, die weiß, wovon sie spricht:
Anna Wahlgren ist selbst neunfache Mutter und elffache Großmutter. Sie hat eins ihrer Kinder verloren. Sie litt unter einer postnatalen Depression. Sie hat ihre Kinder teilweise allein großgezogen und das nicht gerade unter finanziell guten Bedingungen. Kurz: Dieser Frau ist nichts im Umgang mit Kindern fremd und das merkt man den Antworten, in die sie immer ihren gesamten Erfahrungsschatz wirft, einfach an. Ihr Rat ist glaubwürdig und praktisch! Allein das macht sie zum Glücksfall aller gestressten Eltern.
Dabei zielen ihre Ratschläge immer in die gleiche Richtung: Eltern müssen die Leitfunktion übernehmen, sie müssen Vorbild sein und klar machen, wohin es im Leben gehen soll. Sie müssen in der Lage sein, Grenzen zu setzen, denn immerhin sind sie es, die ihre Kinder fit machen für die Gesellschaft. Darüber hinaus sollen sie ihre Kinder kleine alltägliche Aufgaben übertragen, um den Kindern das Gefühl zu vermitteln, gebraucht zu werden. Denn ein Kind, das nie gefordert wird, lernt auch nie zu geben.
Den Eltern eines aggressiv auftretenden Zwölfjährigen, der aus seiner Sicht immer alles am besten kann, am Besten weiß und immer bestimmen will, rät sie daher folgendes: "Ich würde ihm eine wirklich effektive Lektion in der kleinen Schule des Lebens erteilen. Ich würde versuchen, ihn herauszufordern, indem er Gelegenheit bekommt, all seine Ideen von Unfehlbarkeit und Besserwisserei gerecht zu werden, in der Praxis, auf einer kleinen Reise." Auf dieser Reise sollen die Eltern sich völlig hilflos verhalten und dem Kind die Führung überlassen. Klappt etwas nicht, dann soll er die Situation retten. Also, etwa das Zelt aufbauen, Feuer machen, Essen kochen und so weiter. Gelingen seine Vorhaben nicht, dann sollten die Eltern nicht triumphieren, sondern nur weiter auf die Lösung der Probleme drängen. Langsam aber sicher würde der Junge so begreifen, dass sein Selbstbild unangemessen ist.
Über 150 solcher praktischer und undogmatischer Antworten mitsamt den dazu gehörigen Fragen aus Wahlgrens Online-Beratung finden sich in diesem wunderbar alltagstauglichen Buch, das Lust auf mehr macht. Lust auf Kinder und Lust auf das Leben mit ihnen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Anna Wahlgren: Kleine Kinder brauchen uns
Aus dem Schwedischen von Lore Rasmussen-Otten
Beltz Verlag, Weinheim 2006
394 Seiten, 19,90 Euro
Keine Frage, kein Aspekt in Sachen Kindererziehung ist Anna Wahlgren, dieser schwedischen Mutterikone, unbekannt. Täglich bombardieren Hunderte von Eltern Anna Wahlgrens Homepage mit entsprechenden Fragen und immer bekommen sie eine Antwort. Und zwar eine ausführliche und konkrete. Abstraktes Drumherumgerede findet man bei Anna Wahlgren nie.
Zielgerichtet wird das "Problem" beleuchtet, wobei man gleich klarstellen sollte, dass Anna Wahlgren im Zusammenhang mit Kindern kaum Probleme im eigentlichen Sinne sieht. Vielmehr sieht sie die Eltern und deren Problem, eine klare Position zu beziehen. Denn, so die Autorin, Kinder sind glückliche Wesen, deren Entwicklung einfach nur nicht gestört werden sollte, und die ihre Eltern eigentlich nur dazu brauchen, um ihnen den besten Weg ins Erwachsenenalter zu weisen.
Das gelingt am besten, wenn Eltern sich nicht ständig allzu große Sorgen um das Wohl der Kleinen machen, wenn sie nicht dauernd alles hinterfragen und einer Art Perfektionismus hinterherjagen, sondern den Dingen eher ihren natürlichen Lauf lassen und Vertrauen in die eigene Kraft haben.
