Quantencomputer

Alleskönner mit Hindernissen

Symbolfoto: Quantencomputer
Symbolfoto Quantencomputer: Oft findet die Forschung an Quantencomputern hinter verschlossenen Türen statt. © imago/Science Photo Library
Von Thomas Reintjes · 22.06.2017
Die Gesetze der Quantenphysik hätten schon Albert Einstein fast um den Verstand gebracht. Heute arbeiten Google und IBM an Quantencomputern – und Geheimdienste besitzen sie vermutlich auch. Noch aber haben sie technische und physikalische Grenzen.
James Wootton: "So, I have it on screen now. Press enter to continue."
"Ich hab das jetzt auf dem Bildschirm. Enter drücken um fortzufahren."
Es sieht aus wie ein uraltes Computerspiel.
"And then the player gets to place ships. So I'll place the ships..."
"Jetzt kann ich die Schiffe platzieren. Die möglichen Positionen sind nummeriert von 0 bis 4. Und dann platziert der zweite Spieler seine Schiffe."
Aber in gewisser Hinsicht ist diese Version von "Schiffe versenken" das futuristischste Computerspiel überhaupt.
"Now the ships have been placed and we have, you have to try and find my ships, and I have to try and find yours."
"Du musst jetzt meine Schiffe finden und ich deine."
Programmiert hat es James Wootton von der Universität Basel.
"Let's say I'm player one. Where am I going to bomb? Let's say I'm going to bomb position three."
"Ich bin Spieler 1 und ich bombardiere deine Position... Drei."

Das Spiel heißt "Quanten-Schiffe versenken"

Wasser! Ich freue mich zwar, dass seine Bombe daneben geht, aber das eigentlich Aufregende ist etwas anderes. Das Spiel heißt nicht "Schiffe versenken", sondern "Quanten-Schiffe versenken".
"Part of the fun of these quantum games is taking one of the world's most advanced pieces of technology and then just using it to play battleships."
"Was daran Spaß macht ist auch, dass wir eine der fortschrittlichsten Maschinen der Welt nehmen und sie dann benutzen, um Schiffe versenken zu spielen."
Quanten-Schiffe versenken läuft auf einem Quantencomputer.
Quantencomputer existieren bisher nur in Forschungslabors von Universitäten und großen Unternehmen wie Google und IBM. Geheimdienste haben sie vermutlich auch. Während sich manche damit brüsten, Quantencomputer entwickelt zu haben, sind andere zurückhaltender. Sie sprechen lieber von Quantenchips oder Quantenprozessoren, nicht gleich von einem ganzen Quantencomputer. Das hat damit zu tun, dass Quantencomputer noch so unausgereift sind, dass ihnen klassische Computer bisher überlegen sind. David DiVincenzo von der (Rheinisch-Westfälischen) Technischen Hochschule Aachen:
"They're not there yet in their full, you know having the full capabilities that they can someday have. They in fact currently have only very modest capabilities."
"Sie haben noch nicht alle Fähigkeiten, die sie eines Tages haben könnten. Eigentlich haben sie bisher nur sehr bescheidene Fähigkeiten."
"People can run real quantum calculations on them run real quantum algorithms and get answers that are reliable for very tiny textbook problems or very tiny textbook algorithms."
"Man kann zwar echte Quanten-Algorithmen auf ihnen laufen lassen und bekommt verlässliche Ergebnisse, aber das geht nur mit einfachen Übungsaufgaben."
Klassische Computer basieren auf Transistoren. In einem modernen Prozessor können drei, vier oder sogar zehn Milliarden Transistoren stecken. Sie formen Bits, also Einheiten, die entweder 0 oder 1 sein können. Die neuesten Quantencomputer haben hingegen weniger als 20 Bits, beziehungsweise Quantenbits. Quantenbits, kurz Qubits, sind klassischen Bits ähnlich.
"A Qubit is in many respects like a bit."
"Das Wort Bit ist ja ein Begriff für eine Information und gleichzeitig für ein Stück Hardware. Wenn man das Wort Bit sagt, kann man eine bestimmte Stelle auf einer Festplatte oder einen bestimmten Transistor meinen oder man kann die Zahl meinen, die in ihm gespeichert ist. In einem Bit ist die kleinste Informationseinheit gespeichert: Null oder Eins."
"...it carries a the smallest unit of information zero or one."
"Now a qubit is that plus a few other attributes that bring in the laws of quantum physics."
"Für ein Qubit gilt all das auch, plus die Gesetze der Quantenphysik."

