Psychologie

Falsche Erinnerungen sind leicht zu erzeugen

08:26 Minuten
Illustration zeigt die Silhouette einer alten Dame, die sich daran erinnert als junges Mädchen auf einer Schaukel gesessen zu haben.
Doch, genau so war's – oder etwa nicht? © imago / Ikon Images / Gary Waters
Aileen Oeberst im Gespräch mit Dieter Kassel · 09.04.2021
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Wir meinen uns manchmal an Dinge zu erinnern, die tatsächlich nie geschehen sind. Eine psychologische Studie zeigt jetzt, wie leicht es ist, falsche Erinnerungen zu generieren. Allerdings ist es auch möglich, diese Erinnerungen wieder zu löschen.
Manche Menschen erinnern sich an Dinge, die nie passiert sind. Kindheitserinnerungen zum Beispiel können sich allein aus anschaulichen Erzählungen der Eltern zusammensetzen. An der Fernuniversität Hagen haben Psychologen nun untersucht, ob es möglich ist, Versuchspersonen Erinnerungen regelrecht einzupflanzen – und ob man diese hinterher wieder löschen kann.
Aileen Oeberst ist die Hauptautorin der Studie zur Korrektur von falschen Erinnerungen. Die Versuche seien von einer Ethikkommission abgesegnet worden und hätten nur über einen Zeitraum von zwei Wochen stattgefunden, berichtet sie – "mehr wäre garantiert auch nicht vertretbar gewesen". Oeberst verweist zudem darauf, dass den Probanden nur "kleinere Ereignisse" als Erinnerungen suggeriert worden seien.
Die Versuchspersonen selbst wussten über den Versuchsaufbau nicht Bescheid, dafür aber deren Eltern. Das Forscherteam recherchierte bei diesen zwei Ereignisse, die tatsächlich stattgefunden hatten. Zwei weitere, die nicht passiert waren, fügten sie hinzu. Den Probanden wurde dann später gesagt, dass die Eltern von allen vier Ereignissen berichtet hätten.

Nicht alle lassen sich Erinnerungen einpflanzen

Das Einpflanzen von vermeintlichen Erinnerungen habe nicht bei allen Versuchspersonen funktioniert, berichtet Oeberst. Aber immerhin rund die Hälfte machte sich die falschen Erinnerungen zu eigen.
Zum "Löschen" derselben wurden dann die Probanden darüber aufgeklärt, dass Erinnerungen nicht nur auf persönlichen Erfahrungen basieren, sondern auch auf Fotos oder Erzählungen, berichtet die Psychologin. Die Versuchspersonen wurden dann gebeten, noch einmal genau zu untersuchen, welche der Erinnerungen tatsächlich auf persönlichen Erfahrungen beruhten.
Die Erkenntnisse aus der Studie stellten Oeberst zufolge auch Therapieformen in Frage. Gerade in tiefenspychologischen Therapien werde ja gezielt nach vermeintlich verdrängten Erinnerungen gesucht. "Das ist tatsächlich ein großes Problem, weil es die perfekte Voraussetzung dafür darstellt, falsche Erinnerungen zu generieren", sagt Oeberst. Es gebe weder eine Methode, falsche Erinnerungen zu erkennen noch Möglichkeiten, wahre von falschen zu unterscheiden.
(ahe)
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