Radio mit Mehrwert
Im Gegensatz zum Fernsehen steht der Hörfunk in Deutschland bei der Digitalisierung seiner Programme noch ganz am Anfang. Ein Problem ist dabei die Festlegung auf einheitliche Standards. Wie die aussehen könnten und ob es überhaupt einen Bedarf für neue digitale Programme gibt, diskutierten Fachleute auf dem 3. Berliner Medien-Disput.
Die Radionutzung in Deutschland ist seit langem auf einem konstant hohen Niveau, auch wenn es in den letzten Jahren einen kleinen Rückgang gegeben hat. Dennoch bleiben die rund 60 öffentlich-rechtlichen und 250 privaten Programme für die Hörer eine attraktive Quelle für Information und Unterhaltung.
Doch hier beginnt das Problem bereits: Die meisten Hörer sind mit dem Angebot an öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen recht zufrieden und verspüren nicht unbedingt das Bedürfnis, sich neue digitale Radiogeräte anzuschaffen. Seit Jahren wird um einen einheitlichen technischen Standard gerungen, um Digitalradio flächendeckend in Deutschland einzuführen. Doch alle Versuche in den letzten zehn Jahren, sich einem einheitlichen Standard zu nähern, sind im Sande verlaufen.
Neben den unterschiedlichen Auffassungen in den Bundesländern gibt es noch einen anderen Grund: Bis heute wissen weder die Hörer noch die Veranstalter, was genau sie eigentlich mit den neuen technischen Möglichkeiten anfangen sollen. Im Gegensatz zum klassischen Radio ist es im Digitalradio möglich, auch Bilder, Verkehrsinformationen, Musikvideos und anderes auf einen kleinen Bildschirm zu übertragen.
Aber braucht man derlei Angebote wirklich? Das kommt darauf an, meint der Präsident der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg, Thomas Langheinrich. Das klassische UKW habe jedenfalls noch lange nicht ausgedient:
"Das, was wir im Digitalen haben, ist nicht dasselbe wie beim Fernsehen vom analogen zum digitalen Fernsehen, sondern wir haben hier ein Nebeneinander von UKW auf zumindest mal lange Zeit, und eine neue Nutzung von digitalen Möglichkeiten. Wie die aussehen können? Sie müssen auf jeden Fall so aussehen, dass sie für den Kunden, für den Hörer Zusatznutzen bieten, sonst wird er sich niemals etwas Neues anschaffen. Das haben inzwischen auch alle begriffen, und daran müssen wir jetzt in unterschiedlichen Abstufungen arbeiten."
Was will man anbieten - noch immer warten die Hörer vergeblich auf eine Antwort auf diese Frage. Allerdings: Ähnlich dem Fernsehen gibt es auch beim Radio durch die Digitalisierung nicht nur mehr Programme, sondern auch ganz neue Angebotsmodelle, etwa wenn man an "Radio auf Abruf" denke, wie das zum Teil ja schon heute im Internet gemacht werde, meint der Intendant des Deutschlandradio, Ernst Elitz:
"Die Digitalisierung bringt uns natürlich Chancen, weil sie insgesamt für Nutzer die Möglichkeit eröffnet, unterschiedliche Programme und eine größere Vielfalt zu empfangen, was im UKW-Bereich zur Zeit nicht möglich ist. Aber im digitalen Bereich ergeben sich noch mehr Möglichkeiten, und eben auch ergänzende Möglichkeiten über ergänzende Mediendienste, denn heutzutage ist jeder, ob er kommerziell oder gebührenfinanziert ist, ob er im Printbereich tätig ist, oder ob er im elektronischen Bereich tätig ist, ein Inhaltanbieter, der seine Inhalte auch über das Internet in einer größeren Zeitsouveränität für den Nutzer anbieten kann, und das ermöglicht uns die Digitalisierung."
Auch andere Modelle, wie etwa spezielle lokale, regionale, aber auch nationale Programmangebote hätten durch Digitalradio enorme Vorteile, zumal die Übertragungskosten deutlich sinken würden, wenn die Umstellung einmal vollbracht ist. Das sei sehr im Sinne der Gebührenzahler, so Elitz. Notwendig dafür sei aber, dass man endlich zu einer nationalen Medienpolitik in dieser Frage komme, sonst werde noch in Jahren über die Einführung von Digitalradio diskutiert.
Ein Blick auf die Realität gerade in den Ballungsräumen wie Hamburg, Berlin oder München zeigt aber: Die Zahl der jetzt schon vorhandenen Programme scheint kaum ein Bedürfnis offen zu lassen, die Hörer verspüren scheinbar keinen allzu großen Phantomschmerz nach noch mehr Programmen.
