"Prix Europa"-Festival in Berlin

Hingehen und Hinhören

Im Haus des Rundfunks in Berlin findet alljährlich der Prix Europa statt. Dort ist auch der Sitz des RBB.
Haus des Rundfunks in Berlin © Prix Europa
Von Gerd Brendel · 22.10.2015
Das Europäische Festival "Prix Europa" im Berliner Haus des Rundfunks präsentiert rund 200 Rundfunk-Beiträge. Unser Autor Gerd Brendel hat sich von den vielsprachigen Hörspielen und Feature-Beiträgen in den Bann ziehen lassen.
Mehr als 100 Mal zuhören, zuhören noch mal zuhören erfundenen Geschichten oder tatsächlichen, vergangenen und gegenwärtigen.
Im Saal mit der Aufschrift "Radio Fiction" läuft "Lost in Nirvana", ein Feature aus Georgien über Drogenerfahrungen, im "Radio Documentary" - dem Saal gegenüber - ein Stück über einen vergessen polnischen Widerstandskämpfers. Danach steht ein Stück des niederländischen Rundfunks auf dem Programm: "Jezus en de IND"
Die IND ist die niederländische Asylbehörde, die über den Asylantrag eines Flüchtlings aus Afghanistan zu entscheiden hat:
"Nein, nicht Alem, das kein guter Name mehr für mich, weil dann jeder denkt ich bin Muslim."
"Nein ich bin kein Muslim mehr!"
In gebrochenem Niederländisch, erzählt der junge Mann von seinem neu gefundenen Glauben, der ihm in Afghanistan das Leben kosten könnte. Mitglieder aus seiner Bibelgruppe kommen zu Wort, eine Beamtin. Wird ihm die Asylkommission seine Bekehrung abnehmen und als Asylgrund anerkennen?
"Wir haben ein paar Schwerpunktthemen, das was die ganze Welt in den letzten Monaten bewegt hat."
Flüchtlinge als Schwerpunktthema
Sagt Festivaldirektorin Susanne Hoffmann. Flüchtlinge sind so ein Schwerpunkthema. Bei fast der Hälfte aller eingereichten Produktionen stehen ihre Geschichten im Vordergrund.
"Die Programme sind sehr journalistisch , und zwar ganz egal in welchem Genre."
Es sind einfache Geschichten, die beim diesjährigen Prix Europa zu hören sind. Keine Heldentaten, sondern Alltagserlebnisse, deren Protagonisten eher flüstern, als dass sie sich in die Brust werfen. Die Räume, in denen die Stimmen, sprechen kommen kaum zu Gehör. Mal weht ein Windchen, mal knarzt irgendwo eine Tür. Es sind die Stimmen alleine, die die Orte vor den geistigen Augen der Hörer entstehen lassen. Das macht das Hören zu einer fast asketischen Übung.
"Ich höre etwas sagen wir aus Finnland Und ich les dazu den Text .. und ich merke wie der Ton, die Stimme so direkt in den Menschen reingeht."
Es ist wie ein Pfingstwunder ohne den Heiligen Geist. Wie da alle andächtig vor den Lautsprechern hocken. Und so wird das Prix-Europa -Festival zur Utopie einer besseren globalisierten Welt, in der die zu Wort kommen, die sonst kaum gehört werden. Was sagt ein Ballonfahrer im niederländischen Feature "Föhnkrankheit"- einer Radio Geschichte über den Wind?
"Aus der Luft sind die Grenzen nicht zu sehen, ist die Erde eins."
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