Preußisches Kammerorchester Prenzlau

Musik-Geographie

Musiker laufen in Konzertkleidung mit ihren Streichinstrumenten auf einer Wiese auf die Kamera zu, im Hintergrund zeigt sich ein großer Backsteinturm.
1954 gründete sich das Ursprungsorchester vom Preussischen Kammerorchester. © Preussisches Kammerorchester / Martin E. Kruppa
Moderation: Elisabeth Hahn · 28.02.2021
Jeder Landstrich zeigt seine eigene Musiktradition, die sich bei Komponisten gern in den Werken niederschlagen und so regional erkennbar sind: Janáček liebt tschechische Rhythmik, Britten verarbeitet britisch Folkloristisches, Karl Weigl komponiert Wienerisch.
Die Geschichte des letzten Jahrhunderts brachte viele Komponisten dazu, intensiv über das Spannungsfeld Heimat und Fremde zu sinnieren und in der Musik fasslich zu machen. Gibt es nationaltypische Musik oder was genau unterscheidet sie von internationaler Musik?
Das Programm - jeder Komponist stammt aus einem anderen Land - steht auch sinnbildlich für die Zusammensetzung des Preußischen Kammerorchesters und ist ein repräsentativer Ausschnitt des Repertoires der letzten 100 Jahre für Streichorchester, das im dünn besiedelten Landkreis Uckermark als eigenes Orchester mit 20 Streicherinnen und Streichern agiert.

Frühe Werke

Sowohl Brittens als auch Janaceks Werke entstanden in ihren frühen Kompositionsphasen. Britten zitiert Themen, die er als Jugendlicher skizzierte und die voller Anspielungen auf die englische Folklore sind. Janáčeks Suite strotz vor rhythmischen Finessen, die er Tänzen seiner Region abgelauscht hat. Für beide Komponisten symbolisieren diese frühen Werke heimatliche Wegmarken und die ein Leben lang Anhaltspunkte blieben.

Polnische Farben

Der Komponist Piotr Moss stammt aus Polen, studierte dort unter anderem bei Krzyszto Penderecki, um dann zu der berühmten Pariser Lehrerin Nadia Boulanger zu wechseln. Inzwischen lebt Moss seit 40 Jahren in Paris.
Ein Mann mit schulterlangem, grauen Haaren, Brille und dunklem Pullover zeigt sich im Profil beim Dirigieren.
Jürgen Bruns ist bekannt für seine außergewöhnliche Programmgestaltung.© Jürgen Bruns / Rainer Dill
Piotr Moss komponierte "Elan" im Jahr 1990 - ein Werk voller emotionaler Kontraste und für Jürgen Bruns eine Komposition, die vielfältig und farbenreich sei. Ein französisch-polnischer Brückenbau, ein Werk, das Heimat und Fremde zu vereinen vermag.

Slowenische Größe

Marko Mihevc ist ein slowenischer Komponist, den Jürgen Bruns in seiner Zeit als Chefdirigent des Orchesters der slowenischen Komponistenvereinigung in Ljubljana kennengelernt hat. Mit dem 1957 geborenen Mihevc arbeitete er immer wieder zusammen, auch weil er in Slowenien eine bekannte Größe ist - im Gegensatz zu unserer Region. Und so soll auch seine Musik in diesem "Geographie-Konzert" zu hören sein. Das Werk "Cingalini" ist dabei ganz offensichtlich durch die Musik der Sinti und Roma inspiriert.

Knifflige Wienerische Leichtigkeit

Karl Weigl entstammte einer jüdischen Familie und musste daher 1938 aus Wien in die USA emigrieren, kurz nach der nationalsozialistischen Besetzung Österreichs durch Hitler. Karl Weigl gehört zu den Komponisten, die heute immer noch nahezu unbekannt sind. Jürgen Bruns setzt sich in den letzten Jahren verstärkt für diesen verfemten Komponisten aus Österreich ein – zuletzt spielte er drei der Sinfonien von Karl Weigl ein.
Bruns liebt die üppige Instrumentierung seiner Werke, die immer neue Spannungsmomente aufeinander türmen. Dabei höre man nicht, wie schwer das zu spielen sei, so Bruns. Weigls "Sommerabend" entstand 1940 im Exil, ist aber voller Erinnerungen an die Heimat: Ein großes Spiel mit Vogelschlag und Anklängen an die Musik seines Wiener Komponistenkollegen Gustav Mahlers.
Aufzeichnung vom 26. Februar 2021 im Kultur- und Plenarsaal Prenzlau
Leoš Janáček
Suite für Streichorchester
Piotr Moss
"Elan" für Streichorchester
Benjamin Britten
Simple Symphony op. 4
Karl Weigl
"Sommerabend" für Streicher
Marko Mihevc
"Cingalini" für Streicher

Preußisches Kammerorchester Prenzlau
Leitung: Jürgen Bruns

Mehr zum Thema