Schon Albert Einstein fast um den Verstand gebracht

Diese Gesetze, die schon Einstein fast um den Verstand gebracht hätten, greifen immer dann, wenn es um sehr kleine Dinge geht. Etwa ein einzelnes Elektron oder ein einzelnes Photon, ein Lichtteilchen. Solche kleinen Teilchen verhalten sich nicht wie verkleinerte Billardkugeln, sie gehorchen anderen Gesetzen.
Beim Quanten-Schiffe versenken steht es immer noch 0:0. Auch meine Bombe hat ins Leere getroffen. Das Spiel läuft auf einem Quantencomputer mit 5 Qubits - daher gibt es auch nur fünf mögliche Positionen für die Schiffe.
"Each ship only takes up one position and this allows us to identify each ship basically with, this allows us to identify each ship basically with one qubit..."
"Jedes Schiff nimmt nur ein Feld ein und deshalb können wir jedes Schiff mit einem Qubit repräsentieren."
"And by doing basic operations on these bits, we can simulate the effect of a ship getting bombed."
"Durch einfache Rechenoperationen auf diesen Bits können wir simulieren, was passiert, wenn ein Schiff bombardiert wird."
Wir geben unsere nächsten Züge ein. Ich bombardiere seine Position 3. Und James Wootton bombardiert meine Position 1.
Zu verstehen, was in einem Quantencomputer, in einem Qubit vor sich geht, ist nicht leicht.
"This was the big thing that Einstein got wrong in science."
Selbst Einstein lag bei diesem Thema daneben, sagt Charles Bennett, einer der Pioniere der Quanteninformatik und Forscher bei IBM. Wenn Quanteneffekte bei Elektronen oder Photonen auftreten, dann lässt sich nicht mehr genau vorhersagen, wie sich die Teilchen verhalten. Zufall kommt ins Spiel.
"This randomness was something that he didn't like. And his famous nickname for that was God playing dice."

Einstein: "Gott würfelt nicht"

"Gott würfelt nicht", lautet das berühmte Einstein-Zitat. Der Zufall passte nicht in sein Weltbild. Genauso wenig gefiel Einstein die Quantenverschränkung, ein Effekt, bei dem zwei weit voneinander entfernte Teilchen scheinbar wissen, was mit dem anderen passiert.
"He called that spooky action at a distance or Spukhafte Fernwirkung and he didn't like it."
Dass Einstein die Quanteneffekte nicht ganz geheuer waren, ist bis heute eine beliebte Ausrede dafür, sich nicht mit ihnen auseinander zu setzen. Selbst Wissenschaftler und Ingenieure, beklagt Charles Bennett, würden oft nur die Formeln anwenden, statt zu versuchen sie zu verstehen. Rund 100 Jahre nach der Entwicklung der Quantentheorie gilt sie immer noch als Buch mit sieben Siegeln.
"That's spukhafte Spätwirkung."
Diese Angst vor der Quantenmechanik sei falsch, sagt Charles Bennett. Er findet, sie sollte zum Allgemeinwissen gehören genau wie andere Grundsätze der Natur. Dass die Erde eine Kugel ist, dass Materie aus Atomen besteht, dass Elektronen laut Quantenmechanik gleichzeitig Welle und Teilchen sein können - das sollte jeder wissen. Und dass man damit dann Computer bauen kann, die trotz der in der Quantenmechanik eingebauten Zufallskomponente verlässliche Ergebnisse liefern. David DiVincenzo von der RWTH Aachen erklärt das so:
"Part of the traditional idea of quantum physics is that there are so-called wave particle duality so that everything that you thought is a particle actually has wave particle wave properties and vice versa."
Zu den grundsätzlichen Konzepten der Quantenphysik gehört der so genannten Welle-Teilchen-Dualismus. Das heißt, dass alles, von dem man denkt es sei ein Teilchen, auch Eigenschaften einer Welle hat und umgekehrt.
"What I would claim is that the bit of a regular computer is sort of a particle because it can be you know a charge or you know an assembly of charged particles of electrons that are either in one part of an electric circuit or another part of an electric circuit."
In einem normalen Computer kann man sich ein Bit mehr wie ein Teilchen vorstellen oder eine Gruppe geladener Teilchen, Elektronen. Die befinden sich entweder in einem Teil eines Stromkreises oder in einem anderen.
"Now you can miniaturize and this is a big subject in regular computing you can miniaturize down to the point where that bit is carried just by one electron...."
"Jetzt kann man das so weit verkleinern, dass ein Bit nur noch von einem Elektron dargestellt wird. Das kann man machen, dass man Information in nur einem Elektron speichert, das entweder hier ist oder dort, links oder rechts, oben oder unten."
"... left or right or up or down or whatever. Tthis is where quantum mechanics comes in because electrons or other particles as well have these properties of being waves."
"Da kommt dann Quantenmechanik ins Spiel, weil Elektronen und andere Teilchen dann diese Eigenschaft von Wellen bekommen - die Superposition. Wie wenn man zwei Wellen zusammen bringt und es dann Interferenzen gibt."
"So and the property that wave has is so-called superposition. If you add two waves together you get you know interference."