Wohl deshalb beginnen viele von Anna Wahlgrens Ratschläge mit den Worten, "Das hört sich doch alles ganz toll an! Du bist auf dem richtigen Weg!" Oder: "Du solltest gar nicht soviel tun!" Gibt es aber doch mal ein wirkliches Problem, dann sind die Eltern nicht klar genug in ihrer Rolle als erzieherisches Vorbild. Und nicht die Kinder sind schuld! Einer übernächtigten Mutter, deren Sohn einfach nicht schlafen will, antwortet Anna Wahlgren: "Da hast du wohl etwas falsch gemacht!" und rät ihr zu einer Kur, die anstrengend, aber notwenig sei, um nicht weitere 500 Nächte wach zu sein.
Dabei entbehren die Probleme der Eltern nicht einer gewissen Komik. Wenn sie etwa einer besorgten Mutter schreibt, deren Tochter mit ihren Strümpfen spricht: "Natürlich ist es vollkommen normal mit den eigenen Strümpfen zu reden! Hättest Du denselben Einwand gehabt, wenn sie mit ihren Puppen und Teddys sprechen würde? Die Strümpfe sind doch auch Teil ihrer Welt. Nicht alle Kinder haben ihre Strümpfe so gern!" Eine erfrischend einfache Antwort, die stellvertretend für Anna Wahlgrens optimistische und ansteckende Lebensfreude steht. Eine Lebensfreude, die besagt, Kinder zu haben ist ein großes Glück, für sie zu sorgen ein noch größeres. Deshalb sollten sie – in den ersten drei Jahren auch zuhause versorgt werden - so die nicht unumstrittene Meinung der engagierten Autorin, die weiß, wovon sie spricht:
Anna Wahlgren ist selbst neunfache Mutter und elffache Großmutter. Sie hat eins ihrer Kinder verloren. Sie litt unter einer postnatalen Depression. Sie hat ihre Kinder teilweise allein großgezogen und das nicht gerade unter finanziell guten Bedingungen. Kurz: Dieser Frau ist nichts im Umgang mit Kindern fremd und das merkt man den Antworten, in die sie immer ihren gesamten Erfahrungsschatz wirft, einfach an. Ihr Rat ist glaubwürdig und praktisch! Allein das macht sie zum Glücksfall aller gestressten Eltern.
Dabei zielen ihre Ratschläge immer in die gleiche Richtung: Eltern müssen die Leitfunktion übernehmen, sie müssen Vorbild sein und klar machen, wohin es im Leben gehen soll. Sie müssen in der Lage sein, Grenzen zu setzen, denn immerhin sind sie es, die ihre Kinder fit machen für die Gesellschaft. Darüber hinaus sollen sie ihre Kinder kleine alltägliche Aufgaben übertragen, um den Kindern das Gefühl zu vermitteln, gebraucht zu werden. Denn ein Kind, das nie gefordert wird, lernt auch nie zu geben.
Den Eltern eines aggressiv auftretenden Zwölfjährigen, der aus seiner Sicht immer alles am besten kann, am Besten weiß und immer bestimmen will, rät sie daher folgendes: "Ich würde ihm eine wirklich effektive Lektion in der kleinen Schule des Lebens erteilen. Ich würde versuchen, ihn herauszufordern, indem er Gelegenheit bekommt, all seine Ideen von Unfehlbarkeit und Besserwisserei gerecht zu werden, in der Praxis, auf einer kleinen Reise." Auf dieser Reise sollen die Eltern sich völlig hilflos verhalten und dem Kind die Führung überlassen. Klappt etwas nicht, dann soll er die Situation retten. Also, etwa das Zelt aufbauen, Feuer machen, Essen kochen und so weiter. Gelingen seine Vorhaben nicht, dann sollten die Eltern nicht triumphieren, sondern nur weiter auf die Lösung der Probleme drängen. Langsam aber sicher würde der Junge so begreifen, dass sein Selbstbild unangemessen ist.
Über 150 solcher praktischer und undogmatischer Antworten mitsamt den dazu gehörigen Fragen aus Wahlgrens Online-Beratung finden sich in diesem wunderbar alltagstauglichen Buch, das Lust auf mehr macht. Lust auf Kinder und Lust auf das Leben mit ihnen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Anna Wahlgren: Kleine Kinder brauchen uns
Aus dem Schwedischen von Lore Rasmussen-Otten
Beltz Verlag, Weinheim 2006
394 Seiten, 19,90 Euro