Räumung des Köpi-Wagenplatzes

"Wieder ein Freiraum weniger in Berlin"

07:16 Minuten
Etwa 2400 Demonstranten demonstrieren für den Erhalt der Köpi.
Es gab viele Demonstrationen für den Erhalt des Köpi-Wagenplatzes, auf dem etwa 30 Menschen in alten Bauwagen leben. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Jean MW
Freke Over im Gespräch mit Ramona Westhof |
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Die Köpi in Berlin ist ein linkes Hausprojekt und Kulturzentrum. Der dazu gehörende Wagenplatz soll nun geräumt werden. Wochenlang gab es Proteste – vergeblich. Eine Räumung sei tragisch und politisch dumm, kritisiert der Linken-Politiker Freke Over.
Die Bewohner der Köpi – ein Haus an der Köpenicker Straße in Berlin-Mitte – haben mittlerweile Mietverträge. Der Wagenplatz allerdings soll geräumt werden. Die Bewohner protestierten dagegen und versuchten auch juristisch dagegen vorzugehen, allerdings vergeblich.

Die Lage sei angespannt, berichtet Reporter Manfred Götzke während der Räumung des "Köpi" in Berlin-Mitte. Aus dem Gelände seien Flaschen auf Polizisten geworfen worden, die wiederum seien zumindest teilweise ebenfalls ziemlich brutal vorgegangen. Zunächst habe die Polizei mit einem Räumpanzer, Motorsägen und Gerüsten mehrere Zäune durchbrochen.

Polizisten und ein Räumfahrzeug stehen während der Räumung am 15.10.2021 am Eingang der Bauwagensiedlung "Köpi" in Berlin.
© picture alliance / dpa / Fabian Sommer
"Es ist wieder ein Freiraum weniger, den es in Berlin geben wird. Das ist tragisch und aus meiner Sicht auch politisch dumm", sagt Freke Over, ehemaliger Hausbesetzer und Linke-Politiker.
"Eigentum verpflichtet", steht im Grundgesetz. "Wer sein Eigentum leer stehen lässt, der kommt seiner Pflicht nicht nach", sagt Over. Deswegen findet er das Mittel der Hausbesetzung legitim, wenn Wohnraum leer stehe, weil damit spekuliert werden soll.

Hausprojekte als Orte kultureller Entwicklung

"Die Aufwertung des Friedrichshains haben wir Hausbesetzer damals in den 90er-Jahren erst organisiert. Und viele Immobilienbesitzer profitieren heute davon", sagt Over. Die Hausbesetzungen hätten auch dazu geführt, Freiräume zu erhalten. Mittlerweile seien viele Hausprojekte vertraglich gesichert und "bieten die Möglichkeit, auch andere Wohnformen zu leben".
Hausprojekte seien immer wichtige Orte der kulturellen Entwicklung gewesen. "Es waren immer Orte der experimentellen Kultur, die in den besetzten Häusern möglich waren", sagt Over. Er sieht Hausbesetzungen in Wellen auftreten: "In den 80er-Jahren in West-Berlin gab es großen spekulativen Leerstand, der besetzt worden ist. Die Eigentümer hofften, dass ihnen die Häuser für viel Geld vom Senat beziehungsweise vom Bund für Autobahn- und andere Projekte abgekauft werden. Dagegen hat man sich mit Besetzung gewehrt und sehr erfolgreich viele Häuser erhalten."

"Man sollte Eigentümern mehr Druck machen"

In den 90er-Jahren gab es großen Leerstand in Ost-Berlin. Auch dort fand Besetzung statt: Freiräume seien dauerhaft gesichert worden, sagt Over. Er glaubt, es würde auch heutzutage wieder zu mehr Hausbesetzungen kommen, wenn wieder eine Situation entstehe, in der es auf der einen Seite einen Mangel an Wohnraum, auf der anderen Seite spekulativen Leerstand gäbe.
Im Moment gebe es allerdings nicht so viel Leerstand und "eine ganz klare Linie, sofort dagegen vorzugehen", so Over. "Persönlich halte ich das für falsch. Ich denke, man sollte hier auch den Eigentümern vonseiten der Politik mehr Druck machen."
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