Radioortung | Hörspiele für Selbstläufer

    10 Aktenkilometer Dresden

    Von Rimini Protokoll |
    Über zehn Aktenkilometer lagern im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde in Dresden. Rimini Protokoll macht die Akten zugänglich: aus der Perspektive der Betroffenen, an den Orten ihrer Entstehung. Ein Audiowalk.
    Über zehn Aktenkilometer - je nach Zählweise - lagern im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde in der ehemaligen Bezirkshauptstadt Dresden. In der Stadt, die ihre Distanz zu Berlin beklagte und ihre Rivalität pflegte, und die stets eine gewisse Sonderrolle in der DDR hatte, ob als "Tal der Ahnungslosen" verspottet oder als Bezirk der Hochtechnologie gefeiert. In den 80er Jahren kommen wichtige Impulse der Friedens- und Kirchenbewegung aus Dresden und kein anderer DDR-Bezirk hat mehr Ausreiseanträge zu bearbeiten.
    Im Herbst '89 ist Dresden schließlich einer der Meilensteine der Wende: Die Sonderzüge aus Prag rufen gewalttätige Unruhen am Hauptbahnhof hervor und mit der "Gruppe der 20" bildet sich das erste Mal eine kritische Öffentlichkeit, mit der die Staatsmacht direkt verhandelt. Das Ministerium für Staatssicherheit hatte stets einen besonderen Blick auf Dresden. Die Akten der 3500 hauptamtlichen und 11.000 inoffiziellen Mitarbeiter im Bezirk erzählen davon.
    Rimini Protokoll macht die damals entstandenen Akten zugänglich: aus der Perspektive der Betroffenen, an den Orten ihrer Entstehung. An die 50 Menschen wurden im Dresdner Stadtraum befragt, wie sie die Überwachung durch die Staatssicherheit erlebten. Sie rekonstruieren die Situation und stellen ihre Geschichte den Stasi-Akten entgegen.
    "10 Aktenkilometer Dresden" - ein begehbares Stasi-Hörspiel
    Das Audiowalk-Hörspiel macht Stasi-Akten in Dresden zugänglich - aus der Perspektive der Betroffenen.© Deutschlandfunk Kultur / Sebastian Wagner
    Wie hört es sich heute an, wenn sich ein so genannter "Staats- und Klassenfeind" zu dem äußert, was sich der Staat zu ihm zusammenreimte? Wann und wo wussten die Observierten von dem Blick, der sie begleitete? Wann löst sich das Protokoll von dem ab, was eigentlich stattfand?
    Bei ihrem Spaziergang stoßen die Hörerinnen und Hörer mitten in der barocken Altstadt auf Observationsberichte, Persönlichkeitsbilder, Operativpläne, Gedächtnisprotokolle und Originaltöne aus den Archiven. Mit dem Blick auf die vertraute Alltäglichkeit der Stadt und den O-Tönen von damals im Ohr stellt sich für die Fußgänger ein seltsames Vexierbild her: Wie leicht ist es, einer banalen Handlung einen doppelten Boden zu unterstellen? Wie schnell wird etwas amtlich und unzweifelhaft, weil es einmal schriftlich festgehalten wurde?
    RIMINI PROTOKOLL
    Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel haben im Jahr 2000 das Theater-Label Rimini Protokoll gegründet und arbeiten seither in verschiedenen Konstellationen unter diesem Namen. Stück für Stück erweitern sie die Mittel des Theaters, um neue Perspektiven auf die Wirklichkeit zu schaffen.
    Rimini Protokoll entwickeln ihre Bühnenstücke, Interventionen, szenischen Installationen und Hörspiele oft mit Expert*innen, die ihr Wissen und Können jenseits des Theaters erprobt haben. Außerdem übersetzen sie gerne Räume oder soziale Ordnungen in theatrale Formate. Viele ihrer Arbeiten zeichnen sich durch Interaktivität und einen spielerischen Umgang mit Technik aus.
    Seit 2003 befindet sich das Produktionsbüro von Rimini Protokoll in Berlin.
    10 Aktenkilometer Dresden. Ein begehbares Stasi-Hörspiel
    ist eine Produktion von Rimini Protokoll in Koproduktion mit dem Staatsschauspiel Dresden und dem Freistaat Sachsen
    Gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
    Mit beratender Unterstützung der BStU Berlin und Außenstelle Dresden sowie der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.