Ein Quantenbit kann nicht nur 0 oder 1 sein

Die Wellentäler und Wellenberge von zwei ineinander laufenden Wellen überlagern sich. Ein einzelnes Teilchen wird zum Teil beider Wellen und trägt deren Information. Es kann Wellental und Wellenberg gleichzeitig sein oder irgendwo dazwischen liegen. Auf die Computerwelt übertragen heißt das: Ein Quantenbit kann nicht nur 0 oder 1 sein. Es kann auch Zwischenstadien annehmen und quasi ein bisschen 0 und ein bisschen 1 gleichzeitig sein.
"The idea is you apply the principle of wave superposition to the state itself. You can say a bit state can be in a wave sense a 0 and a 1 at the same time."
Qubits können komplexere Zustände annehmen als das simple 0 oder 1 von klassischen Bits. In der Praxis bedeutet das, dass mit einem Qubit neue Arten von Rechenoperationen möglich werden. Ein Quantencomputer versteht mehr verschiedene Befehle. Programmierern werden also eine Menge neuer Tools in die Werkzeugkiste gelegt.
"This basic principle of quantum physics brought it into information into the representation of information actually in a sense extends the software..."
Das Superpositionsprinzip erweitert die Befehle, mit denen Informationen verarbeitet werden können. Wenn man sagt, versetze dieses Bit in eine Superposition, dann ist das ein Befehl in der - naja - Quantencomputer-Sprache.
"And you know it was learned in the 1990s that that extension of the instruction set permitted by quantum physics permits new kinds of algorithms..."
"Wir wissen seit den 1990ern, dass diese Erweiterung des Befehls-Vokabulars neue Algorithmen ermöglicht. Damit könnten Aufgaben, von denen man immer dachte, sie seien unlösbar, berechenbar werden."
"...not practical to compute. It made them quite practical."
Weil ein Quantenbit mehrere Zustände gleichzeitig annehmen kann, können Quantenchips quasi mehrere Rechenwege gleichzeitig einschlagen.
Ein Beispiel ist das Problem des Handlungsreisenden. Dabei soll ein Computer die kürzeste Strecke für eine Rundreise zu mehreren Städten berechnen. Bei nur zehn Städten gibt es rund 180.000 mögliche Reisewege, bei 15 Städten sind es schon fast 44 Milliarden mögliche Reisewege. Klassische Computer stoßen dabei schnell an ihre Grenzen. Ein Quantencomputer könnte aber gewissermaßen alle Wege gleichzeitig ausprobieren und so den kürzesten viel schneller finden.
Faszinierend ist, wie Quantencomputer zu dem Ergebnis kommen. Dass am Ende ein Ergebnis steht, heißt, dass alle Quantenbits sich entschieden haben, ob sie 0 oder 1 sind. Davor sind sie in einem undefinierten Zwischenzustand, der Superposition. David DiVincenzo beschreibt, was in einem Qubit vor sich geht.
"And so what indeed happens is, you get into a situation where the electron is not in the left..."
"Es ist dann so, dass das Elektron weder links noch rechts ist. Es ist auf beiden Seiten gleichzeitig. Das ist ein Schlüssel-Aspekt von Quanten-Berechnungen."
"... a quantum computation."

