RAF-Geschichte als Familiendrama

Von Hannelore Heider · 10.04.2013
In Nina Grosses Film "Das Wochenende" sieht der Ex-Terrorist Jens nach 18 Jahren Haft seine Freunde von einst wieder. Denen zeigt er vor allem seine Verachtung. Im Mittelpunkt der Literaturverfilmung steht das Famliendrama.
"Nach dem Roman" von Bernhard Schlink überschreibt Nina Gosse als Regisseurin und Drehbuchautorin ihre Filmfassung der literarischen Vorlage. Sie erzählt die Geschichte vom nach 18 Jahren Haft entlassenen RAF-Terroristen als Familiendrama fast in Kammerspielform. Es ist die Schwester des Heimkehrers, die zur Feier der Entlassung Freunde in ein ausgebautes brandenburgisches Bauernhaus einlädt und sie kommen alle…. mit gemischten Gefühlen.

Tine (Barbara Auer) selbst empfängt ihren Bruder mit einer Mischung aus Demut und Hilflosigkeit. Sie wartet auf ein Sich-Öffnen, vielleicht auch ein bisschen Dankbarkeit ob ihrer Fürsorge über all die Jahre. Inga, Jens Ex-Geliebte und Mutter eines gemeinsamen Sohnes (Katja Riemann), würde der Konfrontation gern aus dem Weg gehen, aber genau das wird aus dem Treffen.

Das Wochenende ist die Spiegelung eines gesellschaftlichen Phänomens im privaten Kreis mehrer Personen, die alle eine unterschiedliche Haltung zur gemeinsamen Vergangenheit als Rebellen und letztlich Terroristen haben und sich doch einig sind, das Trauma am besten ewig ruhen zu lassen. Den Gefallen aber tut ihnen Jens nicht. Er attackiert die Wohlstandsbürger Inga und ihren Ehemann Ulrich (Tobias Moretti). Er verhöhnt seinen Freund Henna, der die aufregenden Jahre in der RAF journalistisch ausgebeutet hat.

Jens lässt niemanden im Unklaren, dass seine Verachtung der bürgerlichen Gesellschaft nicht verschwunden ist und dass es noch immer Not tut, dagegen zu kämpfen. Vor allem aber besteht er auf der Klärung der Frage, wer ihn damals verraten hat. Die Haltungen dazu werden durch die profilierten Darsteller beispielhaft gegeneinandergestellt, doch eigentlich wird wenig Substantielles verhandelt und leider entwickelt sich nichts.

In der privaten Konfrontation geht der Film nicht über den erreichten Stand der Diskussion über den Linksterrorismus hinaus, im Gegenteil. In den Mittelpunkt rückt immer mehr das Familiendrama eines vaterlosen Sohnes (Robert Gwisdek) und einer Ex-Geliebten, die dem Entlassenen viel vorzuwerfen haben. Ob sie sich noch etwas von ihm erhoffen und wie weit sie dafür bereit sind zu gehen , das bleibt am Ende die interessanteste Frage.


Das Wochenende
BRD 2012
Regie: Nina Grosse
Darsteller: Sebastian Koch, Katja Riemann, Barbara Auer, Sylvester Groth, Tobias Moretti, Robert Gwisdek
96 Minuten, ab 12 Jahren