Proteste an der Bosporus-Universität

Erdogans Angriff auf die "Bastion der Freiheit"

07:48 Minuten
Protestierende stehen mit gereckten Fäusten vor behelmten Polizisten an der Boğaziçi-Universität Istanbul.
Zündfunke für landesweiten Protest? Demonstrierende vor der Universität in Istanbul. © imago images/ZUMA Wire/Jason Dean
Susanne Güsten im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
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Weil Präsident Erdogan einen Parteikollegen zum Rektor der Universität in Istanbul ernennt, gibt es wütende Proteste. Die Journalistin Susanne Güsten glaubt nicht, dass Erdogan seine Entscheidung zurücknimmt. Der Protest werde bald vorbei sein.
Die Proteste an der Boğaziçi Üniversitesi, auf Deutsch Bosporus-Universität, in Istanbul spitzen sich zu. Auslöser war die Ernennung des neuen Rektors. Dieser wurde nicht wie sonst gewählt, sondern von Präsident Erdogan ernannt.

Drohgebärde des Staates

Die Journalistin Susanne Güsten spricht von einer "belagerten Universität": "Überall stehen Sicherheitskräfte mit Schnellfeuergewehren im Anschlag. Es ein richtiges Spießrutenlaufen, um überhaupt zum Tor zu kommen. Und das ist versperrt."
Es handele sich um eine Drohgebärde des Staates, so Güsten, der sagt: "Wagt es bloß nicht mehr, zu demonstrieren!"
Obwohl die Bosporus-Universität eine staatliche Hochschule sei, galt sie bisher als eine Bastion der Freiheit, berichtet Güsten. Diese sei auch dadurch gewährleistet gewesen, dass der Rektor immer aus der Mitte der Dozenten gewählt worden sei und dann nur noch vom Staatspräsidenten bestätigt wurde: "Und mit dieser Tradition hat Präsident Erdogan jetzt gebrochen und jemanden von außen benannt", so die Journalistin.
Der neue Rektor habe wenig vorzuweisen, führt Güsten aus: "Er hat vor ein paar Jahren versucht, für die Regierungspartei AKP ins Parlament zu kommen. Das hat nicht geklappt." Akademisch sei er vor allen Dingen aufgefallen, weil es Plagiatsvorwürfe gebe: "Er soll sowohl seine Magisterarbeit als auch seine Doktorarbeit in weiten Teilen abgeschrieben haben."

Angst vor landesweitem Aufruhr

Die Protestierenden befürchten denn auch, dass das akademische Niveau sinken werde, "wenn diese Universität tatsächlich nur noch ein parteipolitisches Instrument sein soll", so Güsten weiter.
Ein Einlenken der Regierung sei nicht zu erwarten, urteilt Güsten. Zu groß sei die Angst, dass die Proteste zu einem Zündfunken für landesweiten Aufruhr werden, wie vor siebeneinhalb Jahren bei den Demonstrationen gegen die Bebauung des Gezi-Parks. "Die Studenten haben gegen diese Übermacht des Staates keine Chance. Das wird bald vorbei sein."
(beb)
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