Pulitzer-Preisträger D'Antonio über Donald Trump

"Sein Leben ist wie eine TV-Show"

Donald Trump nach einer Rede in Washington DC im Juni 2016.
Donald Trump nach einer Rede in Washington DC © AFP / Molly Riley
Michael D'Antonio im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 18.07.2016
Für sein Buch "Die Wahrheit über Donald Trump" hat der amerikanische Journalist und Pulitzer-Preisträger Michael D'Antonio den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten genau beobachtet: Trump ähnele einem Kind, das ständig Aufmerksamkeit wolle.
Im Deutschlandradio Kultur beschrieb der Journalist und Pulitzer-Preisträger Michael D'Antonio Trumps Persönlichkeit:
"Er selbst hat mal über sich gesagt, mein Leben ist wie ein Comic. Und ich bin der Held in diesem Comic. Ich würde sagen, sein Leben ist wie eine TV-Show, und er ist die Hauptfigur in dieser TV-Show. Alles, was er will, ist, dass man ihm permanent Aufmerksamkeit schenkt. Er will immer im Zentrum stehen. Und mittlerweile ist das real geworden. Und er ist genau diese Figur geworden, die er immer sein wollte, die er sich selbst sozusagen erschaffen hat. Und mittlerweile ist das echt."
Trump sei der Auffassung, dass jeder, der mit ihm eine Verbindung habe, schließlich für ihn werben müsse, erzählte D'Anzonoio:
"Nach dem fünften Treffen hat er es abgebrochen, weil ich mit einer Person geredet habe, die er als einen Feind ansieht. Und ich kam mir ein bisschen vor wie im Kindergarten, wenn man sagt, also wenn du Karls Freund bist, dann kannst du nicht mehr mein Freund sein."
D'Antonio hat eine pessimistische Einschätzung der politischen Lage:
"Ich denke, wir müssen uns wirklich Sorgen machen, weil Donald Trump ist der erste wirklich autoritäre Kandidat, den wir jetzt in der modernen Politik der letzten Jahrzehnte hatten. Und schon seine Rhetorik ist ja mitunter äußerst brutal. Und es kommt ja in seinen Wahlkampfveranstaltungen auch wirklich zu Schlägereien, zu Unruhen innerhalb seiner Anhänger. Und das ist schon sehr seltsam auch für uns Amerikaner, weil er letztendlich doch an die niedersten Instinkte appelliert. Und da muss man sich Sorgen machen, und man muss sogar Angst haben."

Das Interview im Wortlaut:
Korbinian Frenzel: Was brauchen wir für Führungsleute in Tagen wie diesen? Donald Trump? Er selbst ist auf jeden Fall recht überzeugt davon, der Richtige zu sein. Diese Woche werden ihn die Republikaner in Cleveland bei ihrem Parteitag offiziell nominieren im Rennen ums Weiße Haus. Und wir meinen ihn ja ganz gut zu kennen, aber wer ist dieser Donald Trump eigentlich wirklich? Diese Frage geht an einen Mann, der ihn über längere Zeit aus nächster Nähe beobachtet hat, der amerikanische Journalist und Pulitzer-Preisträger Michael D’Antonio, Autor des Buches "Die Wahrheit über Donald Trump". Ich habe vor der Sendung mit ihm gesprochen und ihn zuerst gefragt, ist Donald Trump der Typ, mit dem man ein Bier trinken möchte an der Bar?
Michael D’Antonio: Ich denke, schon. Das wird jetzt einige Ihrer Zuhörer vielleicht überraschen, aber er ist schon jemand, der gar nicht so narzisstisch ist, wie man das vielleicht erwarten würde. Er verfügt durchaus über eine gewisse unterhaltsame Art, wenn man mit ihm zusammen ist. Er ist eigentlich auch relativ offen. Der ist schon jemand, mit dem man erst mal so ein Bierchen trinken kann.
Frenzel: Sie haben für dieses Buch erst mit Donald Trump eng zusammengearbeitet, daher wahrscheinlich auch diese Beobachtung. Aber dann hat er Ihnen das Vertrauen entzogen. Was ist da passiert?
D’Antonio: Er glaubt, das Wichtigste auf der Welt sei Loyalität. Daher ist er davon überzeugt, dass jeder, mit dem er irgendwie eine Verbindung hat, für ihn werben soll, die ihn promoten sollte, das gilt dann auch für Journalisten.
Ich war sehr offen mit ihm, ich habe ihm gesagt, dass ich eine Art Biografie über ihn schreiben möchte und mit allen reden werde, derer ich habhaft werde, also alle, die bereit sind, mir etwas über ihn zu erzählen. Es sollte dann sieben Treffen geben.
Nach dem fünften Treffen hat er es abgebrochen, weil ich mit einer Person geredet habe, die er als einen Feind ansieht. Und ich kam mir ein bisschen vor wie im Kindergarten, wenn man sagt, also wenn du Karls Freund bist, dann kannst du nicht mehr mein Freund sein.

