Pussy Riot protestiert gegen russisches "Telegram"-Verbot

Wegen Papierfliegern in Haft

Auf einem Platz in Moskau liegen Papierflieger vor der Zentrale des russischen Geheimdienstes FSB. Mitglieder der Punk Band "Pussy Riot" tanzen.
Mitglieder der Punkband "Pussy Riot" protestieren mit Papierfliegern vor der Zentrale des russischen Geheimdienstes gegen das Verbot der App "Telegram" © Vadim Lurie
Thielko Grieß im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 18.04.2018
Die Punkband Pussy Riot hat gegen das von russischen Behörden verhängte Verbot der Nachrichten-App "Telegram" protestiert: Sie warfen Papierflieger - das Symbol der App - vor die Zentrale des russischen Geheimdienstes FSB. Eine der Musikerinnen sitzt in Haft.
Die Nachrichten App "Telegram" wurde am Montag in Russland gesperrt, weil sich deren Betreiber weigerten, Protokolle von privaten Chats den Behörden weiterzugeben. Nach einer Protestaktion gegen dieses Verbot der App sitze die Musikerin Marija Aljochina der Band Pussy Riot in Moskau in Untersuchungshaft, sagt Russlandkorrespondent Thielko Grieß im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur.
Bunte Papeirflieger liegen am Boden vor einem Gebäude, das von zwei Wachleuten bewacht wird.
Bunte Papierflieger vor dem Hauptgebäudes des russischen Geheimdienstes FSB in Moskau.© Foto: Vadim Lurie
Womöglich werde am Mittwoch eine Entscheidung getroffen, bei der Aljochina auch freikommen könne. Sie könne in Haft soziale Netzwerke nutzen. So äußert sie sich auf Twitter: Ihr werde ein Verstoß gegen den Paragraph 20.22 des russischen Gesetzbuches vorgeworfen, schreibt sie dort. Demnach soll sie illegal zu einer Zusammenkunft gegen die öffentliche Ordnung aufgerufen haben.

Mäßige Aufmerksamkeit für den Protest

Unabhängige Netzmedien berichten über die Fliegeraktion, so Grieß. Allerdings dominierten andere Themen, wie eben die Sperrung der App "Telegram". Die Empörung halte sich in Grenzen:
"Wer Papierflieger bastelt und sie auf die Zentrale des Föderalen Sicherheitsdienstes, des FSB, im Zentrum Moskaus wirft, weiß, was dann passiert. Er wird nicht nach Hause gehen können und eine ruhigen Abend verbringen. Sondern dann weiß man, dass man festgenommen und Untersuchungshaft angeordnet wird."

Durch Tricks weiter chatten

Mittlerweile habe sich ein Katz- und Mausspiel der App "Telegram" entwickelt, die sich in Cloud-Dienste von Amazon und Google flüchte:
"Die Behörde, die die IP-Adressen sperrt und versucht gegen ‚Telegram‘ vorzugehen, ist gezwungen nicht nur hunderttausende, sondern Millionen Internetadressen zu sperren."
Wie lange Telegram so weiter in Russland genutzt werden könne, sei nicht absehbar.
"Das Programm ist eine russische Entwicklung von Pawel Durow, der im Exil lebt. Jetzt versucht man dieser Messenger-App staatlicherseits beizukommen. Das Ende ist noch nicht ganz bekannt."

Schnelle Haftentlassug scheint möglich

Ob die inhaftierte Marija Aljochina nach 48 Stunden freikommt, sei unklar, so Grieß:
"Man weiß nie genau, was vor einem russischen Gericht passiert. Aber es könnte sein, dass so verfahren wird, wie mit zwei Anderen, die mit Marija Aljochina gestern in Haft gekommen sind. Sie sind bereits zu Geldstrafen von umgerechnet 150 und 250 € verurteilt worden und wieder frei."
Falls Aljochina ebenfalls zu einer Geldstrafe verurteilt werde, könne sie am Freitag zu ihrer geplanten Reise nach Berlin aufbrechen, um aus ihrem Buch "Tage des Aufstands" zu lesen.
Mehr zum Thema