Qualitätsvolles Kino nur mit finanzieller Beteiligung möglich
Der Filmproduzent Uli Aselmann kritisiert das finanzielle Engagement von ARD und ZDF und fordert eine Qualitätsdiskussion: "Wir wollen weiter qualitätsvolle Kinofilme machen – und das können wir natürlich nur, wenn die Sender sich entsprechend stark beteiligen."
Matthias Hanselmann: Bei der morgigen Verleihung der Lolas, beim Deutschen Filmpreis, wird natürlich wieder gelobt und verliehen und sich bedankt, aber schon am Vormittag werden mehr als ein Dutzend Filmverbände eine gemeinsame Resolution vorstellen: Von der ARD und dem ZDF wird darin ein Bekenntnis zum Kinofilm gefordert. Dieses Bekenntnis soll sich grob gesagt zeigen in Geld und Sendeplätzen. Worum es genauer geht, darüber sprechen wir mit dem Filmproduzenten Uli Aselmann. Er hat uns zum Beispiel Filme wie "Winterreise" und "Dreiviertelmond" beschert, und er ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Allianz deutscher Produzenten Film und Fernsehen. Guten Tag, Herr Aselmann!
Uli Aselmann: Guten Tag!
Hanselmann: Was ist denn der genauere Anlass für diese gemeinsame Aktion von über einem Dutzend Filmverbänden?
Aselmann: Na ja, in der Praxis stellen wir ja zunächst mal in den letzten Monaten, um nicht zu sagen, in den letzten beiden Jahren deutliche Rückgänge bei den Kino-Koproduktionen fest, die die öffentlich-rechtlichen Sender mit unseren Kollegen zusammen bestreiten. Und wir hören aus der einen oder anderen Sendeanstalt, dass es noch schlimmer werden wird. Bettina Reitz, die Fernsehdirektorin des Bayrischen Rundfunks, hat zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit erzählt, dass sie der Auffassung sind, dass die Kino-Koproduktionen nicht zur Grundversorgung der ARD gehören, und das hat uns natürlich aufgeschreckt. Und ich glaube, wir müssen mit diesem Aufruf versuchen, in den Rundfunkräten und Fernsehräten darauf aufmerksam zu machen, dass das jetzt eine Grenze erreicht hat, die auch eine Qualitätsdiskussion auslöst, denn darum geht es letztendlich. Wir wollen weiter qualitätvolle Kinofilme machen, und das können wir natürlich nur, wen die Sender sich entsprechend stark beteiligen.
Hanselmann: War Frau Reitz die einzige, die sich bisher dahin gehend geäußert hat?
Aselmann: Sagen wir mal so, sie war sicherlich im Moment am klarsten. Wir hören das natürlich auch an anderer Stelle. Auch die Degeto, die ja durch eine leichte Krise durchgegangen ist, war es durchaus üblich, dass sie sich an Kino-Koproduktionen beteiligt hat in der Vergangenheit, dieses Engagement zurückgefahren hat, a, weil sie wohl noch viele Filme im Keller liegen haben, die noch nicht zur Ausstrahlung gekommen sind, und b natürlich, weil sie in einer finanziellen Situation sind, die das Engagement reduzieren lassen müssen. Trotzdem ist das natürlich eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt, denn die Lager könnten ja doch auch durchaus endlich mal zugänglich gemacht wer den für den Zuschauer, damit er sieht, was der deutsche Kinofilm und auch der europäische Film zu bieten haben.
Hanselmann: Ist denn ein konkreter Rückgang an Aufträgen, an Finanzierungen schon spürbar?
Aselmann: Ja, an Aufträgen nicht, beim Kinofilm sind es ja Koproduktionen, und doch, es ist spürbar geworden, und es wird auch deutlich gemacht, dass die Filme, die noch koproduziert werden, von vornherein primetime-tauglich sein müssen. Das widerspricht natürlich der Grundidee des Kinofilms, der ja zunächst einmal fürs Kino produziert wird, und da andere Sehgewohnheiten beziehungsweise Überraschungen und Emotionen bedient, als das normalerweise im Fernsehen um 20:15 Uhr sein muss.
