Rasen auf Reisen
Der Kunde ist König in Sachsen-Anhalt. Vor allem dann, wenn er investieren will. Bekundet ein Investor sein Interesse, bekommt er binnen 24-Stunden ein erstes Angebot für drei mögliche Standorte unterbreitet. In Sachsen-Anhalt stehen die Leute eben früher auf. Das haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, irgendwann mal. Das Land hat daraus nicht nur einen Werbespruch gemacht, sondern auch harte Fakten geschaffen.
Umfragen haben ergeben, dass Investoren vor allem den schnellen und unbürokratischen Service in Sachsen-Anhalt loben. Das ostdeutsche Bundesland zählt inzwischen zu den wachstumsstärksten in Deutschland und das vergangene Jahr war das erfolgreichste überhaupt seit der Wende. Und sollte es mal einen noch unentschlossenen Investor geben, dann stattet der Wirtschaftsminister auch gerne mal persönlich einen Besuch ab. Mit im Gepäck hat er dann die Rasenkiste. Ein Quadratmeter Rasen seines möglichen zukünftigen Grundstücks ist dem Investor somit schon einmal sicher.
Sachsen-Anhalt – das Land der Frühaufsteher. Eine Umfrage besagt, dass die Sachsen-Anhalter morgens neun Minuten früher aus den Federn kriechen als der Rest der Republik. Landespolitiker machen sich diesen zeitlichen Vorsprung zunutze. Die Devise heißt seitdem: Frühaufstehen – das ist die Mentalität eines Landes, das aufholen will, das nach vorne will.
In den vergangenen zwei Jahren konnte Sachsen-Anhalt tatsächlich aufholen. Das ostdeutsche Bundesland zählt inzwischen zu den wachstumsstärksten Regionen in ganz Deutschland. Im Jahr 2007 wurden Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Zahlreiche Unternehmen planen, sich neu anzusiedeln oder ihre Produktionsstätte zu erweitern. Diese positive Entwicklung bekommen auch die Arbeitnehmer zu spüren. Erstmals seit der Wende sind wieder mehr als eine Million Menschen in Lohn und Brot. Der Wettbewerb um Investitionen aber ist hart. Um auch hier weiter aufzuholen, hat das Land neue Maßstäbe gesetzt. Die Abteilungen Wirtschafsförderung, Standortmarketing und Tourismus wurden zusammengelegt. Synergien sollen gebündelt werden, um das Image des Landes zu optimieren. Anfang dieses Jahres rief die neu gegründete Marketing- und Investitionsgesellschaft, kurz IMG genannt, eine gigantische Imagekampagne ins Leben.
Andrea Voss: „IMG Voss, Schönen guten Tag.“
Die Investitions- und Marketinggesellschaft hat ihren Sitz in Magdeburg, direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Andrea Voss sitzt in ihrem Büro im sechsten Stock. Auf dem Schreibtisch liegt ein Handy, in ihrer linken Hand hält sie den Telefonhörer, mit der rechten glättet sie eine zerknitterte Landkarte. Andrea Voss ist eine von sieben Beratern der IMG, die Investoren in das Land Sachsen-Anhalt locken sollen.
Andrea Voss: „Was habe Sie da gesehen? Ah ja, ah ja, das ist eine Werbekampagne, die wir gegenwärtig fahren, ja das freut mich, dass sie darüber auch auf den Standort Sachsen-Anhalt gekommen und in ihre Standortüberlegungen einbeziehen.“
Am anderen Ende der Leitung ist ein ausländischer Investor. Er hat in München ein riesiges Plakat gesehen, das über ein fünfstöckiges Gebäude gespannt war. Auf dem Banner ist die verschneite Landschaft des höchsten Berges in Norddeutschland abgebildet. Ein Werbeslogan wirbt: Ein echter Brocken für die Alpen, der Winterharz. Daneben steht geschrieben: Die Bayern können jetzt noch schneller kommen, in Sachsen-Anhalt erhält jeder potentielle Investor innerhalb von 24 Stunden eine erste Standortofferte.
Andrea Voss: „Da kriegen Sie heute noch ein Angebot, das können wir ganz schnell bedienen. Wenn wir in weitergehende Information gehen, also eine komplette Arbeitskräfteanalyse oder ne Lohnkostenanalyse, muss ich so ehrlich sein, dass kriegen wir in 24 Stunden nicht hin. Da brauche ich letztendlich auch eine gewisse Zuarbeit von Ihnen. Wie ist ihr Bedarf qualitativ und quantitativ.“
Der Investor gibt sich erst einmal bedeckt. Die wenigsten wollen sich sofort in die Karten schauen lassen. Die Branche verrät er nicht, dafür aber die Größe der Industriefläche die er sucht, und dass der Standort maximal fünf Minuten von der Autobahn entfernt sein darf. Der rechte Zeigefinger von Andrea Voss fährt über die Landkarte, entlang der A2, dann runter zur A14 und schließlich hoch zur A9. In Sachen Infrastruktur hat das Land Sachsen-Anhalt so einiges bieten. Und in Sachen Service natürlich auch.