Paradox: Jedes Mal ein anderer Rechenweg möglich

Tatsächlich zuschauen kann man dem Qubit dabei nicht, wie es zwischen links und rechts schwankt. Denn sobald man hinguckt, zwingt man es, sich sofort für links oder rechts, für 1 oder 0 zu entscheiden.
"If you say, well, I want to look, I want to see, I want to measure what the electron is actually doing and you put a sensor there or a camera or a microscope..."
"Wenn man sehen will, wo das Elektron ist, mit einem Sensor, einer Kamera oder einem Mikroskop, dann sieht man es links oder rechts. Aber damit hat man dann die Berechnung verfälscht."
"So it's one of the principles of quantum computing is that you must not look..."
"Man darf nicht gucken, solange die Berechnung läuft, weil es undefiniert bleiben muss, wo das Elektron ist."
"...you must not make definite where the electron is."
Es ist paradox, das gibt David DiVincenzo gerne zu. Dass bei einer mathematischen Berechnung, die ein eindeutiges Ergebnis hat, unbestimmte Zwischenzustände auftreten. Dass sozusagen der Rechenweg unklar ist und sogar bei derselben Berechnung, beim selben Quantencomputer-Programm, jedes Mal ein anderer sein kann.
"Bei Quantencomputern ist es alles verschwommen bis ganz zum Schluss und dann ist es, als würde es plötzlich scharf, die Ausschläge der Wellen, die Wellen kommen in den Fokus bis sie sehr scharf sind und das ist der Zeitpunkt, wenn man das Ergebnis ausliest."
"… waves sort of come to a focus. They come to some very sharp point you know the point where the intensity is very definite and that's the moment when you read the quantum computation."
Die Seeschlacht beim Schiffe versenken ist etwas ins Stocken geraten. Ich möchte wissen, wie mein Gegner James Wootton das Spiel programmiert hat. Wie er mit der Unschärfe und Unbestimmtheit des Quantencomputers umgeht.
"The measurement is an important part, because it's what turns a quantum bit into a normal bit..."
"Das Auslesen ist ein wichtiger Teil, weil es ein Quantenbit in ein normales Bit verwandelt. Das Quantenbit kann ja entweder 0 oder 1 sein oder eine Superposition, wo man oft sagt, es ist beides gleichzeitig. Aber wenn man es ausliest, zwingt man es, sich zu entscheiden. Wenn dein Quantenbit 0 ist und du fragst es, ob es 0 oder 1 ist, dann sagt es dir 0. Und wenn es 1 ist, sagt es 1. Aber wenn es in einer Superposition ist, muss es sich zufällig entscheiden. Manche Superpositionen sind näher an der 0, dann ist es wahrscheinlicher, dass es sich für 0 entscheidet. Andere sind näher an der 1, also wird es sich eher für 1 entscheiden."
"... and there's some that are in between."
Der Trick ist, das Programm viele Male durchlaufen zu lassen - genau gesagt 1024 Mal - und dabei zu zählen, wie oft das Quantenbit sich für 0 oder 1 entscheidet. Je öfter ein Quantenbit beim Schiffe versenken den Wert 1 zurückliefert, desto mehr Bomben hat es abbekommen und umso stärker ist das entsprechende Schiff beschädigt.
Unser Spiel ist leider inzwischen abgestürzt. Aber das war ohnehin zweitrangig. Denn sein Ziel hat James Wootton bei mir erreicht:
"What I'm, I'm wanting people to learn from these games is that quantum computers aren't these big scary things..."