Und deswegen sind wir natürlich auch auf die Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Sender angewiesen, weil sie für eine besondere Qualität des Films stehen. Den können wir bei den privatwirtschaftlich orientierten und ausgerichteten Fernsehanstalten natürlich nicht erwarten, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, denken wir aber und gehen wir davon aus, war es in der Vergangenheit so, und so sollte es auch in Zukunft bleiben, dass man Qualität mit denen zusammen produzieren kann.
Hanselmann: Was sind denn im Einzelnen die Forderungen dieser breiten Allianz der Filmschaffenden?
Aselmann: Na ja, auf jeden Fall zunächst mal das klare Bekenntnis der Fernsehanstalten zum Kinofilm, ganz konkret ist es natürlich auch, eine höhere Schlagzahl an Ausstrahlungen in der Primetime. Wir würden uns wünschen, dass mindestens acht Filme im Jahr um 20:15 Uhr ausgestrahlt werden, sowohl bei ZDF als auch bei ARD, und darüber in der zweiten Primetime, das heißt, nach 22:00 Uhr, eben so Plätze festgelegt werden, wo der Zuschauer weiß, da kann ich an dem Tag entsprechende deutsche Filme sehen, die mich auch interessieren.
Hanselmann: Heute war in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen, dass immerhin die deutschen Fernsehsender, also die öffentlich-rechtlichen, an 58 Prozent aller Kinoprojekte finanziell beteiligt sind. Und dann steht da, in der projektbezogenen Finanzierung stammen die Mittel sogar zu 92 Prozent von ARD und ZDF. Außerdem, außer in Frankreich werden nirgendwo Filme so intensiv mit öffentlichen Mitteln gefördert wie in Deutschland. Jammern Sie da nicht ein bisschen auf hohem Niveau?
Aselmann: Na ja, ich weiß nicht ganz genau, ob der Kollege der "Süddeutschen Zeitung" das richtig interpretiert hat, das scheint mir nicht ganz richtig zu sein. Die durchschnittlichen Beteiligungen von ARD und ZDF an den Kino-Koproduktionen liegt so zwischen 15, 20 bis 30 Prozent, und die restlichen Gelder, die müssen wir uns tatsächlich über Förderungen besorgen, damit das Hochrisikogut Kinofilm von uns hergestellt werden kann.
Natürlich kann man jetzt uns vorwerfen, wir würden jammern, aber wir sind ja durchaus bemüht, unterhaltsames Programm für die Kinobesucher, die es ja gibt in Deutschland, zu erarbeiten und zu entwickeln und auch zu produzieren, und dass es das gibt, haben wir doch durch einen ganz erheblichen Umsatzanstieg im vergangenen Jahr von über einer Million verkaufter Tickets beziehungsweise Erlöse verkaufter Tickets erreicht, und wir würden gerne unseren Marktanteil, wie er in diesem ersten Quartal 2013 von über 32 Prozent, halten. Und das können wir nur, wenn die Filme entsprechend ausgestattet sind finanziell. Sonst können wir uns gegen den Amerikanischen Markt gar nicht behaupten.
Hanselmann: Deutschlandradio Kultur, das "Radiofeuilleton", wir sprechen mit Uli Aselmann, er ist Filmproduzent und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Allianz deutscher Produzenten Film und Fernsehen. Morgen soll am Vormittag vor der Lola, vorm deutschen Filmpreis, eine Resolution veröffentlicht werden, die von ARD und ZDF unter anderem mehr Engagement und Geld für den deutschen Spielfilm fordert. Herr Aselmann, muss der deutsche Film – ich werde es mal andersrum sagen – vielleicht einfach noch attraktiver werden, um die geforderten Sendeplätze in der Primetime auch zu verdienen?
Aselmann: Ich glaube, dazu muss man sich genauer betrachten, was der Kinofilm ist. Der Kinofilm ist ein Kulturgut, und dieses Kulturgut ist sozusagen ein wichtiger Bestandteil in der Prägung dessen, was wir in Deutschland sind, und wer wir auch sein wollen, und die Chance, in anderen Bereichen dieses relativ teure Kulturgut zu erstellen, verpflichtet uns einfach, entsprechende Forderungen zu stellen, weil sonst wird der deutsche Kinofilm mit seiner innovativen Kraft auch fürs Fernsehen keinen Bestand haben. Und das ist letztendlich unser Ziel.