Andrea Voss: „Wir würden sie natürlich dann von der Standortsuche hin im gesamten Projektverlauf begleiten, das heißt wir würden sämtliche Termine für Sie koordinieren, Sie begleiten. Es hat mich sehr gefreut, ich hoffe, dass wir zueinander finden und ich hoffe, dass wir hier ein erfolgreiches Team in Sachsen-Anhalt werden. Tschüss.“
Ausfahrt Theeßen an der A2 Magdeburg Richtung Berlin. Gelbe Raps- und grüne Maisfelder so weit das Auge reicht, von einer Industrieansiedlung ist erst einmal nichts zu sehen. Doch wer die Autobahn verlässt, rechts in eine schmale holprige Gewerbestraße einbiegt, ein Fastfood Restaurant hinter sich lässt, der erblickt plötzlich eine neue, ja futuristische Landschaft. Auf einer betonierten Fläche so groß wie eine Landebahn taucht ein lang gestrecktes silberfarbenes Gebäude auf mit einem runden Vorbau aus Stahl und Glas. Ein hoher Metallzaun signalisiert, nicht jeder ist willkommen.
Das Münchner Biotechnologie-Unternehmen Egomedical hat vor zwei Jahren das Grundstück gekauft. In wenigen Monaten sollen hier hochmoderne Bluttests für Diabetiker in Serie hergestellt werden. Eine Weltneuheit, sagt Otto Wahl stolz, der mit drei Kollegen das Unternehmen vor vier Jahren gegründet hat. Ein Dreivierteljahr sind die Gründer durch Deutschland gereist, um ihr Produkt und ihren Businessplan vorzustellen – ohne Erfolg. Niemand wollte Hauptinvestor des 75 Millionen Euro Projekts sein. Als der schließlich gefunden war, ging es um die Standortfrage. Die gestaltete sich ähnlich schwierig.
Otto Wahl: „Wir waren zuerst auf Sardinien, wo unsere Frauen schon die Koffer gepackt hatten, denen es da natürlich sehr gut gefallen hat. Wir sind über Österreich nach Bayern gekommen, die uns unbedingt haben wollten. Wir waren in Reinland-Pfalz, die uns auch sehr gut betreut haben. Sind aber irgendwo nicht zum Ergebnis gekommen in den ganzen Gesprächen und sind dann Gott sei Dank in Sachsen-Anhalt gelandet.“
Sollten wir noch einmal auf Standortsuche gehen, erzählt Otto Wahl, würden wir uns wahrscheinlich sofort in Sachsen-Anhalt umschauen. Doch zuerst fiel der Blick der vier Egomedical-Gründer auf Brandenburg. Die Wirtschaftsförderung arbeite in Potsdam sicherlich so gut wie in Magdeburg, betont Vorstandsmitglied Reiner Witt. Trotzdem lag zur Verwunderung der Unternehmer nach drei Monaten noch immer kein Förderbescheid auf dem Tisch.
Reiner Witt: „Brandenburg hat in den vergangenen Jahren schon einige Investitionsruinen produziert. Die Bürgschaftsausschüsse des Landes die waren natürlich sehr zugeknöpft bei neuen Investments und wir haben uns nur gewundert, dass ne Technologie wie die von Egomedical da überhaupt nicht so erfolgreich gesehen wurde, dass man gesagt hat wir wollen diese Firma unbedingt haben.“
Stattdessen hielt man uns mit falschen Versprechungen hin, ärgert sich Reiner Witt. Der Zeitplan wurde immer enger. In letzter Minute hätten sie schließlich Gespräche mit Sachsen-Anhalt geführt. Und von da an ging alles sehr schnell. Nach nur zwei Wochen fanden sie zusammen mit Andrea Voss den Standort in Theeßen, nach nur vier Wochen lag der Förderbescheid auf dem Tisch.
Reiner Witt: „Das muss einem erst einmal ein Bundesland nachmachen. Das ging weit über das raus, was man normalerweise von einer Behörde oder von einem Gemeindevertreter verlangt. Man ist sehr engagiert. Es ist ja auch das Land der Frühaufsteher. Die stehen schon früh auf, aber die gehen auch nicht früh ins Bett, die arbeiten auch noch ein bisschen länger.“
Zurzeit beschäftigt Egomedical 50 Mitarbeiter in Theeßen, Ende des Jahres sollen es 110 und in wenigen Jahren sogar 350 Angestellte sein. Die Bürgermeisterin der 500-Einwohner-Gemeinde hat sich über die Ansiedlung des Biotechnologie-Unternehmens gefreut. Denn bislang blühten in und um Theeßen nur Raps und Mais, nicht aber die versprochenen Landschaften. Reiner Witt verbringt inzwischen vier Tage in der Woche in Sachsen-Anhalt. Die Umgebung gefalle ihm immer besser, die meisten Menschen seien ausgesprochen freundlich, sagt der Unternehmer. Doch in einem Punkt habe das Land ein Imageproblem. Und diesen Punkt, sagt Reiner Witt, habe er anfangs unterschätzt.