"Keine furchteinflößenden Maschinen"

"Ich möchte mit diesen Spielen erreichen, dass die Leute merken, dass Quantencomputer nicht diese großen, furchteinflößenden Maschinen sind, die irgendwelche anderen Menschen für merkwürdige und komplizierte Aufgaben benutzen. Jeder kann Quantencomputer benutzen, jeder kann für sie programmieren und beliebige Dinge damit tun. Zum Beispiel Schiffe versenken, wenn man will."
"... they can do anything with them. Like Battleships. If they will."
Der Quantencomputer, auf dem das Spiel läuft, steht in einem Labor von IBM. Jeder kann ihn über das Internet kostenlos benutzen.
Spiele können helfen, die unintuitive Quantenwelt zu verstehen. Aber wie Einstein ja schon gemerkt hat, ist es nicht einfach, sich von den Gesetzmäßigkeiten unserer Alltagswelt zu verabschieden und in Gedanken in die Quantenwelt der Elektronen und Photonen einzutauchen. Selbst David DiVincenzo, der schon fast 40 Jahre auf diesem Gebiet forscht, sagt:
"I haven't completely internalized. I think there's still some very paradoxical things that our culture will still have some time to deal with or has to deal with."
"Ich habe es noch nicht komplett verinnerlicht. Es gibt immer noch diese Sachen, die für unsere Kultur sehr paradox erscheinen."
Zumindest wenn man nicht nur Quantencomputer, sondern die gesamte Quantenmechanik betrachtet, sieht DiVincenzo eine Lebensweisheit darin, die ihn fasziniert. Sie hat zu tun mit der Ungewissheit der Zukunft.
"You might have the hope that well someday we'll be able to perfectly predict the weather a week from now or a year from now. And we're prevented from doing so because of well chaos or turbulence or something like that..."
"Es mag Leute geben, die hoffen, dass wir eines Tages in der Lage sein werden, das Wetter für nächste Woche oder nächstes Jahr genau vorherzusagen. Bisher können wir das nicht wegen Chaos, Turbulenzen oder so. Aber laut der klassischen Physik heißt das einfach, dass man detailliertere Simulationen braucht."
"... you have to run more detailed simulations. But quantum mechanics says that there is a limit to that and there are events that are truly... whose outcome are not defined."
"Aber die Quantenmechanik sagt, dass es da eine Grenze gibt. Dass es Vorgänge gibt, deren Ausgang undefiniert ist. Wo die Gegenwart uns keine Hinweise auf das Ergebnis liefert."
"...about their outcome. And to me that was the incredible insight of Schrödinger that I mean everyone has heard of..."
"Das ist für mich die unglaubliche Erkenntnis von Schrödinger, von dem jeder schon gehört hat, aber ich glaube die meisten wissen nicht, dass es das war, was ihn am meisten beschäftigt hat. Klar, die Katze ist gleichzeitig tot und lebendig, das ist ein Teil der Geschichte. Aber eigentlich geht es darum, dass die Katze in naher Zukunft tot oder lebendig sein wird. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir das nicht wissen."
"... it was more that in a brief in a short while the cat will be dead or will be alive. But there's actually no way of knowing at the present."