Hanselmann: Andererseits ist ja durchaus auch eine Bewegung hin zum Fernsehen zu erkennen, auch von Spielfilmmachern, Dominik Graf zum Beispiel hat für das Fernsehen die Serie "Im Angesicht des Verbrechens" gedreht, er macht "Tatorte" und "Polizeirufe", die US-amerikanischen Serien wie, sagen wir mal, "Mad Man" oder "The Wire" begeistern auch deutsche Zuschauer. Regisseur Steven Soderbergh sagt, heute fänden im Fernsehen die gesellschaftlichen Diskurse statt, die früher im Kino ausgetragen wurden, und das ganz ohne öffentliche Förderung. Ich sage es mal etwas provokant: Dann ist es doch logisch, dass das Fernsehen in Fernsehfilme und nicht in Kinofilme investiert.
Aselmann: Ja, das Fernsehen ist sicherlich ein sehr großer Konkurrent, aber zum Beispiel was Formatsprache, was die Bildästhetik, was die Geräuschästhetik, was die emotionale Ausrichtung von Film ausmacht, die kann man nicht – das, was man im Kino erzeugen kann, kann man nicht gleichzeitig auch im Fernsehen erzeugen, das geht einfach nicht. Die Sehgewohnheiten für Fernsehfilme müssen auch bestimmten Gesetzen folgen, was auch akzeptabel ist und auch Richtig ist, das beherrscht übrigens Dominik Graf wunderbar.
Aber Zuschauer ins Kino zu bewegen bedeutet heute einen großen Aufwand an Entwicklungen und an Überlegungen, wie man das machen kann, denn mit einer einfachen Liebesgeschichte – und das bedauern wir natürlich – können wir in Deutschland letztendlich niemanden mehr ins Kino bringen. Da fehlt es uns einfach bedauerlicherweise auch an zugkräftigen Schauspielern, die bei uns ja auch eher verunglimpft werden, statt dass sie gepflegt werden. Und insofern ist das die Idee und die Pflege dieses Kulturguts wahnsinnig wichtig, weil sonst geht da, wird das alles sehr schablonenhaft und einfallslos, und ich glaube, der Innovative Schub, den die Kinofilme bringen, ist absolut notwendig für eine Weiterentwicklung, auch was die Geschichten angeht und die gesamterzählerischen Formate, die wir im Kino herstellen wollen.
Hanselmann: Morgen wird der deutsche Filmpreis in Berlin verliehen, die Lolas, und eine riesige Allianz, Schauspielerverband, Kamera- und Drehbuchgilden, Deutsche Filmakademie, die AG Dok und die Spitzenorganisationen der Filmwirtschaft sagen: ARD und ZDF müssen sich zum Kinofilm bekennen. Danke schön, Herr Aselmann, schönen Tag!
Aselmann: Wir danken Ihnen!
Hanselmann: Danke!
Aselmann: Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Uli Aselmann: Guten Tag!
Hanselmann: Was ist denn der genauere Anlass für diese gemeinsame Aktion von über einem Dutzend Filmverbänden?
Aselmann: Na ja, in der Praxis stellen wir ja zunächst mal in den letzten Monaten, um nicht zu sagen, in den letzten beiden Jahren deutliche Rückgänge bei den Kino-Koproduktionen fest, die die öffentlich-rechtlichen Sender mit unseren Kollegen zusammen bestreiten. Und wir hören aus der einen oder anderen Sendeanstalt, dass es noch schlimmer werden wird. Bettina Reitz, die Fernsehdirektorin des Bayrischen Rundfunks, hat zum Beispiel vor nicht allzu langer Zeit erzählt, dass sie der Auffassung sind, dass die Kino-Koproduktionen nicht zur Grundversorgung der ARD gehören, und das hat uns natürlich aufgeschreckt. Und ich glaube, wir müssen mit diesem Aufruf versuchen, in den Rundfunkräten und Fernsehräten darauf aufmerksam zu machen, dass das jetzt eine Grenze erreicht hat, die auch eine Qualitätsdiskussion auslöst, denn darum geht es letztendlich. Wir wollen weiter qualitätvolle Kinofilme machen, und das können wir natürlich nur, wen die Sender sich entsprechend stark beteiligen.
Hanselmann: War Frau Reitz die einzige, die sich bisher dahin gehend geäußert hat?
