Präsidentenstichwahl in Guatemala

Rechter Komiker gegen korrupte Ex-Präsidentenfrau

Wahlplakate von Jimmy Morales und Sandra Torres
Wahlplakate von Jimmy Morales und Sandra Torres © Moritz Schildgen
Isabella Kolar im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 23.10.2015
Bevor Guatemalas korrupter Präsident Präsident Otto Pérez Molina zurücktrat, mussten Demonstranten monatelang auf die Straße gehen. Jetzt steht das Land vor einer Stichwahl für den freien Posten. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
In Guatemala findet an diesem Sonntag die Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Vor der ersten Runde im September erlebte das kleine mittelamerikanische Land eine schwere politische Krise: Wegen Korruptionsvorwürfen traten der Präsident Otto Pérez Molina und seine Vizepräsidentin zurück und kamen ins Gefängnis.
Zehntausende waren monatelang gegen die korrupte politische Kaste auf die Straßen gegangen. Die Bevölkerung will einen tiefgreifenden politischen Wechsel, doch fehlt dafür eine echte politische Alternative.
Diese Kandidaten stehen zur Wahl
Zur Wahl steht auf der einen Seite Sandra Torres, die Ex-Frau des Ex-Präsidenten Colom, die eine Art sozialdemokratische Allianz anführt, die aber als strukturell korrupt gilt.
Auf der anderen Seite steht Jimmy Morales, Fernsehkomiker und Serienheld. Seine Wahlkampfparole, die auch überall im Land plakatiert ist, ist "Weder korrupt, noch ein Dieb", das klingt erst mal natürlich gut. Fest steht aber, dass seine Partei von den rechten Hardlinern der Militärs unterstützt und finanziert wird. Seine Gegner nennen Morales rechtsradikal und rassistisch, weil er in seinen Fernsehshows Witze auf Kosten der Mayas, der indigenen Bevölkerung Guatemalas, macht.
Das Zahlenverhältnis: bei der letzten Wahl hat Sandra Torres 19 Prozent der Stimmen und Morales 25 Prozent bekommen. In den Prognosen für die Wahl am Sonntag liegt Morales deutlich vorn - da die Zahlen in Guatemala aber auch gesponsert sein können, sind sie sicher mit Vorsicht zu genießen.
Obwohl Kenner des Landes die Chancen, dass Guatemala ab Januar einen für das Land akzeptablen Präsidenten hat, als gering einschätzen angesichts dieser Auswahl, glauben sie an einen Wandel in der politischen Kultur des Landes nach den Massendemonstrationen des Sommers.
Hoffnung für Guatemala - trotz Wahl
Zum ersten Mal mobilisierten sich die Gualtemateken in diesen Mengen über die sozialen Netzwerke, wehrten sich und stürzten ihren korrupten Präsidenten: Eine Leistung an sich für ein bisher meist duldsames Volk. Die Menschen in Guatemala würden sich nicht mehr alles gefallen lassen, meint auch der deutsche Menschenrechtsanwalt Michael Mörth, der seit 20 Jahren in Guatemala-Stadt lebt und der von 20 Demonstrationswochen an 18 Samstagen auf der Straße war:
"Es hat dann auf einmal zur Kultur dazugehört in Guatemala, auf die Demo zu gehen mit der Familie, von sich ein Foto zu machen und wieder zu gehen. Es waren keine 13.000, es waren wahrscheinlich 15.000 oder 20.000 , die sind aber alle nur für eine Viertelstunde dorthin gegangen, haben ein Foto gemacht vor dem Palast mit ihrer Familie und der Fahne von Guatemala und sind dann wieder gegangen. Also die Frage ist, wie sattelfest ist so eine Bewegung? Auf der anderen Seite: aber gerade die Tatsache, dass alle dabei gewesen sein wollten in dieser historischen Bewegung, heißt natürlich auch, dass Guatemala etwas wiederbekommen hat, dass ist die Fähigkeit, sich zu indignieren, sich zu empören, sich zu entrüsten und das ist für mich der eigentliche qualitative Sprung."
Mörth spricht also bei aller Skepsis auch von viel Hoffnung für Guatemala - trotz und nicht wegen der Wahl am Sonntag. Die sei eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
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