Die Unmöglichkeit etwas gegen die Ungewissheit zu tun

Diese Ungewissheit und die Unmöglichkeit etwas gegen sie zu tun, das scheint unserer Kultur, vielleicht sogar dem Menschsein zu widersprechen. Denn David DiVincenzo attestiert uns einen gewissen Kontrollzwang, der die Unbestimmtheit von Quantenzuständen fast unheimlich erscheinen lässt.
It's a little bit scary in fact...
"Es ist in der Tat ein bisschen unheimlich. Meiner Meinung nach geht es den Menschen immer darum, Zufälligkeiten zu reduzieren. Aber die Quantenmechanik sagt, dass manche Missgeschicke vollkommen unvorhersehbar sind. Mit keinem Aufwand der Welt kann man sicherstellen, dass etwas Bestimmtes passiert, egal, wie sehr wir versuchen, die Dinge zu kontrollieren."
"... make sure that this or that will happen. So that's to me that's one of the you know amazing philosophical aspects of quantum mechanics that well we have to live with but we may have hoped for something a little kinder but it's not the way it works."
"Das ist für mich eine der faszinierenden philosophischen Aspekte der Quantenmechanik. Wir hätten vielleicht auf etwas Schöneres gehofft, aber so läuft das nicht. Damit müssen wir leben."
Den IBM-Forscher Charles Bennett beschäftigt mehr die Flüchtigkeit der Informationen, die in Quantenbits gespeichert sind. Wenn ein Quantenbit ausgelesen wird, verschwindet die Unklarheit der Superposition. Deshalb sagt Bennett:
"Quantum information behaves like the information in a dream."
"Quanteninformationen verhalten sich wie die Informationen in einem Traum."
"And if you if you try to share your dream with somebody you forget the dream and you only remember what you said about it."
"Wenn man jemandem von einem Traum erzählt, dann vergisst man den Traum und erinnert sich nur noch an das, was man darüber gesagt hat."
Matthias Steffen: "You hear the sound of one of the refrigerators here..."
"Was Sie hören, ist das Geräusch eines der Kühlbehälter. Dieses Zwitschern, das ist der Pulsröhrenkühler, der die erste Stufe im Kühlbehälter auf vier Kelvin runterkühlt."
"... cool the first stage down in the refrigerator to about four Kelvin..."
Das Quantum Lab von IBM liegt abgelegen im Bundesstaat New York. Ich stehe zum ersten Mal vor einem Quantencomputer. Irgendwo in diesem Forschungszentrum steht auch das Gerät, auf dem ich mit James Wootton über das Internet Schiffe versenken gespielt habe. Jetzt zeigt mir Matthias Steffen, wie die Quantencomputer aussehen. Steffen hat zwar einen deutschen Namen und Pass, ist aber in den USA aufgewachsen und spricht lieber Englisch.
"Here we have a can inside a can of a can to make sure everything is insulated from radiation from higher temperatures."
"Wir haben hier eine Dose in einer Dose in einer Dose, damit alles gut isoliert ist von Strahlung von wärmeren Temperaturen. Es ist ein bisschen wie bei den russischen Babuschka-Puppen."
"So it looks like in some sense like one of those famous Russian babushka dolls."

Wann sind Quantencomputer überlegen?

