Promis zum Anfassen

Von Elisabeth Nehring · 13.10.2013
Die Schriftstellerin Sibylle Berg durfte das Haus der Berliner Festspiele in ein Wohnzimmer verwandeln: Unter der Überschrift "Ein Tag mit Sibylle Berg" hat sie Freunde und Bekannte eingeladen und mit ihnen einen "Erlebnisparcour" veranstaltet. Es gab Lesungen, Performances, Diskussionen und Filme.
Mal angenommen, sie besitzen ein riesiges Wohnzimmer, wozu würden Sie Ihre Freunde dann einladen? Zu einer Dinnerparty? Einem Fußballabend oder einem Hauskonzert? Die Schriftstellerin und Dramatikerin Sibylle Berg durfte das Haus der Berliner Festspiele in ihr riesiges Wohnzimmer verwandeln: unter der Überschrift "Ein Tag mit Sibylle Berg" hat sie Freunde und Bekannte eingeladen und mit ihnen, laut Ankündigung, einen "Erlebnisparkour" veranstaltet, es gab Lesungen, Performances, Diskussionen und Filmvorführungen.

Mit dabei waren unter anderem der Netzaktivist Stephan Urbach, die Schriftstellerinnen Thea Dorn und Helene Hegemann, die Publizisten Carolin Emcke, der Grünenpolitiker Volker Beck, Intendant und Regisseur Hasko Weber sowie die Schauspieler Katja Riemann und Sebastian Brandt.

Wäre es doch ein Happening gewesen! Hätte es doch etwas zu erleben gegeben! Dann wäre ja alles gut ... doch, um den nachhallenden Eindruck in einem Satz zusammenzufassen: An diesem Tag wurde vor allem geredet, geredet, geredet. Viele Stunden und viele, viele Banalitäten lang.

Sybille Berg saß mit ihren prominenten "Freunden" im Keller des Hauses der Berliner Festspiele und unterhielt sich, halb im Talkshowmodus, halb (pseudo) privat, über dieses und jenes, den eigenen Beruf, Kritiker, Publikum, Klamotten und seelische Gesundheit.

Das Publikum durfte durch das Rangfoyer schlendern, die Keller-Couch-Gespräche auf Leinwänden verfolgen und sich vom Geschwätz durch gelegentliche Konzerte, Lesungen und Filmausschnitte befreien. Der Nachmittagsteil der Veranstaltung hatte irgendwas von "Promis zum Anfassen" und Nabelschau und war leider nicht halb so amüsant, überraschend und hintersinnig, wie es die Beteiligten wohl selbst wahrnahmen.

Bei der großen Silvestergala am Abend ging es dann mit dem Zitieren mittelmäßiger Talkshows gleich weiter, die freundliche Sybille Berg und Olli Schulz führte als Moderatoren durch das Programm, von dem eigentlich nur (aber immerhin!) die Lesungen der Berg-Texte in Erinnerung geblieben sind. Sebastian Brandt musste zwar gleich hinterher auf die Couch - doch sein Vortrag aus Bergs Roman "Vielen Dank für das Leben" brachte das surreal deprimierende der Innenleben-Schilderungen verschiedener Personen in einem starken Moment auf den Punkt.

Statt der "Berliner Lektionen" nun "Ein Tag mit ...", ein Format, das viel Gestaltungsfreiheit für den Künstler bietet. Eigentlich eine prima Idee, die in ihrer ersten Ausgabe allerdings unbefriedigend blieb - zumindest, wenn man auf der Suche nach Ungewöhnlichem und/oder Substanziellem war. Zuviel Selbstbespiegelung, zu viel schlechtes TV im Theater.

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