Publizist über Kritik an Kramp-Karrenbauers Büttenrede

"Überzogen und unangemessen"

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Die Bundesvorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, steht vor dem Stockacher Narrengericht und verzieht das Gesicht.
Macht auch schlechte Witze über Minderheiten: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Narrengericht in Stockach. © dpa-news / Patrick Seeger
Alexander Grau im Gespräch mit Ute Welty · 05.03.2019
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Annegret Kramp-Karrenbauer steht in der Kritik wegen eines Witzes über intersexuelle Menschen. Der Publizist Alexander Grau findet Büttenreden-Humor "bieder und spießig". Die Aufregung darüber aber noch "viel biederer und spießiger".
Kaum eine Zeitung, die dafür nicht Platz in ihren Kommentarspalten räumte: Annegret Kramp-Karrenbauers Fastnachtswitz über Toiletten für das dritte Geschlecht haben die Redaktionen genauestens analysiert und bewertet.
Dabei hätte man auch sagen können: Okay, der Witz war einfach schlecht. Oder?
Der Publizist Alexander Grau findet die meisten Karnevalswitze "wahnsinnig bieder und spießig". Die Aufregung über Kramp-Karrenbauer sei aber noch "viel biederer und spießiger", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.

"Wahnsinnig mühsamer Empfindlichkeitsdiskurs"

Kramp-Karrenbauer habe sich auf "typischem Büttenreden-Niveau" über die "Berliner Toiletten-Politik" lustig gemacht: "Und die ist ja wirklich an sich albern und peinlich genug." Die Aufregung über ihren Witz sei einfach nur "überspannt, überzogen und unangemessen", sagte er.
Grau sprach von einem "Empfindlichkeitsdiskurs", der sich in den letzten Jahren breit gemacht habe. "Das ist alles wahnsinnig mühsam", klagte er. Aber vermutlich müsse man sich einfach daran gewöhnen.
Solche Witze habe es schon immer gegeben – die jetzige "Form der Erregung" sei dann durch die Sozialen Medien möglich geworden, betonte er.
Leidenschaftliche Debatten hält der Publizist für wünschenswert. Doch bei der Diskussion über den Witz von Annegret Kramp-Karrenbauer sei "intellektuell nichts Neues" rausgekommen. Auf der theoretischen Ebene sei der ganze Diskriminierungsdiskurs seit 20 Jahren durch, sagte der Autor.

"Wir müssen wieder lernen, ein dickeres Fell zu haben"

Nach Ansicht von Grau saß bei der Kramp-Karrenbauer-Rede der Durchschnittsbürger im Publikum, der sich nicht an ihren Ausführungen gestört habe. Auf Twitter und Facebook sei dann hinterher die "linksliberale Medienelite" am Werk gewesen:
"Wir müssen wieder lernen, ein dickeres Fell zu haben. Man kann Witze über Männer machen, man kann Witze über Frauen machen, man kann Witze über sonst wen machen. Und man muss nicht immer gleich aufschreien, wenn das passiert", appellierte Grau.
(ahe)

In unserer Sendung "Fazit" sprachen wir außerdem mit Didi Jünemann zum Thema:
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