Psychologin über abflauende Kommunikation

"Die meisten Menschen kommen gut durch die Krise"

06:50 Minuten
Ein Frau sitzt, mit im Nacken verschränkten Armen, vor einem offenen Fenster.
Viele empfanden zu Beginn des Lockdowns eine wohltuende Entschleunigung, sagt Psychologin Katrin Streich. Jetzt haben sie sich einen neuen Alltagsrhythmus geschaffen. © picture alliance
Katrin Streich im Gespräch mit Dieter Kassel · 30.04.2020
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Anders als zu Beginn der Coronamaßnahmen rufen wir nun seltener Freunde und Bekannte an. Müssen wir deshalb ein schlechtes Gewissen haben? Keineswegs, beruhigt die Psychologin Katrin Streich. Wir passen uns der Krise an.
Besorgte Anrufe werden weniger - obwohl die Coronakrise noch lange nicht vorbei ist. Am Anfang des Lockdowns, erklärt dazu die Psychologin Katrin Streich, standen Menschen plötzlich vor der Situation, keine soziale Interaktion mehr zu haben, auf der anderen Seite aber viel Zeit: "Alles war neu, jeder brauchte eine Orientierung. Da helfen natürlich auch Freunde, Familie und Bekannte. Deswegen wurde relativ viel kommuniziert."
Nun dauere die Krise schon länger an. "Menschen haben die Fähigkeit, sich über die Zeit anzupassen an Situationen, auch innerhalb der Krise die Normalität zu suchen", sagt Streich. Deshalb lasse die Kommunikation wieder nach: "Es ist tatsächlich auch so, dass die meisten Menschen gut durch die Krise kommen."

Abwehr, Akzeptanz und Neuorientierung

Die Psychologin beobachtet weitere Anpassungen: Der anfangs meist durchgetaktete Alltagsrhythmus wurde jäh unterbrochen. Viele hätten das auch als wohltuende Entschleunigung erlebt. Jetzt aber hätten sie sich eine andere Tagesstruktur geschaffen und nicht mehr so viele Freiräume. Dabei zeigt sich Streich zufolge ein Muster der Krisenbewältigung: von der Abwehr über die Akzeptanz hin zur Neuorientierung.
Diese beginne schon jetzt: "Wir müssen uns alle arrangieren mit der Situation, dass die Krise nicht von heute auf morgen zu Ende ist. Wir müssen alle ein gewisses Risiko einkalkulieren in unserem zukünftigen Leben und unser Verhalten entsprechend anpassen."
(bth)
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