Reiner Witt: „Man hat uns von Anfang an schon ein bisschen gewarnt wie es mit der Fremdenfeindlichkeit hier in der Region ist und ich habe dann immer gesagt, na das kriegen wir schon irgendwie alles hin, mit den Mitarbeitern haben wir hier überhaupt keine Probleme. Aber wir haben aus den alten Bundesländern die einen oder anderen Ingenieure einstellen wollen, die Ehepartner hatten ausländischer Herkunft, und die haben dann gesagt, sie würden doch lieber hier nicht arbeiten, weil sie ihren Ehefrauen nicht zumuten könnten hier zu leben.“
Zurück nach Magdeburg. Seit Mai vergangenen Jahres ist Carlhans Uhle neuer Geschäftsführer der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt. Er weiß, wie wichtig ein positives Image für den Standort Sachsen-Anhalt ist. Unternehmer entscheiden nicht nur aus dem Kopf, sondern auch aus dem Bauch heraus. In erster Linie zählen natürlich die Infrastruktur, also die Nähe zur Autobahn, der schnelle Warenumschlag sowie Lohnkosten, Fördermittel und das Arbeiterpotential. Aber Sachsen-Anhalt sollte auch mit seinen ideellen Pfunden wuchern, sagt Carlhans Uhle. In Holland, Skandinavien und den USA gebe es einen extrem hohen Anteil von Protestanten, erzählt der Geschäftsführer.
Carlhans Uhle: „Mit denen über Luther zu sprechen, quasi home of Luther, dann ist das Eis sofort gebrochen und dann sind die begeistert, weil der Name Wittenberg ist im Ausland teilweise halt bekannter als in Deutschland und die Augen leuchten in dem Moment. Es gibt halt manches womit man punkten kann.“
Darum wirbt Sachsen-Anhalt jetzt in ganz Deutschland mit seinen Weltkulturerbestätten. Lutherstadt Wittenberg, das Bauhaus in Dessau und das Gartenreich Dessau-Wörlitz liegen nur 18 Kilometer voneinander entfernt. Soviel Weltkultur auf einem Fleck gibt es sonst nirgends auf der Welt. Die Erfolgsgeschichten made in Sachsen-Anhalt sollen stärker in das Bewusstsein der Einheimischen, der Besucher und auch der Investoren rücken, unterstreicht Wirtschaftsminister Reiner Haseloff.
Reiner Haselhoff: „Wir wollen auf ST setzen und zwar indem wir über Alleinstellungsmerkmale werben, das heißt Land der Reformation, Moderne mit Bauhaus, Himmelsscheibe von Nebra. Mit diesen Alleinstellungsmerkmalen versuchen wir dann auf das Land zu kommen, auf die einzelnen Regionen und das Zwischenglied sind dann Städte, die man dann doch in Deutschland kennt.“
Fast zwei Drittel seiner Arbeitszeit ist der Wirtschaftsminister im Land unterwegs und stattet Unternehmern und potentiellen Investoren einen Besuch ab. Bei aller Management-Theorie sei dies die sinnvollste Art der Akquise, glaubt Reiner Haselhoff. Und sollte ein Investor nach den vielen Gesprächen noch immer unschlüssig sein, in den Standort Sachsen-Anhalt zu investieren, dann zieht der Minister seine letzte Trumpfkarte aus dem Kofferraum seines Dienstwagens – und überreicht einen frisch gestochenen Quadratmeter Rasen. Der soll als Symbol dienen für den ersten eigenen Quadratmeter Investitionsfläche. An diesem Morgen ist Wirtschaftsminister Reiner Haseloff nach Könnern gereist. Überzeugungsarbeit muss er hier nicht mehr leisten. Stattdessen will er die Aufbauleistung des ausländischen Gesellschafters würdigen. Der indische Unternehmer Dhruv Kochhar hat das Flanschenwerk Bebitz vor sechs Jahren aus der Insolvenz übernommen. Inzwischen produzieren am Standort wieder 217 Mitarbeiter Flansche für Armaturen und Messgeräte.
„Ich freue mich, dass ich heute hier unter Ihnen stehen darf und die Auszeichnung zum Unternehmen des Monats Juni vollziehen darf.“
Reiner Haselhoff: „Wenn ich gutes Geld verdienen möchte, auf die besten Fachkräfte, das lässt sich in Statistiken nachweisen, zurückgreifen möchte, auf bodenständige Leute, die sich auch mit einem Unternehmen bereit sind über Jahrzehnte zu identifizieren, dann würde ich nach ST gehen, denn die industriellen Kerne die wir haben und die auf den traditionellen aufsetzen, sind auch vor Jahrzehnten, vor Jahrhunderten nicht umsonst entstanden. Man ist auf der sicheren Seite, wenn man in ST investiert.“
Direkt an der A9 liegt Brehna. Das Städtchen zwischen Leipzig und Halle an der Saale besticht nicht gerade durch seinen äußeren Charme. Auf seinen Internetseiten wirbt Brehna darum auch nicht mit seiner romanischen Klosterkirche, sondern präsentiert sich als wachsender Wirtschaftsstandort im Herzen von Mitteldeutschland, der durch einen ausgewogenen Branchenmix, eine exzellente Verkehrsanbindung und gut ausgebildete, hoch motivierte Arbeitskräfte überzeugt. Riesige Gewerbeflächen rahmen Brehna ein. Die Gegend im Landkreis Anhalt-Bitterfeld ist flach, eine große hässliche Produktionshalle reiht sich an die andere, dazwischen rauschen die Autos über die A9. Vor einem Jahr kaufte der Aachener Motorenhersteller FEV 60 Hektar Gewerbefläche in Brehna. Allerdings nicht der schönen Landschaft wegen, sagt Geschäftsführer Rainer Paulsen und lacht.