In England oder Dänemark, wo Digitalradio schon deutlich weiter entwickelt ist, ist man schon deutlich weiter: Dort waren die Macher bei der Entwicklung neuer Programmangebote sehr kreativ, wie der Hörfunkdirektor des Hessischen Rundfunks, Heinz-Dieter Sommer, betont:
"Wenn die ARD/ZDF-Medienkommission in ihrer jüngsten Umfrage feststellt, dass zum Beispiel unter ausländischen Mitbürgern in unserem Land die türkische Bevölkerung fast überhaupt kein Radio nutzt, und wenn wir wissen, dass in England die BBC mit Angeboten für die pakistanische Bevölkerung beispielsweise erhebliche Zuwächse erzielt hat, dann glaube ich, dass wir dort unglaubliche Märkte haben, die wir im Moment gar nicht kennen. Deswegen hat die ARD über ein Kinderradio nachgedacht, und wird dies auch weiter tun, das gibt es nämlich so noch nicht, ich denke, wenn man sich das anguckt, es gibt einen Kinderkanal im Fernsehen, da gibt es Möglichkeiten, ich glaube übrigens auch auf der kommerziellen Seite."
Erstaunlicherweise ist der kommerzielle Rundfunk in der Frage der Digitalisierung durchaus auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Sender: Mehr technische Möglichkeiten heißt eben auch mehr und neue Geschäftsmodelle.
Nach Jahren des Stillstands scheint in diesem Jahr nun Bewegung in die Debatte um die Zukunft des Rundfunks zu kommen: Zur Internationalen Funkausstellung im September in Berlin soll eine Absichtserklärung aller Programmanbieter, der Gerätehersteller und der Politik unterzeichnet werden, die eine breite Markteinführung für 2009 festschreibt. Vorher gebe es allerdings noch eine Reihe von Punkten zu klären, etwa die Frage: Müssen alle Programme auch überall zu empfangen sein, also etwa: Muss der Bayerische Rundfunk auch in Hamburg zu hören sein? Andreas Krautscheid, Staatssekretär für Medien in Nordrhein-Westfalen:
"Wir werden zu der Frage bundesweite Angebote noch eine muntere Diskussion kriegen. Das wird dann spiegelbildlich all das sein, was wir bei den Öffentlich-Rechtlichen beim Thema Internet zu diskutieren haben, bei der Frage, welche Plattformen künftig genutzt werden, das spielt sich alles wiederum rund um die Frage ab, wie viel muss es denn sein, wie viel darf es denn sein, auch immer im Blick auf Gebühren und Public Value. Ein wunderbarer Begriff, den wir jetzt fünf Mal am Tag benutzen, weil er sehr stark signalisiert: Es muss einen Mehrwert geben."
Doch hier beginnt das Problem bereits: Die meisten Hörer sind mit dem Angebot an öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen recht zufrieden und verspüren nicht unbedingt das Bedürfnis, sich neue digitale Radiogeräte anzuschaffen. Seit Jahren wird um einen einheitlichen technischen Standard gerungen, um Digitalradio flächendeckend in Deutschland einzuführen. Doch alle Versuche in den letzten zehn Jahren, sich einem einheitlichen Standard zu nähern, sind im Sande verlaufen.
Neben den unterschiedlichen Auffassungen in den Bundesländern gibt es noch einen anderen Grund: Bis heute wissen weder die Hörer noch die Veranstalter, was genau sie eigentlich mit den neuen technischen Möglichkeiten anfangen sollen. Im Gegensatz zum klassischen Radio ist es im Digitalradio möglich, auch Bilder, Verkehrsinformationen, Musikvideos und anderes auf einen kleinen Bildschirm zu übertragen.
Aber braucht man derlei Angebote wirklich? Das kommt darauf an, meint der Präsident der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg, Thomas Langheinrich. Das klassische UKW habe jedenfalls noch lange nicht ausgedient:
"Das, was wir im Digitalen haben, ist nicht dasselbe wie beim Fernsehen vom analogen zum digitalen Fernsehen, sondern wir haben hier ein Nebeneinander von UKW auf zumindest mal lange Zeit, und eine neue Nutzung von digitalen Möglichkeiten. Wie die aussehen können? Sie müssen auf jeden Fall so aussehen, dass sie für den Kunden, für den Hörer Zusatznutzen bieten, sonst wird er sich niemals etwas Neues anschaffen. Das haben inzwischen auch alle begriffen, und daran müssen wir jetzt in unterschiedlichen Abstufungen arbeiten."
