Quotierte Listen vor den Landesverfassungsgerichten

"Die Diskussion ums Paritätsgesetz hat viel bewegt"

07:10 Minuten
Illustration von einer Frau und einem Mann aus Papier auf einer Waage.
In Brandenburg gilt ein Paritätsgesetz: Piratenpartei, NPD und AfD haben dagegen ein Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht angestrengt. © Getty / iStockphoto
Martina Weyrauch im Gespräch mit Gabi Wuttke · 18.07.2020
Audio herunterladen
Noch ein Paritätsgesetz vor Gericht: Nach dem thüringischen wird bald auch das brandenburgische Gesetz verfassungsrechtlich überprüft. Die Juristin Martina Weyrauch befürwortet dies: Die Diskussion um quotierte Wahllisten erhalte dadurch sogar noch einen Schub.
Das Thüringer Verfassungsgericht hat in der vergangenen Woche das Paritätsgesetz des Landes für nichtig erklärt. Danach hätten die Parteien bei Wahlen in Thüringen künftig alle Listen abwechselnd mit Männern und Frauen bestücken müssen.
Das Gericht sah die in Artikel 46 der Thüringer Verfassung festgeschriebene Freiheit der Wahl beeinträchtigt. Auch werde mit dem Paritätsgesetz das passive Wahlrecht - also das Recht, sich einer Wahl zu stellen - eingeschränkt. Die Richter fällten ihr Urteil mit sechs gegen drei Stimmen.
In Brandenburg gilt ein ähnliches Paritätsgesetz weiterhin. Allerdings wird dieses schon bald ebenfalls durch das Landesverfassungsgericht überprüft werden.
Die Piratenpartei, die NPD und die AfD hatten ein Organstreitverfahren gegen das Gesetz angestrengt. Zudem hatte eine Privatperson Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die mündliche Verhandlung in Potsdam ist für den 20. August angesetzt.

Brandenburgische Landesverfassung formuliert schärfer

Als Juristin begrüße sie es, wenn Entscheidungen des Gesetzgebers im Sinne des Prinzips von "Checks and Balances" durch Gerichte kontrolliert werden, sagt dazu unser Studiogast Martina Weyrauch. Sie leitet die brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung. Unterschiedliche Inhalte und demokratische Werte seien in der Entscheidung der Verfassungsrichter gegeneinander abgewogen worden.
In Brandenburg sei das Gesetz ebenfalls nicht unumstritten, betont Weyrauch. Hier sei aber Artikel 12 Absatz 3 der brandenburgischen Landesverfassung beachtenswert, wo es heißt:
"Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land ist verpflichtet, für die Gleichstellung von Frau und Mann in Beruf, öffentlichem Leben, Bildung und Ausbildung, Familie sowie im Bereich der sozialen Sicherung durch wirksame Maßnahmen zu sorgen."
So "scharf" stehe dies in der thüringischen Landesverfassung nicht, betont Weyrauch.

Prozess um Parität weiterhin in vollem Gange

Der gesellschaftliche Diskussionsprozess um die Frage der Parität sei aus ihrer Sicht noch nicht abgeschlossen, sondern vielmehr in vollem Gange, sagt die Juristin. Durch die Verfassungsurteile bekomme die gesellschaftliche Debatte sogar noch einen Schub - ganz gleich wie diese ausfielen.
Die Diskussion um das Paritätsgesetz habe in Brandenburg viel bewegt. Zugleich müssten nun die Frauen zusehen, wie sie mehr "Biss" zeigten und sich auch durchsetzen.
(huc)
Mehr zum Thema