Rainer Paulsen: „Ist ’ne Schwäche dieses Gebiets. Erst mal was die Frage des Wohnens anbelangt, wenn man jetzt hier direkt am Ort ne Wohnung finden will, ist das schwierig und ich sag´s ganz klar nicht attraktiv. Gar nicht zu reden von Kultur. Für die Kunden ist das in zweiter Linie wichtig, wenn die mal hier her kommen, will man denen natürlich auch was bieten. Da weichen wir dann aus in andere Bundesländer, um das mal so neutral zu sagen. Aber für die Mitarbeiter ist das schon ein wichtiger Punkt. Und da würden wir uns schon wünschen, dass ein bisschen mehr möglich wäre.“
Das Aachener Unternehmen FEV ist für seine Motorenentwicklung bekannt. Der Dienstleister für die Autoindustrie beschäftigt 1700 Mitarbeiter weltweit. Die Geschäftsleitung wollte einen neuen Betriebszweig installieren: das reine Testen und Prüfen von Pkw-Motoren. Bis ein Motor in Serie geht, sind 3000 Stunden Dauertests das Mindestmaß. Rainer Paulsen ist darum im vergangenen Jahr durch west- und ostdeutsche Bundesländer gereist, auf der Suche nach dem richtigen Standort. In Brehna wurde er schließlich fündig, nicht nur wegen der zentralen Lage und der optimalen Infrastruktur, sondern auch wegen der qualifizierten Mitarbeiter.
Rainer Paulsen: „Ein ganz wichtiges Thema für uns. Wir haben ein sehr ausführliches Programm gehabt, um diese Mitarbeiter erstens zu finden und dann aber auch auszubilden und fortzubilden, so dass sie dann auch geeignet sind. Auch das hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. 80 Prozent der Mitarbeiter, die wir haben, sind gerne wieder in ihr altes Land zurückgekehrt.“
Als Rainer Paulsen mit der Standortsuche begann, musste er binnen drei Monaten fündig werden. Dank der Unterstützung durch die Investitions- und Marketinggesellschaft sei das kein Problem gewesen. Außerdem habe man ihm keine Gelder aus Fördertöpfen versprochen. Die waren längst leer.
Rainer Paulsen: „Es gab eben andere Bundesländer, um ein schlechtes Beispiel zu nehmen auch in den neuen Bundesländern, wo schlicht und ergreifend auf der Arbeitsebene der Antrag abgelehnt wurde für eine solche Investition. Und da hat die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen, zwischen den verschiedenen Institutionen innerhalb des Landes nicht vernünftig funktioniert. Das hat hier gut funktioniert.“
Der Spatentisch für die 8000 Quadratmeter große Halle war im Juni vergangenen Jahres, nur ein halbes Jahr später wurde der erste Motor in Brehna getestet. 32 Prüfstände reihen in sich in der langgestreckten Halle aneinander. Hinter großen blauen Stahltüren sind die Motoren in garagengroßen Zellen aufgebockt. Mindestens zwei Dutzend Schläuche ragen aus jeder Antriebsmaschine, über 200 Messdaten werden automatisch an die Leitwarte geschickt. Wir testen hier mindestens fünf Monate im Dauerbetrieb wie stabil oder instabil ein Motor ist, erklärt Geschäftsführer Reiner Paulsen stolz.
Rainer Paulsen: „Wir bauen diese Prüfstände selbst, das sind unsere eigenen Entwicklungen, die wir hier zeigen und aufgebaut haben. Das ist auch ein Teil des Marketingkonzeptes, dass wir diese Prüfstände weltweit verkaufen wollen, aber die Leistung die wir hier erbringen, da versprechen wir uns durch die Spezialisierung eben einfach auch Preisvorteile im Wettbewerb.“
Zurück nach Magdeburg in den sechsten Stock der Investitions- und Marketingagentur. Andrea Voss sitzt an ihrem Schreibtisch, vor ihr liegt die 24-Stunden-Präsentation für den ausländischen Investor. Um die Standorte entlang der A2 und der A14 zu finden hat sie nur zwei Stunden gebraucht. Investitionsflächen in Sachsen-Anhalt kennt Andrea Voss nach elf Jahren mittlerweile aus dem Effeff.
Andrea Voss: „Das Entscheidende ist, dass sie sich mit ihrem Produkt auseinandersetzen. Das Produkt ist der Standort Sachsen-Anhalt. Sie müssen das Produkt kennen. Sie können das einfach einfacher verkaufen, wenn sie hinter dem stehen. Das heißt lange nicht, dass ich hinter all dem stehe, das hat auch alles seine Ecken und Kanten, aber wenn das Produkt passt, dann passt auch der Verkauf.“
Der meisten Kunden, erzählt Andrea Voss, sind von unserer 24-Stunden Präsentation begeistert. Auf nur 15 Seiten können sie nachlesen, warum sich die Investition in Sachsen-Anhalt lohnen könnte. Im bundesweiten Vergleich sind die Lohnkosten niedrig. Eine topographische Karten zeigt, wo sich die einzelnen Standorte befinden und ob die Gewerbefläche an Strom, Gas und Wasser angebunden sind. Auch mit dem geringen Gewerbesteuerhebesatz kann das Land punkten.