Was will man anbieten - noch immer warten die Hörer vergeblich auf eine Antwort auf diese Frage. Allerdings: Ähnlich dem Fernsehen gibt es auch beim Radio durch die Digitalisierung nicht nur mehr Programme, sondern auch ganz neue Angebotsmodelle, etwa wenn man an "Radio auf Abruf" denke, wie das zum Teil ja schon heute im Internet gemacht werde, meint der Intendant des Deutschlandradio, Ernst Elitz:
"Die Digitalisierung bringt uns natürlich Chancen, weil sie insgesamt für Nutzer die Möglichkeit eröffnet, unterschiedliche Programme und eine größere Vielfalt zu empfangen, was im UKW-Bereich zur Zeit nicht möglich ist. Aber im digitalen Bereich ergeben sich noch mehr Möglichkeiten, und eben auch ergänzende Möglichkeiten über ergänzende Mediendienste, denn heutzutage ist jeder, ob er kommerziell oder gebührenfinanziert ist, ob er im Printbereich tätig ist, oder ob er im elektronischen Bereich tätig ist, ein Inhaltanbieter, der seine Inhalte auch über das Internet in einer größeren Zeitsouveränität für den Nutzer anbieten kann, und das ermöglicht uns die Digitalisierung."
Auch andere Modelle, wie etwa spezielle lokale, regionale, aber auch nationale Programmangebote hätten durch Digitalradio enorme Vorteile, zumal die Übertragungskosten deutlich sinken würden, wenn die Umstellung einmal vollbracht ist. Das sei sehr im Sinne der Gebührenzahler, so Elitz. Notwendig dafür sei aber, dass man endlich zu einer nationalen Medienpolitik in dieser Frage komme, sonst werde noch in Jahren über die Einführung von Digitalradio diskutiert.
Ein Blick auf die Realität gerade in den Ballungsräumen wie Hamburg, Berlin oder München zeigt aber: Die Zahl der jetzt schon vorhandenen Programme scheint kaum ein Bedürfnis offen zu lassen, die Hörer verspüren scheinbar keinen allzu großen Phantomschmerz nach noch mehr Programmen.
In England oder Dänemark, wo Digitalradio schon deutlich weiter entwickelt ist, ist man schon deutlich weiter: Dort waren die Macher bei der Entwicklung neuer Programmangebote sehr kreativ, wie der Hörfunkdirektor des Hessischen Rundfunks, Heinz-Dieter Sommer, betont:
"Wenn die ARD/ZDF-Medienkommission in ihrer jüngsten Umfrage feststellt, dass zum Beispiel unter ausländischen Mitbürgern in unserem Land die türkische Bevölkerung fast überhaupt kein Radio nutzt, und wenn wir wissen, dass in England die BBC mit Angeboten für die pakistanische Bevölkerung beispielsweise erhebliche Zuwächse erzielt hat, dann glaube ich, dass wir dort unglaubliche Märkte haben, die wir im Moment gar nicht kennen. Deswegen hat die ARD über ein Kinderradio nachgedacht, und wird dies auch weiter tun, das gibt es nämlich so noch nicht, ich denke, wenn man sich das anguckt, es gibt einen Kinderkanal im Fernsehen, da gibt es Möglichkeiten, ich glaube übrigens auch auf der kommerziellen Seite."
Erstaunlicherweise ist der kommerzielle Rundfunk in der Frage der Digitalisierung durchaus auf der Seite der öffentlich-rechtlichen Sender: Mehr technische Möglichkeiten heißt eben auch mehr und neue Geschäftsmodelle.
Nach Jahren des Stillstands scheint in diesem Jahr nun Bewegung in die Debatte um die Zukunft des Rundfunks zu kommen: Zur Internationalen Funkausstellung im September in Berlin soll eine Absichtserklärung aller Programmanbieter, der Gerätehersteller und der Politik unterzeichnet werden, die eine breite Markteinführung für 2009 festschreibt. Vorher gebe es allerdings noch eine Reihe von Punkten zu klären, etwa die Frage: Müssen alle Programme auch überall zu empfangen sein, also etwa: Muss der Bayerische Rundfunk auch in Hamburg zu hören sein? Andreas Krautscheid, Staatssekretär für Medien in Nordrhein-Westfalen:
"Wir werden zu der Frage bundesweite Angebote noch eine muntere Diskussion kriegen. Das wird dann spiegelbildlich all das sein, was wir bei den Öffentlich-Rechtlichen beim Thema Internet zu diskutieren haben, bei der Frage, welche Plattformen künftig genutzt werden, das spielt sich alles wiederum rund um die Frage ab, wie viel muss es denn sein, wie viel darf es denn sein, auch immer im Blick auf Gebühren und Public Value. Ein wunderbarer Begriff, den wir jetzt fünf Mal am Tag benutzen, weil er sehr stark signalisiert: Es muss einen Mehrwert geben."