Aselmann: Sagen wir mal so, sie war sicherlich im Moment am klarsten. Wir hören das natürlich auch an anderer Stelle. Auch die Degeto, die ja durch eine leichte Krise durchgegangen ist, war es durchaus üblich, dass sie sich an Kino-Koproduktionen beteiligt hat in der Vergangenheit, dieses Engagement zurückgefahren hat, a, weil sie wohl noch viele Filme im Keller liegen haben, die noch nicht zur Ausstrahlung gekommen sind, und b natürlich, weil sie in einer finanziellen Situation sind, die das Engagement reduzieren lassen müssen. Trotzdem ist das natürlich eine Schlange, die sich in den Schwanz beißt, denn die Lager könnten ja doch auch durchaus endlich mal zugänglich gemacht wer den für den Zuschauer, damit er sieht, was der deutsche Kinofilm und auch der europäische Film zu bieten haben.
Hanselmann: Ist denn ein konkreter Rückgang an Aufträgen, an Finanzierungen schon spürbar?
Aselmann: Ja, an Aufträgen nicht, beim Kinofilm sind es ja Koproduktionen, und doch, es ist spürbar geworden, und es wird auch deutlich gemacht, dass die Filme, die noch koproduziert werden, von vornherein primetime-tauglich sein müssen. Das widerspricht natürlich der Grundidee des Kinofilms, der ja zunächst einmal fürs Kino produziert wird, und da andere Sehgewohnheiten beziehungsweise Überraschungen und Emotionen bedient, als das normalerweise im Fernsehen um 20:15 Uhr sein muss.
Und deswegen sind wir natürlich auch auf die Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Sender angewiesen, weil sie für eine besondere Qualität des Films stehen. Den können wir bei den privatwirtschaftlich orientierten und ausgerichteten Fernsehanstalten natürlich nicht erwarten, bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, denken wir aber und gehen wir davon aus, war es in der Vergangenheit so, und so sollte es auch in Zukunft bleiben, dass man Qualität mit denen zusammen produzieren kann.
Hanselmann: Was sind denn im Einzelnen die Forderungen dieser breiten Allianz der Filmschaffenden?
Aselmann: Na ja, auf jeden Fall zunächst mal das klare Bekenntnis der Fernsehanstalten zum Kinofilm, ganz konkret ist es natürlich auch, eine höhere Schlagzahl an Ausstrahlungen in der Primetime. Wir würden uns wünschen, dass mindestens acht Filme im Jahr um 20:15 Uhr ausgestrahlt werden, sowohl bei ZDF als auch bei ARD, und darüber in der zweiten Primetime, das heißt, nach 22:00 Uhr, eben so Plätze festgelegt werden, wo der Zuschauer weiß, da kann ich an dem Tag entsprechende deutsche Filme sehen, die mich auch interessieren.
Hanselmann: Heute war in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen, dass immerhin die deutschen Fernsehsender, also die öffentlich-rechtlichen, an 58 Prozent aller Kinoprojekte finanziell beteiligt sind. Und dann steht da, in der projektbezogenen Finanzierung stammen die Mittel sogar zu 92 Prozent von ARD und ZDF. Außerdem, außer in Frankreich werden nirgendwo Filme so intensiv mit öffentlichen Mitteln gefördert wie in Deutschland. Jammern Sie da nicht ein bisschen auf hohem Niveau?
Aselmann: Na ja, ich weiß nicht ganz genau, ob der Kollege der "Süddeutschen Zeitung" das richtig interpretiert hat, das scheint mir nicht ganz richtig zu sein. Die durchschnittlichen Beteiligungen von ARD und ZDF an den Kino-Koproduktionen liegt so zwischen 15, 20 bis 30 Prozent, und die restlichen Gelder, die müssen wir uns tatsächlich über Förderungen besorgen, damit das Hochrisikogut Kinofilm von uns hergestellt werden kann.
Natürlich kann man jetzt uns vorwerfen, wir würden jammern, aber wir sind ja durchaus bemüht, unterhaltsames Programm für die Kinobesucher, die es ja gibt in Deutschland, zu erarbeiten und zu entwickeln und auch zu produzieren, und dass es das gibt, haben wir doch durch einen ganz erheblichen Umsatzanstieg im vergangenen Jahr von über einer Million verkaufter Tickets beziehungsweise Erlöse verkaufter Tickets erreicht, und wir würden gerne unseren Marktanteil, wie er in diesem ersten Quartal 2013 von über 32 Prozent, halten. Und das können wir nur, wenn die Filme entsprechend ausgestattet sind finanziell. Sonst können wir uns gegen den Amerikanischen Markt gar nicht behaupten.