Der Quantencomputer steckt in einer runden weißen Stahlröhre. In der Röhre sind weitere Behälter, nach innen werden sie immer kälter. Die Temperatur im innersten liegt nur ein Hundertstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Dort befindet sich der Quantenchip. Oben kommen aus dem Stahlbehälter blau isolierte Kabel heraus. Sie sind verbunden mit Steuergeräten, die links in ein Regal montiert sind. Um die Qubits auf 0 oder 1 oder eine Superposition zu setzen, benutzen die Wissenschaftler kurze Mikrowellenpulse.
Matthias Steffen: "You can see here for example, we have microwave generators..."
"Hier haben wir zwei Mikrowellen-Generatoren. Dann Wellenform-Generatoren und IQ-Mixer und so weiter. Das läuft dann alles über diese beiden Kabel im Kabelbaum in den Kühlbehälter."
"... with IQ mixers and so forth and that all gets routed via these two cables in this cable tree into the refrigerator all the way down to here."
"Das Auslesen der Qubits funktioniert auch über Mikrowellen-Frequenzen und das läuft dann zurück in den Computer zur Analyse."
"… the measurement of the qubit again is happening at microwave frequencies so that gets routed back to the computer for analysis."
Das Ergebnis der Quanten-Berechnung, die Nullen und Einsen, gehen also an einen klassischen Computer zur Weiterverarbeitung. Eine Berechnung auf dem Quantenchip kann höchstens ein paar Millisekunden dauern, sagt Matthias Steffen. Danach müssen die Qubits wieder neu mit Mikrowellen initialisiert werden.
Die tiefen Temperaturen sind notwendig, um die Quantenbits wenigstens für eine kurze Zeit steuern und kontrollieren zu können. Ein einzelnes Elektron kann eben von allen möglichen Dingen beeinflusst werden: Wärmestrahlung, Magnetfelder, kosmische Strahlen. All das kann für Fehler in Quantenchips sorgen und Quanten-Fehlerkorrektur ist ein eigenes großes Forschungsfeld.
Während es schon sehr gut gelingt, ein einzelnes Qubit zu kontrollieren, wird es umso aufwändiger, je mehr Qubits hinzukommen. Es wird noch Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauern, bis so viele Qubits zusammen geschaltet werden können, dass Quantencomputer klassischen Computern überlegen sind. Falls es überhaupt dazu kommt.
"There are some people who believe that quantum computers will never work."
"Es gibt ein paar Leute, die glauben, dass Quantencomputer niemals funktionieren werden. Ich glaube, das ist falsch und eine Minderheitenmeinung. Es scheint keine unüberwindliche Hürde für Ingenieure zu geben."
"... there doesn't seem to be any of insuperable engineering challenge."
Wenn es so kommt, wie Charles Bennett glaubt, dann gibt es aber auch noch das Problem, dass es gar nicht so einfach ist, Quantenalgorithmen zu entwickeln. Einfach drauf los programmieren, scheint nicht zu gehen.
"Why is finding quantum algorithms hard?"
"Warum es schwierig ist, Quantenalgorithmen zu finden? Ich glaube, das kann ich nicht beantworten. Wenn ich es könnte, dann wäre das wohl gleichbedeutend mit der Entdeckung neuer Methoden zum Bauen von Quantenalgorithmen, die noch niemand kennt."
"... equivalent to discovering new methods of quantum algorithm building which none of us know."

Wissenschaftler wollen chemische Reaktionen besser verstehen

Andererseits werden aber schon jetzt die kleinen, existierenden Quantencomputer produktiv eingesetzt - vor allem von Wissenschaftlern. Sie simulieren damit Quantensysteme, zum Beispiel um chemische Reaktionen besser zu verstehen. In Zukunft könnten Quantencomputer so etwa helfen, neue Werkstoffe oder Medikamente zu entwickeln.
Quantencomputer könnten auch als sichere Cloud-Rechner dienen, weil niemand sehen kann, was auf ihnen passiert. Wenn jemand versucht, sie auszuspionieren, würde das auf jeden Fall auffallen. Wer bisher Probleme hat, sich auf Cloud Computing zu verlassen, dürfte sich freuen, wenn Rechenzentren beginnen, Quantencomputer einzusetzen.
Google, wo die Forschung an Quantencomputern hinter verschlossenen Türen stattfindet, will damit offenbar das so genannte Machine Learning vorantreiben. Künstliche Quanten-Intelligenzen könnten Wissen möglicherweise noch schneller aufsaugen und daraus Schlüsse ziehen. Aber Quantencomputer werden klassische Computer nicht komplett ersetzen. Für das Durchsuchen von großen Datenbanken etwa sind sie bisher nicht zu gebrauchen.
Fast alle zukünftigen Anwendungen scheinen in der Wissenschaft zu liegen. Aber wenn Charles Bennetts' Wunsch wahr wird, dass jeder sich mit Quantentheorie beschäftigt und wenn James Wootton das den Menschen mit seinen Quantenspielen leichter macht, dann könnte sich das ändern, glaubt er:
"Normal computers started off just doing real heavy mathematical things."
"Normale Computer haben ja am Anfang auch nur schwierige mathematische Sachen gemacht."
"But over time people start to realize that they can be used for, well, everything."
"Aber mit der Zeit haben die Menschen gemerkt, dass man sie für - naja - alles benutzen kann. Und hoffentlich wird das bei Quantencomputern genauso sein."
"Hopefully, we'll see a similar thing with quantum computers."
"Dann werden wir Anwendungen sehen, auf die noch nie jemand gekommen ist."
"Then once the wider programming public does become interested in them they will see applications that no one else ever thought of."
Spannendere Quanten-Spiele als Schiffe versenken sind also nicht ausgeschlossen.
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