Prediger-Bonus auf Kosten aller

Kirchenfunktionäre, Häuserbau und Geld – das ist kein rein deutsches Thema. In den USA will gerade ein Gericht Geistlichen einen wohnungsbezogenen Steuerbonus wegnehmen, doch es gibt kräftigen Gegenwind.
Richterin Barbara Crabb befand, dass der Steuerbonus für Geistliche das in der amerikanischen Verfassung verankerte Recht auf Religionsfreiheit verletze. Denn der Bonus verschaffe ausschließlich religiösen Menschen einen Vorteil. Trotzdem bleiben die Wohngeldzuschüsse vorerst steuerfrei, denn das Urteil wird erst dann rechtskräftig, wenn alle Berufungsverfahren abgeschlossen sind. Die vor dem Bezirksgericht unterlegene amerikanische Steuerbehörde kann beim zuständigen Bundesberufungsgericht in Revision gehen, und danach könnte der Fall sogar vor das oberste Verfassungsgericht, den Supreme Court, gelangen.
Das alles kann noch ein, zwei oder auch drei Jahre dauern. Und auf jeder Prozessebene könnte die klagende Freedom From Religion Foundation, kurz FFRF, über eine verfahrenstechnische Hürde stolpern, sagt deren Co-Präsidentin Annie Laurie Gaylor.
"Wir wussten von Anfang an, dass diese Steuerbefreiung verfassungswidrig ist. Jetzt müssen wir nur klageberechtigt bleiben, aber Regierung und rechte religiöse Kräfte versuchen ständig, diese Tür zuzuschlagen."
Steuerbehörde verteidigt Steuerprivileg
Um klageberechtigt zu sein, muss eine Person nachweisen, dass sie selbst Schaden erleidet. Gaylor und ihr Mann bekommen von der FFRF Wohngeld, das sie aber versteuern müssen. Trotzdem versuchte die Behörde, die als Beklagte auftritt, ihnen das Klagerecht abzusprechen. Sie behauptete, die beiden hätten vielleicht selbst den Prediger-Bonus beanspruchen können - wenn der Begriff der "frohen Botschaft“ nur weit genug auslegt würde. Richterin Crabb hatte für diese Argumentation wenig Verständnis. Und doch hat die FFRF eigentlich keinen Grund sich zu beklagen, sagt Hans von Spakovski, ein Jurist der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation.
"Ich bin mir sicher, dass die irgendeine Steuerbefreiung haben, nur unter einem anderen Paragrafen - zum Beispiel aufgrund ihres gemeinnützigen Status. Es gibt alle möglichen Befreiungen für verschiedene Gruppen. Manche sind vielleicht unklug, aber das macht sie noch nicht verfassungswidrig."
Dass ausgerechnet eine Steuerbehörde die Verfassungsmäßigkeit einer Steuererleichterung verteidigt, mutet schon etwas seltsam an. Denn die Erleichterung kostet die Regierung Einnahmen. Doch die Behörde steht unter politischem Druck, sagt FFRF-Co-Präsidentin Gaylor.
"Die Regierungsbehörde vertritt eigentlich die Prediger. Es geht ihr weder um praktische Motive noch um das Wohl der Allgemeinheit, sondern darum, ein Steuerprivileg für Geistliche zu verteidigen, weil die sonst den Aufstand proben würden."
Wie der Druck funktionieren kann, verdeutlicht ein Fall, der über zehn Jahre zurückliegt und bei dem der gleiche Bonus zur Diskussion stand. Damals stritt die Steuerbehörde mit dem prominenten Pastor einer evangelikalen Mega-Kirche. Rick Warren wurde beschuldigt, eine viel zu hohe Summe als Wohngeld angegeben zu haben. Noch während das Verfahren lief, verabschiedete der US-Kongress in schwindelerregendem Tempo ein neues Gesetz zur Klärung des kontroversen Paragrafen. Seitdem sind nur noch Wohngelder in Höhe des Marktwertes einer Residenz steuerfrei. In dem Gesetz heißt es aber ausdrücklich, dass es nicht rückwirkend anzuwenden ist. Und damit kam Rick Warren ungeschoren davon. Der Prozess gegen ihn wurde eingestellt.
Jeder Pastor kämpft für sich selbst
Atmo Rick Warren: "I dare you to trust God! I dare you to trust God with your money!"
In diesem Video-Clip ruft Pastor Warren seine Gemeinde lautstark dazu auf, ihr Geld Gott anzuvertrauen. Fernsehprediger haben in den USA schon seit Jahrzehnten einen umstrittenen Ruf. Sie sind aber nur die Spitze einer steilen kapitalistischen Pyramide, in der wenige reich werden, während die Mehrzahl der Pastoren vermutlich bescheidener leben muss als die meisten Geistlichen in Deutschland. Denn deren Gehalt wird von Kirchensteuern finanziert.
In Amerika kämpft jeder Pastor für sich selbst. Wie Kirchensteuern missbraucht werden können, zeigt die Affäre Franz-Peter Tebartz-van Elst. Mit diesem Namen kann die Co-Präsidentin der FFRF, Gaylor, zunächst nichts anfangen. Wenn sie aber eine kurze Zusammenfassung der Geschichte hört, dann fällt der Groschen sofort.
"Bishop Bling“, oder "Bischoff Pinkepinke“ - diesen Spitznamen hat sich der etwas ausschweifend lebende Geistliche aus Limburg in den USA eingehandelt, wo der Fall durchaus Beachtung in der Presse fand. Immerhin lässt sich an der Story des Bishop Bling erkennen, dass Kirchensteuern eben doch eine Trennung von Kirche und Staat zulassen, die ein Paragraf im amerikanischen Steuergesetzbuch nicht gewährleistet. Denn deutsche Steuerzahler, denen das Streben ihrer Kirchenväter nach dem schnöden Mammon zu viel wird, können einfach aus der Kirche austreten, ohne dass sie befürchten müssen, dafür an anderer Stelle zur Kasse gebeten zu werden. Das US-Steuergesetz dagegen betrifft alle Steuerzahler, denn was der amerikanische Fiskus nicht von Geistlichen einnehmen kann, das holt er sich durch andere Steuern von der Allgemeinbevölkerung wieder, ob religiös oder nicht.