Andrea Voss: „Sie dürfen den Kunden nicht erschlagen, dass der überstrapaziert wird. Also wenn der eine Anfrage stellt und sie schicken ihm 50 Seiten, dann haben sie eigentlich schon verloren, weil das tut sich kein Mensch an. Wenn sie 50 Seiten, wir sagen immer 50 Kilo Sachsen-Anhalt verschicken, dann ist das nicht mehr individuell.“
Doch genau darin sieht Andrea Voss eine große Chance. Sachsen-Anhalt bietet seinen Investoren einen schnellen, originellen und persönlichen Service – und den nicht nur früher am Morgen als die anderen Bundesländer, sondern eben rund um die Uhr.
Sachsen-Anhalt – das Land der Frühaufsteher. Eine Umfrage besagt, dass die Sachsen-Anhalter morgens neun Minuten früher aus den Federn kriechen als der Rest der Republik. Landespolitiker machen sich diesen zeitlichen Vorsprung zunutze. Die Devise heißt seitdem: Frühaufstehen – das ist die Mentalität eines Landes, das aufholen will, das nach vorne will.
In den vergangenen zwei Jahren konnte Sachsen-Anhalt tatsächlich aufholen. Das ostdeutsche Bundesland zählt inzwischen zu den wachstumsstärksten Regionen in ganz Deutschland. Im Jahr 2007 wurden Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Zahlreiche Unternehmen planen, sich neu anzusiedeln oder ihre Produktionsstätte zu erweitern. Diese positive Entwicklung bekommen auch die Arbeitnehmer zu spüren. Erstmals seit der Wende sind wieder mehr als eine Million Menschen in Lohn und Brot. Der Wettbewerb um Investitionen aber ist hart. Um auch hier weiter aufzuholen, hat das Land neue Maßstäbe gesetzt. Die Abteilungen Wirtschafsförderung, Standortmarketing und Tourismus wurden zusammengelegt. Synergien sollen gebündelt werden, um das Image des Landes zu optimieren. Anfang dieses Jahres rief die neu gegründete Marketing- und Investitionsgesellschaft, kurz IMG genannt, eine gigantische Imagekampagne ins Leben.
Andrea Voss: „IMG Voss, Schönen guten Tag.“
Die Investitions- und Marketinggesellschaft hat ihren Sitz in Magdeburg, direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Andrea Voss sitzt in ihrem Büro im sechsten Stock. Auf dem Schreibtisch liegt ein Handy, in ihrer linken Hand hält sie den Telefonhörer, mit der rechten glättet sie eine zerknitterte Landkarte. Andrea Voss ist eine von sieben Beratern der IMG, die Investoren in das Land Sachsen-Anhalt locken sollen.
Andrea Voss: „Was habe Sie da gesehen? Ah ja, ah ja, das ist eine Werbekampagne, die wir gegenwärtig fahren, ja das freut mich, dass sie darüber auch auf den Standort Sachsen-Anhalt gekommen und in ihre Standortüberlegungen einbeziehen.“
Am anderen Ende der Leitung ist ein ausländischer Investor. Er hat in München ein riesiges Plakat gesehen, das über ein fünfstöckiges Gebäude gespannt war. Auf dem Banner ist die verschneite Landschaft des höchsten Berges in Norddeutschland abgebildet. Ein Werbeslogan wirbt: Ein echter Brocken für die Alpen, der Winterharz. Daneben steht geschrieben: Die Bayern können jetzt noch schneller kommen, in Sachsen-Anhalt erhält jeder potentielle Investor innerhalb von 24 Stunden eine erste Standortofferte.
Andrea Voss: „Da kriegen Sie heute noch ein Angebot, das können wir ganz schnell bedienen. Wenn wir in weitergehende Information gehen, also eine komplette Arbeitskräfteanalyse oder ne Lohnkostenanalyse, muss ich so ehrlich sein, dass kriegen wir in 24 Stunden nicht hin. Da brauche ich letztendlich auch eine gewisse Zuarbeit von Ihnen. Wie ist ihr Bedarf qualitativ und quantitativ.“
Der Investor gibt sich erst einmal bedeckt. Die wenigsten wollen sich sofort in die Karten schauen lassen. Die Branche verrät er nicht, dafür aber die Größe der Industriefläche die er sucht, und dass der Standort maximal fünf Minuten von der Autobahn entfernt sein darf. Der rechte Zeigefinger von Andrea Voss fährt über die Landkarte, entlang der A2, dann runter zur A14 und schließlich hoch zur A9. In Sachen Infrastruktur hat das Land Sachsen-Anhalt so einiges bieten. Und in Sachen Service natürlich auch.
Andrea Voss: „Wir würden sie natürlich dann von der Standortsuche hin im gesamten Projektverlauf begleiten, das heißt wir würden sämtliche Termine für Sie koordinieren, Sie begleiten. Es hat mich sehr gefreut, ich hoffe, dass wir zueinander finden und ich hoffe, dass wir hier ein erfolgreiches Team in Sachsen-Anhalt werden. Tschüss.“
Ausfahrt Theeßen an der A2 Magdeburg Richtung Berlin. Gelbe Raps- und grüne Maisfelder so weit das Auge reicht, von einer Industrieansiedlung ist erst einmal nichts zu sehen. Doch wer die Autobahn verlässt, rechts in eine schmale holprige Gewerbestraße einbiegt, ein Fastfood Restaurant hinter sich lässt, der erblickt plötzlich eine neue, ja futuristische Landschaft. Auf einer betonierten Fläche so groß wie eine Landebahn taucht ein lang gestrecktes silberfarbenes Gebäude auf mit einem runden Vorbau aus Stahl und Glas. Ein hoher Metallzaun signalisiert, nicht jeder ist willkommen.
