Präsidentschaftswahl in Österreich

Wahlkrimi geht weiter

Hofer und Van der Bellen auf TV-Bildschirmen
Hofer oder Van der Bellen: Die Wahl des Bundespräsidenten geht als engste in die Geschichte Österreichs ein © picture alliance / dpa / Christian Bruna
Von Ralf Borchard · 23.05.2016
Die Briefwahl-Stimmen werden darüber entscheiden, wer in Österreich der neue Bundespräsident sein wird: Ex-Grünen Chef Alexander oder FPÖ-Kandidat Norbert Hofer. Wahlforschungs-Institute sehen einen hauchdünnen Vorteil für van der Bellen.
Der Wahlkrimi in Österreich geht den ganzen Tag über weiter. Die Briefwahl-Stimmen sollen laut Innenministerium zwischen 17 und 19 Uhr ausgezählt sein. Die beiden wichtigsten Wahlforschungs-Institute sehen einen hauchdünnen Vorteil für Ex-Grünen Chef Alexander Van der Bellen, jeweils um wenige tausend Stimmen. Doch auch Christoph Hofinger vom Institut Sora, das die Hochrechnungen für den ORF macht, sagt, das Ergebnis bleibt offen bis zum Schluss:
"Wir sagen, es ist eine Spur wahrscheinliche, dass Van der Bellen knapp vorne ist, aber de facto muss man sagen, wir werden es erst nach der Auszählung jeder Stimme wissen."
In den Wahlkampfzentralen der beiden Kontrahenten war es den ganzen Wahlabend über ein Wechselbad der Gefühle. Österreich, Österreich-Sprechchöre bei der FPÖ, als Norbert Hofer kurz nach Schließung der Wahllokale noch vorn liegt – mit 50,2, dann 50,1 Prozent. Kurz danach: Jubel, nicht hier, sondern im Van der Bellen-Lager:
Jetzt liegt der frühere Grünen-Chef kurz mit 50,1 Prozent vorn.
"Uns geht’s so gut, wir haben’s geschafft… Noch nicht ganz… Ja aber…"
Dann exakter Gleichstand: 50,0 zu 50,0 – so bleibt es, den ganzen Wahlabend über. Die beiden Kandidaten treten gemeinsam im ORF-Fernsehen auf. Norbert Hofer betont:
"Egal, wer Präsident wird, muss darauf achten, dass dieses Land geeinigt ist. Auch wenn es unterschiedliche Meinung gibt, unterschiedliche Haltungen gibt. Aber, wir leben in einem Österreich und jeder Politiker hier hat Verantwortung für Österreich. Und da spielt Sympathie oder Antipathie keine Rolle."

FPÖ sieht sich als Gewinner

Der Parteichef der Freiheitlichen, Heinz-Christian Strache sagt wenig später, die FPÖ habe auf jeden Fall gewonnen, sie sei mit 50 Prozent der Wählerstimmen "in der Mitte der Gesellschaft" angekommen. Hofer ergänzt, es gebe zwei Möglichkeiten: Entweder er werde jetzt schon Präsident, oder Strache in zwei Jahren Bundeskanzler. Gegen den Vorwurf, rechtsextreme Positionen zu vertreten, wehrt sich Hofer:
"Das ist völlig absurd, wenn man sich die Parteiprogramme zum Beispiel von den US-Demokraten oder Republikanern ansieht. Wenn man vergleicht mit dem Programm der FPÖ, dann ist die FPÖ keine Partei, die ganz rechts steht. Es ist immer eine Frage des Blickwinkels, was ist der Vergleich im Land. Also ich würde mich bezeichnen als Mitte-Rechts-Politiker mit großer sozialer Verantwortung."
Alexander Van der Bellen betont, auch er werde nicht zulassen, dass Österreich im Ausland in eine rechtsextreme Ecke gestellt werde:
"Ich werde erklären, dass man das nicht so sehen kann und muss. Ich werde erklären, dass es in Österreich eine breite Proteststimmung gegeben hat, gegen die Bundesregierung, gegen die Landesregierungen, gegen Politik im allgemeinen."
Und wie ist seine Stimmung, nach dem er im Vergleich zum ersten Wahlgang 14 Prozent auf Norbert Hofer aufholen konnte?
"Damals war ich ganz klar hinter Herrn Hofer. Und die wenigsten haben geglaubt, dass das aufholbar ist. Aber in den letzten 14 Tagen ist so eine Bewegung, wie soll ich sagen, in die Wählerinnen und Wähler gekommen, Musiker, Schauspieler, ganz andere Leute, Angestellte, also quer über die Generationen, quer über Berufe – und das trägt einen schon, also dafür bin ich sehr dankbar."
Alexander Van der Bellen oder doch Norbert Hofer – erst am frühen Abend herrscht voraussichtlich Klarheit, wer als nächster Bundespräsident in die Hofburg einzieht.
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