Karin Priens Corona-Tweet

"Die Kritik war absolut berechtigt"

07:47 Minuten
Porträt der Publizistin und Politikerin Marina Weisband
Die Publizistin und Grünen-Politikerin Marina Weisband kritisiert die Corona-Politik der Regierung. Die Leute seien alleine gelassen worden. © picture alliance / Eventpress Stauffenberg
Marina Weisband im Gespräch Marietta Schwarz · 14.02.2022
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Nach einem Tweet über sterbende Kinder und Corona hat die CDU-Politikerin Karin Prien ihren Twitter-Account gelöscht. „Sie hat ganz klar Fehler gemacht“, sagt die Publizistin Marina Weisband und kritisiert die Kommunikation der Politik zur Pandemie.
Es weht ein harter Wind bei Twitter. Das hat zuletzt auch die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU), zu spüren bekommen. Nach einem Shitstorm wegen eines ihrer Tweets hat sie ihren Twitter-Account deaktiviert. In der Diskussion ging es um die Corona-Pandemie und vorerkrankte Kinder.

Bestenfalls taktlos

„Bitte differenzieren: Kinder sterben. Das ist extrem tragisch, aber sie sterben mit Covid-19 und nur extrem selten wegen Covid-19“, hat die Ministerin geschrieben. Ein Kommentar zu einem Tweet einer betroffenen Mutter.
„Das heißt, das war direkte Kommunikation an eine Mutter, die sich Sorgen um ein vorerkranktes Kind macht“, sagt die Publizistin Marina Weisband. „In dieser Hinsicht ist es bestenfalls taktlos zu nennen.“ Ihr Urteil: „Sie hat ganz, ganz klar Fehler gemacht.“

Ebenen des Tweets

Zwar habe Prien auf der Sachebene mit Einschränkungen Recht. „Darüber hinaus hat so ein Tweet aber noch andere Ebenen."
Eine Appellebene: "Wo sie betroffenen Eltern sagt: Bitte differenzieren Sie, woran Ihre Kinder sterben." Und eine Selbstauskunftsebene "als Ministerin, die verantwortlich ist dafür, Sicherheitsmaßnahmen an Schulen umzusetzen, und das nicht im genügenden Maße tut, was ihr über die letzten Wochen vorgeworfen wurde.“

Risiko kleingeredet

Der Tweet habe auch die Funktion, sich zu entschuldigen. „Dafür, dass sie diese Maßnahmen nicht umsetzt, indem sie das Risiko kleinredet.“

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Die harsche Reaktion auf den Tweet sei daher angemessen, sagt Weisband. „Dieser Tweet ist absolut zu kritisieren und muss auch kritisiert werden wie jede öffentliche politische Aussage eines Machtträgers.“
Manche Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer warfen der Ministerin allerdings Eugenik und Holocaust-Verharmlosung vor. „Man hat einige Tweets gesehen, die tatsächlich alle Grenzen überschritten haben“, räumt auch Weisband ein. „Aber man muss sagen: Der Großteil der Kritik, der ihr entgegenschlug, war absolut berechtigt.“

Ein kommunikatives Vakuum

Der Vorfall ist aus Weisbands Sicht beispielhaft für die derzeitige politische Kommunikation in Sachen Corona. „In der Kommunikation läuft gerade alles schief“, sagt sie. „Und das ist genau das, was dieser Tweet auch zeigt, denn so einen Sturm von Empörung gäbe es natürlich nicht, wenn es nicht vorher schon ein kommunikatives komplettes Vakuum gegeben hätte, wo PolitikerInnen einfach das eine sagen, das andere tun, keine Strategie deutlich machen.“
Die Politik sei schweigend auf einen „Kurs der Aufgabe“ eingelenkt. „Wo sie gesagt haben: Ja, wir infizieren uns jetzt eh alle, und man kann das nicht mehr verhindern. Da gab es nie einen Diskurs.“ Die Leute seien alleingelassen worden. „Dass sie dann auf Twitter wütend werden, damit hätte die Ministerin auch wirklich rechnen können.“

Olaf Scholz twittert als Bundeskanzler

Während Prien ihren Account deaktiviert hat, wagt sich ein anderer auf Twitter vor: „Ich bin Bundeskanzler geworden mit dem Anspruch, meine Politik zu erklären“, schreibt Olaf Scholz in einem seiner ersten Tweet als Kanzler auf Twitter.

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Ob der neue Account allerdings zu einer direkteren Kommunikation beitragen wird, ist eher ungewiss. „Ich rechne mit einem Account voller Politiker-Sprech“, sagt Weisband. „Ich werde ihm folgen, aber ob da so eine direkte Kommunikation möglich ist, mag ich bezweifeln.“
Twitter können eine Plattform sein, um „enger ins Gespräch“ zu kommen. „Das kann etwas sehr Schönes werden. Aber wie alles in der Demokratie funktioniert es nur, wenn wir alle daran mitarbeiten.“
(lkn)

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