Raritäten der Klaviermusik

Im Norden Deutschlands, nahe der dänischen Grenze in der nordfriesischen Kreisstadt Husum, findet seit dem Jahr 1987 ein Klavierfestival statt, das sich ausschließlich selten gespielter Klavierliteratur widmet. Die "Raritäten der Klaviermusik" haben sich schnell von einem Geheimtipp zu einem renommierten Festival entwickelt und entfalten eine fast magische Anziehungskraft auf ihre Besucher.
Bisher sind über 2.000 Klavierwerke bei diesem Festival als Besonderheiten bzw. seltene Kostbarkeiten des Repertoires gespielt worden.
In diesem Jahr fand das Festival "Raritäten der Klaviermusik” vom 18. bis 25. August zum 25. Male im Schloss vor Husum statt.

Wir bringen im Jubiläumsjahr zwei Konzertaufzeichnungen mit den Pianisten Nadejda Vlaeva und Daniel Berman sowie Ausschnitte aus einem Podiumsgespräch im Rahmen der Raritäten der Klaviermusik "Quo vadis piano? - Der Klavierabend im Wandel der Zeiten".

Nadeja Vlaeva wurde in Sofia, Bulgarien geboren und begann im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. Sie studierte Klavier an der Musikschule von Sofia, dann an der Musikakademie von Sofia, dem Sweelinck Conservatorium in Amsterdam und an der Manhattan School of Music bei Antoanetta Arsova, Anton Dikov, Jan Wijn und Ruth Laredo. Sie arbeitete auch eng mit Lazar Berman zusammen. Nadejda Vlaeva wohnt zur Zeit in New York, wo sie schon in der Carnegie Weill Recital Hall, der Rose Hall im Lincoln Center und der Merkin Recital Hall spielte. Wo auch immer sie auftrat, wurde Nadeja Vlaevas Spiel überaus gelobt. Lazar Berman nannte ihr Talent "gottgegeben"; der Dirigent Hans Graf bemerkte, "ihre Musikalität und die Tiefe ihrer Interpretation beeindruckten mich". Sie tritt international auf und gab dabei Klavierabende in Bulgarien, Russland, der slowakischen Republik, Ungarn, den Niederlanden, Deutschland, England, Spanien, Barbados, Kanada und den USA. Sie spielte als Solistin mit dem Budapester Symphonieorchester, dem Calgary Philharmonic Orchestra, dem Edinburgh Symphony Orchestra, der Philharmonie von Breslau und mit zahlreichen anderen Orchestern weltweit.

Zu ihren größeren Auszeichnungen zählen der erste Preis beim Liszt Wettbewerb in Lucca, Italien, der dritte Preis beim internationalen Liszt Wettbewerb in Budapest und die Yamaha Auszeichnung für die beste Interpretation von Brahms in Weimar. Ihre zweite CD, Klaviermusik von Liszt, kam bei dem Label MSR Classics heraus und gewann den International Grand Prix "Liszt" du Disque. 2002 nahm sie den Soundtrack für den Dokumentarfilm "Auf der Suche nach Cézanne" auf, eine Produktion von Allan Miller, dem Gewinner des Academy Award. Ihre CD "A Treasury of Russian Romantic Piano" wurde hochgelobt in den Kritiken von Gramophone, International Record Review, dem BBC Music Magazine u. a. Erst kürzlich spielte sie eine CD von Bach Transkriptionen ein, die 2011 bei Hyperion herauskommt.

Der amerikanische Komponist Lowell Liebermann schrieb seine Variations on a Theme of Schubert (2007) und Nocturne No. 9 für sie. Sie stellte das Nocturne erstmalig beim Festival "Raritäten der Klaviermusik" in Husum vor. 2009 führte sie die Variations zum ersten Mal in der New Yorker Merkin Concert Hall auf. Ebenso spielte sie die Sonata No. 2 von Sergey Bortkiewicz als Premiere in Nordamerika.

Der in New York lebende Daniel Berman erhielt seine pianistische Ausbildung an der Juilliard School und Manhattan School of Music bei Robert Goldsand (einem Schüler von Moriz Rosenthal), die er mit besonderer Auszeichnung abschloss. Als Stipendiat des DAAD führte er sein Studium in der Meisterklasse von Prof. Bernhard Ebert an der Musikhochschule Hannover fort und legte 1983 seine Konzertreifeprüfung ab. Berman verfügt über ein breit gefächertes Repertoire, wobei nicht nur die "ewig beliebten Hauptwerke” sondern auch das selten Gespielte in seine Klavierabende einbezogen werden.

Seit 1974, konzertierte Berman regelmäßig in Amerika und Europa. Folgendes Zitat aus einer Kritik möge seine ganz eigene Klavierkunst charakterisieren: "ein klar, griffsicher und behende am Klavier wirkender Musiker … nicht die Lust am vitalen Spiel, sondern eine ganz vom Ästhetischen her geprägte Darstellung zeichnet diesen Künstler aus.”

Berman widmet sich mit Vorliebe der Klaviertranskription. Aufnahmen von ihm aus der Konzertreihe "Raritäten der Klaviermusik” in Husum sind auf sechs Danacord CDs erschienen, nicht zuletzt eine aus zwei Konzerten zusammengestellte Live CD ("Virtuoso Piano Rarities”) mit Werken von Gershwin-Wild, Bach-Tausig, Chopin-Balakirev, Infante, Medtner, und Liszt-Horowitz.
www.piano-festival-husum.de


Raritäten der Klaviermusik
Schloss vor Husum
Aufzeichnung vom 20.8.11


Johann Sebastian Bach/Camille Saint-Saëns
Rezitativ und Arie aus der Kantate "Freue dich, erlöste Schar" BWV 30
Bourrée aus der Partita für Violine solo Nr. 3 E-Dur BWV 1006
Chor (Adagio) aus der Kantate "Ach Gott, wie manches Herzeleid" BWV 3

Hans von Bülow
"Il Carnevale di Milano" op. 21

Hans von Bülow/Franz Liszt
Dantes Sonett
"Tanto gentile e tanto onesta"

Lowell Liebermann
Variationen über ein Thema von Franz Schubert op. 100

Nadejda Vlaeva, Klavier

ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
"Quo vadis piano? - Der Klavierabend im Wandel der Zeiten"
Ausschnitte aus einem Podiumsgespräch im Rahmen der Raritäten der Klaviermusik

Sergej Rachmaninow/Earl Wild
"O, cease Thy singing" op. 4 Nr. 4

Frank Churchill/Earl Wild
Reminiscences of Snow White

Benjamin Britten
Holiday Diary op. 5

Karol Szymanowski
Etüde op. 4 Nr. 1
Etüde op. 4 Nr. 3

Otto Schulhoff
Valse viennoise op. 22

Johann Strauß/Karl Tausig/Daniel Berman
Nouvelle Soirée de Vienne Nr. 4 E-Dur

Daniel Berman, Klavier