Pro Asyl über rechtswidrige Rücknahmeabkommen

"Das sind Menschenrechtsverletzungen"

06:17 Minuten
Bundesinnenminister Horst Seehofer besucht im August 2018 in Freilassing die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Er wird begleitet von der neuen Bayerischen Grenzschutzpolizei.
Bundesinnenminister Horst Seehofer besucht im August 2018 in Freilassing die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. © dpa / picture-alliance / Zuma Wire / Sachelle Babbar
Karl Kopp im Gespräch mit Julius Stucke · 14.08.2019
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Ohne dass eine deutsche Behörde seinen Fall geprüft hatte, wurde ein Afghane noch an der deutschen Grenze nach Griechenland abgeschoben. Kein Einzelfall, möglich wurde dies durch Seehofers Rücknahmeabkommen. Illegal, urteilte jetzt ein Gericht.
Ohne Seehofers Zusatzvereinbarung hätten wir "Recht statt Deal", sagt Karl Kopp, Europabeauftragter von Pro Asyl und meint damit das geltende Dublin-Abkommen. Dieses sieht vor, dass Menschen, die in die EU kommen, im Land ihrer Ankunft Asyl beantragen müssen. Meist sind dies Länder der Außengrenze. Deutsche Behörden können Asylsuchende auch dorthin zurückschicken. Allerdings müsse im Falle einer möglichen Abschiebung berücksichtigt werden, ob die Verhältnisse in dem jeweiligen Land beispielsweise auch menschenrechtskonform seien, erklärt Karl Kopp im Deutschlandfunk Kultur.
"Über viele Jahre wurden alle Abschiebungen, alle Dublin-Überstellungen aus Europa nach Griechenland durch höchste europäische Gerichte gestoppt, weil im griechischen Schutzsystem Mängel vorherrschen. Das heißt, es drohen den Menschen Menschenrechtsverletzungen", sagt Kopp.

Abschiebung ohne Prüfung

Mit seinen biliteralen Zusatzvereinbarungen mit Griechenland und Spanien hat Horst Seehofer genau diesen Mechanismus außer Kraft gesetzt und ermöglicht, dass Flüchtlinge direkt an der Grenze von der Bundespolizei abgeschoben wurden. Ein abgeschobener Afghane hatte dagegen geklagt und nun vor dem Verwaltungsgericht in München Recht bekommen.
"Das ist der Anfang vom Ende des Deals, den Seehofer geschlossen hat", sagt Kopp. "Die Einzelrichterin stellt fest: Ihr könnt nicht Leute an der Grenze innerhalb von 48 Stunden zurückschicken. Da ist nur die Bundespolizei involviert und nicht das Bundesamt. Das ist kein rechtsstaatliches Verfahren. Der Mann hatte keine Chance, Rechtsschutz zu bekommen, der bei uns ja auch durch Grundgesetzartikel gewährleistet wird. Und dementsprechend muss er zurückgeholt werden, um den Schaden wieder gut zu machen."

Klage vor dem EuGH für Menschenrechte

Das Urteil der Richterin sei eine "Klatsche für Seehofer". Auch ein anderer Betroffener wehre sich und habe Deutschland und Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt, sagt Kopp. Der Flüchtling wurde ebenfalls ohne Rechtsschutz aus Deutschland abgeschoben und war in Griechenland lange inhaftiert. "Das sind sehr einschneidende Eingriffe in die Rechte von Schutzsuchenden. Das sind Menschenrechtsverletzungen", sagt Kopp. "Und da wird auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darüber verhandeln."
(mwl)
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