Donald Trump: "Mein Leben ist wie ein Comic"

Frenzel: Dieser Donald Trump ist ja ein wirklich unglaublicher Typ. Er beleidigt Leute, er pfeift auf Konventionen, er liebt die Provokation. Ist das the real Donald Trump, ist das sein Charakter seit Kindheit an, oder ist das eine große Rolle, die er spielt?
D’Antonio: Er ist beides. Er ist jemand, der eine gewisse Vorstellung davon hatte, wie sein Leben auszusehen hat, und hat sich in gewisser Weise dann auch selbst erschaffen. Einerseits hat er seinen sehr starken Willen, andererseits hat er auch ein paar Entscheidungen in seinem Leben getroffen, die dafür gesorgt haben, dass er zu der Person geworden, die er nun ist.
Er selbst hat mal über sich gesagt, mein Leben ist wie ein Comic. Und ich bin der Held in diesem Comic. Ich würde sagen, sein Leben ist wie eine TV-Show, und er ist die Hauptfigur in dieser TV-Show. Alles, was er will, ist, dass man ihm permanent Aufmerksamkeit schenkt. Er will immer im Zentrum stehen. Und mittlerweile ist das real geworden. Und er ist genau diese Figur geworden, die er immer sein wollte, die er sich selbst sozusagen erschaffen hat. Und mittlerweile ist das echt.
Frenzel: Wenn ich dieses Bild aufnehmen darf: Das ist ja häufig so bei Kindern, die sich das wünschen, die vielleicht eher ein zu geringes Selbstbewusstsein haben. Was würden Sie sagen bei Donald Trump, ist sein ganzes Auftreten ein Ausdruck, dass er einfach vor Selbstbewusstsein strotzt oder dass es eigentlich eine große innere Unsicherheit ausdrückt?

Trumps traurige Kindheit in einer reichen Familie

D’Antonio: Ich glaube, dass er zutiefst unsicher ist. Und wenn man sich ein bisschen seine Kindheit anschaut und sein früheres Leben, dann ist doch da sehr viel relativ traurig. Er wurde in eine sehr reiche Familie geboren, aber der Vater hat alle Kinder eigentlich ignoriert.
Wie er Kind war, war seine Mutter meistens relativ krank, und dann, im Alter von 13 Jahren, wurde er auf eine Militärakademie geschickt, quasi verbannt. Während seine anderen vier Geschwister noch in diesem großen Haus leben konnten, in diesem Reichtum, in diesem Luxus, mit Dienern, mit Freunden, die sie mit nach Hause bringen konnten, hatte Donald Trump das eben nicht und ist sehr früh diszipliniert worden und ist auch sehr früh durchaus auch mit Gewalt konfrontiert gewesen. Was das letztendlich mit ihm gemacht hat, finde ich, ist wie ein Rezept für Unsicherheit.

"Trump ist der erste autoritäre Kandidat"

Frenzel: Wir haben uns sehr gewundert, das sage ich mal vorsichtig, wir europäischen Beobachter Ihrer amerikanischen Verhältnisse, dass ein Typ wie Donald Trump überhaupt zum Kandidaten der Republikanischen Partei fürs Weiße Haus werden konnte. Müssen wir uns Sorgen machen um Ihr Land, um die Vereinigten Staaten?
D’Antonio: Ich denke, wir müssen uns wirklich Sorgen machen, weil Donald Trump ist der erste wirklich autoritäre Kandidat, den wir jetzt in der modernen Politik der letzten Jahrzehnte hatten. Und schon seine Rhetorik ist ja mitunter äußerst brutal. Und es kommt ja in seinen Wahlkampfveranstaltungen auch wirklich zu Schlägereien, zu Unruhen innerhalb seiner Anhänger. Und da müssen ja Leute mit der Bahre davongetragen werden. Und Donald Trump findet das irgendwo gut. Und das ist schon sehr seltsam auch für uns Amerikaner, weil er letztendlich doch an die niedersten Instinkte appelliert. Und da muss man sich Sorgen machen, und man muss sogar Angst haben.

Vom Verlust des amerikanischen Traums

Frenzel: Konnte Donald Trump so groß werden, weil der amerikanische Traum so klein geworden ist?
D’Antonio: Ich halte das für eine sehr gute Beobachtung, die Sie da gemacht haben, weil es ist schon so, dass kaum jemand so einen Einfluss hat, dass kaum jemand so viel Aufmerksamkeit zieht wie Donald Trump, obwohl die Leute eigentlich wissen tief in ihrem Inneren, dass allein Besitz nicht glücklich macht, dass allein Reichtum nicht glücklich macht, werden wir doch irgendwie so bombardiert mit dieser Message, wie wichtig Reichtum ist, wie wichtig Macht ist, wie wichtig Größe ist, dass die Leute dann doch irgendwo seinen Prophezeiungen glauben.
Das führt natürlich aus einer ganz tiefen Frustration, und viele Menschen haben einfach das Gefühl, sich in einer Art Hamsterrad zu befinden, und je schneller sie rennen, umso weniger bewegt sich. Diese Frustration, glaube ich aber, ist nicht eine typisch amerikanische Frustration, sondern diese sogenannte Middle Class im Englischen oder eben diese bürgerliche Mitte ist eigentlich weltweit davon betroffen. Und es ist nicht nur der amerikanische Traum, der da in Bedrohung ist. Ja, wir leben in Zeiten, die sehr herausfordernd sind, würde ich sagen.
Frenzel: Heute beginnt der Parteitag der US-Republikaner, auf dem Donald Trump offiziell zum Kandidaten seiner Partei gekürt werden soll für das Weiße Haus. Die Wahrheit über Donald Trump, die haben wir versucht zu ergründen mit dem Autor des gleichnamigen Buches, Michael D'Antonio.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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