Räuber auf hoher See
"Damals war das Mittelmeer von christlichen Korsaren ... derart überfüllt, dass für die muslimischen Kaperfahrer kaum noch Platz blieb!"
Deutsche Kriegsschiffe patrouillieren vor dem Horn von Afrika. Piraterie ist zu einem alltäglichen Bestandteil der Medienberichterstattung geworden. Der Geschichte der Piraterie vor unserer europäischen Haustür, im Mittelmeer, geht das Sachbuch "Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert" nach. Geschrieben hat es Salvatore Bono, Professor für Geschichte im italienischen Perugia und Gründer der SIHMED, der Société internationale des Historiens de la Méditerranée, eines Historikerverbandes von Mittelmeeranrainern, dem auch afrikanische und asiatische Wissenschaftler angehören.
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert" bietet fünf Hauptkapitel: 1.) Die Entstehung der nordafrikanischen Piratenstädte Algier, Tripolis und Tunis. 2.) Piraten auf eigene Rechnung und staatlich lizenzierte Korsaren. 3.) Schiffe und Mannschaften. 4.) Historische Überfälle. 5.) Geld, Profit und Sklaverei.
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer" ist eine sammelnde und sichtende Forschungsarbeit auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Besonderes Lob verdient die Untersuchung der Strukturen der Zwischenhändler der geraubten Waren, und wichtig ebenfalls, dass Bono herausarbeitet, wie sehr Sklaverei auch in der christlichen Welt selbstverständlich war; wie sagten die venezianischen Piraten: "siamo Veneziani, poi Christiani", "erst mal sind wir Venezianer, und dann Christen".
Aber auch wenn Bono betontermaßen Eurozentrismen vermeidet, gerät er ab und zu doch in eingeschliffene Bahnen: Bis heute nennt man zwar die drei nordafrikanischen Piraten-Stadtstaaten Algier, Tripolis und Tunis "Barbareskenstaaten" - aus der Volksgruppe der Berber wurden einst, weil's so gut passte, Barbaren gemacht -, aber nun wäre es vielleicht doch an der Zeit gewesen, aus "Barbareskenstaaten" "nordafrikanische Korsarenstaaten" zu machen.
Fast gänzlich unterschlägt "Piraten und Korsaren im Mittelmeer" die endgültige Niederlage der nordafrikanischen Korsarenstaaten durch die Marine der USA 1815, Amerikas erster militärisch globaler Auftritt als Weltpolizist in Übersee.
Sowohl ein kleiner Abriss der Piraterie in der Geschichte der Menschheit und eine Definition dessen, was Piraterie ist, als auch einige Sätze zur Piraterie heute hätten dem Buch nicht geschadet. Vergeblich hofft der Leser auf eine Umrechnungstabelle für Währungen wie Dukaten, Lire, Piaster oder Scudi.
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert" ist nicht unbedingt ein Buch für den Laien, -angelsächsische Spannungssachbuchlektüre darf man nicht erwarten. Dem Historiker und dem historisch Interessierten eröffnet sich eine reiche Detailsammlung, ein reicher Detailbeitrag zur Grundlagenforschung des Mittelmeers mit einer Unzahl bisher unveröffentlichter Zahlen, technischer Details und Originalquellen, die sprachlich den Kolorit ihrer Zeit mitbringen und den Leseeindruck lebendig erhalten.
Besprochen von Lutz Bunk
Salvatore Bono: Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert
Aus dem Italienischen von Achim Wurm
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2009
300 Seiten, 24,90 Euro
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert" bietet fünf Hauptkapitel: 1.) Die Entstehung der nordafrikanischen Piratenstädte Algier, Tripolis und Tunis. 2.) Piraten auf eigene Rechnung und staatlich lizenzierte Korsaren. 3.) Schiffe und Mannschaften. 4.) Historische Überfälle. 5.) Geld, Profit und Sklaverei.
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer" ist eine sammelnde und sichtende Forschungsarbeit auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Besonderes Lob verdient die Untersuchung der Strukturen der Zwischenhändler der geraubten Waren, und wichtig ebenfalls, dass Bono herausarbeitet, wie sehr Sklaverei auch in der christlichen Welt selbstverständlich war; wie sagten die venezianischen Piraten: "siamo Veneziani, poi Christiani", "erst mal sind wir Venezianer, und dann Christen".
Aber auch wenn Bono betontermaßen Eurozentrismen vermeidet, gerät er ab und zu doch in eingeschliffene Bahnen: Bis heute nennt man zwar die drei nordafrikanischen Piraten-Stadtstaaten Algier, Tripolis und Tunis "Barbareskenstaaten" - aus der Volksgruppe der Berber wurden einst, weil's so gut passte, Barbaren gemacht -, aber nun wäre es vielleicht doch an der Zeit gewesen, aus "Barbareskenstaaten" "nordafrikanische Korsarenstaaten" zu machen.
Fast gänzlich unterschlägt "Piraten und Korsaren im Mittelmeer" die endgültige Niederlage der nordafrikanischen Korsarenstaaten durch die Marine der USA 1815, Amerikas erster militärisch globaler Auftritt als Weltpolizist in Übersee.
Sowohl ein kleiner Abriss der Piraterie in der Geschichte der Menschheit und eine Definition dessen, was Piraterie ist, als auch einige Sätze zur Piraterie heute hätten dem Buch nicht geschadet. Vergeblich hofft der Leser auf eine Umrechnungstabelle für Währungen wie Dukaten, Lire, Piaster oder Scudi.
"Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert" ist nicht unbedingt ein Buch für den Laien, -angelsächsische Spannungssachbuchlektüre darf man nicht erwarten. Dem Historiker und dem historisch Interessierten eröffnet sich eine reiche Detailsammlung, ein reicher Detailbeitrag zur Grundlagenforschung des Mittelmeers mit einer Unzahl bisher unveröffentlichter Zahlen, technischer Details und Originalquellen, die sprachlich den Kolorit ihrer Zeit mitbringen und den Leseeindruck lebendig erhalten.
Besprochen von Lutz Bunk
Salvatore Bono: Piraten und Korsaren im Mittelmeer – Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert
Aus dem Italienischen von Achim Wurm
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2009
300 Seiten, 24,90 Euro