Das Münchner Biotechnologie-Unternehmen Egomedical hat vor zwei Jahren das Grundstück gekauft. In wenigen Monaten sollen hier hochmoderne Bluttests für Diabetiker in Serie hergestellt werden. Eine Weltneuheit, sagt Otto Wahl stolz, der mit drei Kollegen das Unternehmen vor vier Jahren gegründet hat. Ein Dreivierteljahr sind die Gründer durch Deutschland gereist, um ihr Produkt und ihren Businessplan vorzustellen – ohne Erfolg. Niemand wollte Hauptinvestor des 75 Millionen Euro Projekts sein. Als der schließlich gefunden war, ging es um die Standortfrage. Die gestaltete sich ähnlich schwierig.
Otto Wahl: „Wir waren zuerst auf Sardinien, wo unsere Frauen schon die Koffer gepackt hatten, denen es da natürlich sehr gut gefallen hat. Wir sind über Österreich nach Bayern gekommen, die uns unbedingt haben wollten. Wir waren in Reinland-Pfalz, die uns auch sehr gut betreut haben. Sind aber irgendwo nicht zum Ergebnis gekommen in den ganzen Gesprächen und sind dann Gott sei Dank in Sachsen-Anhalt gelandet.“
Sollten wir noch einmal auf Standortsuche gehen, erzählt Otto Wahl, würden wir uns wahrscheinlich sofort in Sachsen-Anhalt umschauen. Doch zuerst fiel der Blick der vier Egomedical-Gründer auf Brandenburg. Die Wirtschaftsförderung arbeite in Potsdam sicherlich so gut wie in Magdeburg, betont Vorstandsmitglied Reiner Witt. Trotzdem lag zur Verwunderung der Unternehmer nach drei Monaten noch immer kein Förderbescheid auf dem Tisch.
Reiner Witt: „Brandenburg hat in den vergangenen Jahren schon einige Investitionsruinen produziert. Die Bürgschaftsausschüsse des Landes die waren natürlich sehr zugeknöpft bei neuen Investments und wir haben uns nur gewundert, dass ne Technologie wie die von Egomedical da überhaupt nicht so erfolgreich gesehen wurde, dass man gesagt hat wir wollen diese Firma unbedingt haben.“
Stattdessen hielt man uns mit falschen Versprechungen hin, ärgert sich Reiner Witt. Der Zeitplan wurde immer enger. In letzter Minute hätten sie schließlich Gespräche mit Sachsen-Anhalt geführt. Und von da an ging alles sehr schnell. Nach nur zwei Wochen fanden sie zusammen mit Andrea Voss den Standort in Theeßen, nach nur vier Wochen lag der Förderbescheid auf dem Tisch.
Reiner Witt: „Das muss einem erst einmal ein Bundesland nachmachen. Das ging weit über das raus, was man normalerweise von einer Behörde oder von einem Gemeindevertreter verlangt. Man ist sehr engagiert. Es ist ja auch das Land der Frühaufsteher. Die stehen schon früh auf, aber die gehen auch nicht früh ins Bett, die arbeiten auch noch ein bisschen länger.“
Zurzeit beschäftigt Egomedical 50 Mitarbeiter in Theeßen, Ende des Jahres sollen es 110 und in wenigen Jahren sogar 350 Angestellte sein. Die Bürgermeisterin der 500-Einwohner-Gemeinde hat sich über die Ansiedlung des Biotechnologie-Unternehmens gefreut. Denn bislang blühten in und um Theeßen nur Raps und Mais, nicht aber die versprochenen Landschaften. Reiner Witt verbringt inzwischen vier Tage in der Woche in Sachsen-Anhalt. Die Umgebung gefalle ihm immer besser, die meisten Menschen seien ausgesprochen freundlich, sagt der Unternehmer. Doch in einem Punkt habe das Land ein Imageproblem. Und diesen Punkt, sagt Reiner Witt, habe er anfangs unterschätzt.
Reiner Witt: „Man hat uns von Anfang an schon ein bisschen gewarnt wie es mit der Fremdenfeindlichkeit hier in der Region ist und ich habe dann immer gesagt, na das kriegen wir schon irgendwie alles hin, mit den Mitarbeitern haben wir hier überhaupt keine Probleme. Aber wir haben aus den alten Bundesländern die einen oder anderen Ingenieure einstellen wollen, die Ehepartner hatten ausländischer Herkunft, und die haben dann gesagt, sie würden doch lieber hier nicht arbeiten, weil sie ihren Ehefrauen nicht zumuten könnten hier zu leben.“
Zurück nach Magdeburg. Seit Mai vergangenen Jahres ist Carlhans Uhle neuer Geschäftsführer der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt. Er weiß, wie wichtig ein positives Image für den Standort Sachsen-Anhalt ist. Unternehmer entscheiden nicht nur aus dem Kopf, sondern auch aus dem Bauch heraus. In erster Linie zählen natürlich die Infrastruktur, also die Nähe zur Autobahn, der schnelle Warenumschlag sowie Lohnkosten, Fördermittel und das Arbeiterpotential. Aber Sachsen-Anhalt sollte auch mit seinen ideellen Pfunden wuchern, sagt Carlhans Uhle. In Holland, Skandinavien und den USA gebe es einen extrem hohen Anteil von Protestanten, erzählt der Geschäftsführer.