Hanselmann: Deutschlandradio Kultur, das "Radiofeuilleton", wir sprechen mit Uli Aselmann, er ist Filmproduzent und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Allianz deutscher Produzenten Film und Fernsehen. Morgen soll am Vormittag vor der Lola, vorm deutschen Filmpreis, eine Resolution veröffentlicht werden, die von ARD und ZDF unter anderem mehr Engagement und Geld für den deutschen Spielfilm fordert. Herr Aselmann, muss der deutsche Film – ich werde es mal andersrum sagen – vielleicht einfach noch attraktiver werden, um die geforderten Sendeplätze in der Primetime auch zu verdienen?
Aselmann: Ich glaube, dazu muss man sich genauer betrachten, was der Kinofilm ist. Der Kinofilm ist ein Kulturgut, und dieses Kulturgut ist sozusagen ein wichtiger Bestandteil in der Prägung dessen, was wir in Deutschland sind, und wer wir auch sein wollen, und die Chance, in anderen Bereichen dieses relativ teure Kulturgut zu erstellen, verpflichtet uns einfach, entsprechende Forderungen zu stellen, weil sonst wird der deutsche Kinofilm mit seiner innovativen Kraft auch fürs Fernsehen keinen Bestand haben. Und das ist letztendlich unser Ziel.
Hanselmann: Andererseits ist ja durchaus auch eine Bewegung hin zum Fernsehen zu erkennen, auch von Spielfilmmachern, Dominik Graf zum Beispiel hat für das Fernsehen die Serie "Im Angesicht des Verbrechens" gedreht, er macht "Tatorte" und "Polizeirufe", die US-amerikanischen Serien wie, sagen wir mal, "Mad Man" oder "The Wire" begeistern auch deutsche Zuschauer. Regisseur Steven Soderbergh sagt, heute fänden im Fernsehen die gesellschaftlichen Diskurse statt, die früher im Kino ausgetragen wurden, und das ganz ohne öffentliche Förderung. Ich sage es mal etwas provokant: Dann ist es doch logisch, dass das Fernsehen in Fernsehfilme und nicht in Kinofilme investiert.
Aselmann: Ja, das Fernsehen ist sicherlich ein sehr großer Konkurrent, aber zum Beispiel was Formatsprache, was die Bildästhetik, was die Geräuschästhetik, was die emotionale Ausrichtung von Film ausmacht, die kann man nicht – das, was man im Kino erzeugen kann, kann man nicht gleichzeitig auch im Fernsehen erzeugen, das geht einfach nicht. Die Sehgewohnheiten für Fernsehfilme müssen auch bestimmten Gesetzen folgen, was auch akzeptabel ist und auch Richtig ist, das beherrscht übrigens Dominik Graf wunderbar.
Aber Zuschauer ins Kino zu bewegen bedeutet heute einen großen Aufwand an Entwicklungen und an Überlegungen, wie man das machen kann, denn mit einer einfachen Liebesgeschichte – und das bedauern wir natürlich – können wir in Deutschland letztendlich niemanden mehr ins Kino bringen. Da fehlt es uns einfach bedauerlicherweise auch an zugkräftigen Schauspielern, die bei uns ja auch eher verunglimpft werden, statt dass sie gepflegt werden. Und insofern ist das die Idee und die Pflege dieses Kulturguts wahnsinnig wichtig, weil sonst geht da, wird das alles sehr schablonenhaft und einfallslos, und ich glaube, der Innovative Schub, den die Kinofilme bringen, ist absolut notwendig für eine Weiterentwicklung, auch was die Geschichten angeht und die gesamterzählerischen Formate, die wir im Kino herstellen wollen.
Hanselmann: Morgen wird der deutsche Filmpreis in Berlin verliehen, die Lolas, und eine riesige Allianz, Schauspielerverband, Kamera- und Drehbuchgilden, Deutsche Filmakademie, die AG Dok und die Spitzenorganisationen der Filmwirtschaft sagen: ARD und ZDF müssen sich zum Kinofilm bekennen. Danke schön, Herr Aselmann, schönen Tag!
Aselmann: Wir danken Ihnen!
Hanselmann: Danke!
Aselmann: Tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.