Carlhans Uhle: „Mit denen über Luther zu sprechen, quasi home of Luther, dann ist das Eis sofort gebrochen und dann sind die begeistert, weil der Name Wittenberg ist im Ausland teilweise halt bekannter als in Deutschland und die Augen leuchten in dem Moment. Es gibt halt manches womit man punkten kann.“
Darum wirbt Sachsen-Anhalt jetzt in ganz Deutschland mit seinen Weltkulturerbestätten. Lutherstadt Wittenberg, das Bauhaus in Dessau und das Gartenreich Dessau-Wörlitz liegen nur 18 Kilometer voneinander entfernt. Soviel Weltkultur auf einem Fleck gibt es sonst nirgends auf der Welt. Die Erfolgsgeschichten made in Sachsen-Anhalt sollen stärker in das Bewusstsein der Einheimischen, der Besucher und auch der Investoren rücken, unterstreicht Wirtschaftsminister Reiner Haseloff.
Reiner Haselhoff: „Wir wollen auf ST setzen und zwar indem wir über Alleinstellungsmerkmale werben, das heißt Land der Reformation, Moderne mit Bauhaus, Himmelsscheibe von Nebra. Mit diesen Alleinstellungsmerkmalen versuchen wir dann auf das Land zu kommen, auf die einzelnen Regionen und das Zwischenglied sind dann Städte, die man dann doch in Deutschland kennt.“
Fast zwei Drittel seiner Arbeitszeit ist der Wirtschaftsminister im Land unterwegs und stattet Unternehmern und potentiellen Investoren einen Besuch ab. Bei aller Management-Theorie sei dies die sinnvollste Art der Akquise, glaubt Reiner Haselhoff. Und sollte ein Investor nach den vielen Gesprächen noch immer unschlüssig sein, in den Standort Sachsen-Anhalt zu investieren, dann zieht der Minister seine letzte Trumpfkarte aus dem Kofferraum seines Dienstwagens – und überreicht einen frisch gestochenen Quadratmeter Rasen. Der soll als Symbol dienen für den ersten eigenen Quadratmeter Investitionsfläche. An diesem Morgen ist Wirtschaftsminister Reiner Haseloff nach Könnern gereist. Überzeugungsarbeit muss er hier nicht mehr leisten. Stattdessen will er die Aufbauleistung des ausländischen Gesellschafters würdigen. Der indische Unternehmer Dhruv Kochhar hat das Flanschenwerk Bebitz vor sechs Jahren aus der Insolvenz übernommen. Inzwischen produzieren am Standort wieder 217 Mitarbeiter Flansche für Armaturen und Messgeräte.
„Ich freue mich, dass ich heute hier unter Ihnen stehen darf und die Auszeichnung zum Unternehmen des Monats Juni vollziehen darf.“
Reiner Haselhoff: „Wenn ich gutes Geld verdienen möchte, auf die besten Fachkräfte, das lässt sich in Statistiken nachweisen, zurückgreifen möchte, auf bodenständige Leute, die sich auch mit einem Unternehmen bereit sind über Jahrzehnte zu identifizieren, dann würde ich nach ST gehen, denn die industriellen Kerne die wir haben und die auf den traditionellen aufsetzen, sind auch vor Jahrzehnten, vor Jahrhunderten nicht umsonst entstanden. Man ist auf der sicheren Seite, wenn man in ST investiert.“
Direkt an der A9 liegt Brehna. Das Städtchen zwischen Leipzig und Halle an der Saale besticht nicht gerade durch seinen äußeren Charme. Auf seinen Internetseiten wirbt Brehna darum auch nicht mit seiner romanischen Klosterkirche, sondern präsentiert sich als wachsender Wirtschaftsstandort im Herzen von Mitteldeutschland, der durch einen ausgewogenen Branchenmix, eine exzellente Verkehrsanbindung und gut ausgebildete, hoch motivierte Arbeitskräfte überzeugt. Riesige Gewerbeflächen rahmen Brehna ein. Die Gegend im Landkreis Anhalt-Bitterfeld ist flach, eine große hässliche Produktionshalle reiht sich an die andere, dazwischen rauschen die Autos über die A9. Vor einem Jahr kaufte der Aachener Motorenhersteller FEV 60 Hektar Gewerbefläche in Brehna. Allerdings nicht der schönen Landschaft wegen, sagt Geschäftsführer Rainer Paulsen und lacht.
Rainer Paulsen: „Ist ’ne Schwäche dieses Gebiets. Erst mal was die Frage des Wohnens anbelangt, wenn man jetzt hier direkt am Ort ne Wohnung finden will, ist das schwierig und ich sag´s ganz klar nicht attraktiv. Gar nicht zu reden von Kultur. Für die Kunden ist das in zweiter Linie wichtig, wenn die mal hier her kommen, will man denen natürlich auch was bieten. Da weichen wir dann aus in andere Bundesländer, um das mal so neutral zu sagen. Aber für die Mitarbeiter ist das schon ein wichtiger Punkt. Und da würden wir uns schon wünschen, dass ein bisschen mehr möglich wäre.“
Das Aachener Unternehmen FEV ist für seine Motorenentwicklung bekannt. Der Dienstleister für die Autoindustrie beschäftigt 1700 Mitarbeiter weltweit. Die Geschäftsleitung wollte einen neuen Betriebszweig installieren: das reine Testen und Prüfen von Pkw-Motoren. Bis ein Motor in Serie geht, sind 3000 Stunden Dauertests das Mindestmaß. Rainer Paulsen ist darum im vergangenen Jahr durch west- und ostdeutsche Bundesländer gereist, auf der Suche nach dem richtigen Standort. In Brehna wurde er schließlich fündig, nicht nur wegen der zentralen Lage und der optimalen Infrastruktur, sondern auch wegen der qualifizierten Mitarbeiter.
Rainer Paulsen: „Ein ganz wichtiges Thema für uns. Wir haben ein sehr ausführliches Programm gehabt, um diese Mitarbeiter erstens zu finden und dann aber auch auszubilden und fortzubilden, so dass sie dann auch geeignet sind. Auch das hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. 80 Prozent der Mitarbeiter, die wir haben, sind gerne wieder in ihr altes Land zurückgekehrt.“
Als Rainer Paulsen mit der Standortsuche begann, musste er binnen drei Monaten fündig werden. Dank der Unterstützung durch die Investitions- und Marketinggesellschaft sei das kein Problem gewesen. Außerdem habe man ihm keine Gelder aus Fördertöpfen versprochen. Die waren längst leer.
Rainer Paulsen: „Es gab eben andere Bundesländer, um ein schlechtes Beispiel zu nehmen auch in den neuen Bundesländern, wo schlicht und ergreifend auf der Arbeitsebene der Antrag abgelehnt wurde für eine solche Investition. Und da hat die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen, zwischen den verschiedenen Institutionen innerhalb des Landes nicht vernünftig funktioniert. Das hat hier gut funktioniert.“
Der Spatentisch für die 8000 Quadratmeter große Halle war im Juni vergangenen Jahres, nur ein halbes Jahr später wurde der erste Motor in Brehna getestet. 32 Prüfstände reihen in sich in der langgestreckten Halle aneinander. Hinter großen blauen Stahltüren sind die Motoren in garagengroßen Zellen aufgebockt. Mindestens zwei Dutzend Schläuche ragen aus jeder Antriebsmaschine, über 200 Messdaten werden automatisch an die Leitwarte geschickt. Wir testen hier mindestens fünf Monate im Dauerbetrieb wie stabil oder instabil ein Motor ist, erklärt Geschäftsführer Reiner Paulsen stolz.
Rainer Paulsen: „Wir bauen diese Prüfstände selbst, das sind unsere eigenen Entwicklungen, die wir hier zeigen und aufgebaut haben. Das ist auch ein Teil des Marketingkonzeptes, dass wir diese Prüfstände weltweit verkaufen wollen, aber die Leistung die wir hier erbringen, da versprechen wir uns durch die Spezialisierung eben einfach auch Preisvorteile im Wettbewerb.“
Zurück nach Magdeburg in den sechsten Stock der Investitions- und Marketingagentur. Andrea Voss sitzt an ihrem Schreibtisch, vor ihr liegt die 24-Stunden-Präsentation für den ausländischen Investor. Um die Standorte entlang der A2 und der A14 zu finden hat sie nur zwei Stunden gebraucht. Investitionsflächen in Sachsen-Anhalt kennt Andrea Voss nach elf Jahren mittlerweile aus dem Effeff.
Andrea Voss: „Das Entscheidende ist, dass sie sich mit ihrem Produkt auseinandersetzen. Das Produkt ist der Standort Sachsen-Anhalt. Sie müssen das Produkt kennen. Sie können das einfach einfacher verkaufen, wenn sie hinter dem stehen. Das heißt lange nicht, dass ich hinter all dem stehe, das hat auch alles seine Ecken und Kanten, aber wenn das Produkt passt, dann passt auch der Verkauf.“
Der meisten Kunden, erzählt Andrea Voss, sind von unserer 24-Stunden Präsentation begeistert. Auf nur 15 Seiten können sie nachlesen, warum sich die Investition in Sachsen-Anhalt lohnen könnte. Im bundesweiten Vergleich sind die Lohnkosten niedrig. Eine topographische Karten zeigt, wo sich die einzelnen Standorte befinden und ob die Gewerbefläche an Strom, Gas und Wasser angebunden sind. Auch mit dem geringen Gewerbesteuerhebesatz kann das Land punkten.
Andrea Voss: „Sie dürfen den Kunden nicht erschlagen, dass der überstrapaziert wird. Also wenn der eine Anfrage stellt und sie schicken ihm 50 Seiten, dann haben sie eigentlich schon verloren, weil das tut sich kein Mensch an. Wenn sie 50 Seiten, wir sagen immer 50 Kilo Sachsen-Anhalt verschicken, dann ist das nicht mehr individuell.“
Doch genau darin sieht Andrea Voss eine große Chance. Sachsen-Anhalt bietet seinen Investoren einen schnellen, originellen und persönlichen Service – und den nicht nur früher am Morgen als die anderen Bundesländer, sondern eben rund um die Uhr.